Prozess wegen KindesmissbrauchsAngeklagter zeigt sich weitgehend geständig

Lesezeit 3 Minuten
Der Eingang des Amts- und Landgerichts Bonn

Der Eingang des Amts- und Landgerichts Bonn

Bonn – „I’m in a naughty, dirty Mood“, soll ein Pädagoge einem seiner Opfer offenbart haben. Und in „ungezogener, dreckiger Stimmung“ soll der 43-jährige Lehrer nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft öfter gewesen sein: Vor der 2. Großen Strafkammer am Bonner Landgericht muss sich der Mann seit Dienstag wegen Verbreitung, Erwerb und Besitz von kinderpornografischen Schriften sowie Kindesmissbrauchs verantworten. Über verschiedene Chat-Kanäle soll er zwischen Dezember 2016 und März 2018 in 44 Fällen den Kontakt zu jungen Mädchen – meist im Alter zwischen acht und zwölf Jahren – gesucht haben. Die meisten Opfer sollen in den USA leben, aber auch in den Niederlanden, Großbritannien und in Deutschland. Der Angeklagte zeigte sich gestern weitgehend geständig.

Offenbar um nicht fotografiert oder gefilmt zu werden, hatte sich der 43-Jährige vor dem Prozessbeginn kurzerhand in den Zuschauerraum gesetzt; erst als die Kammer den Saal betrat, wechselte er auf die Anklagebank, wo er neben seinem Verteidiger Matthias Brauer Platz nahm. Von dort verfolgte er ohne sichtbare Regung und mit tief gesenktem Kopf die rund einstündige Verlesung der Anklageschrift, die 44 Punkte umfasste.

Befangenheitsantrag der Verteidigung

Der Mann soll rund ein Jahr lang immer wieder stundenlang und meist nachts mit den Mädchen gechattet haben und sie während dieser Zeit dazu aufgefordert haben, sexuelle Handlungen an sich vorzunehmen oder ihm bei solchen zuzusehen. Dabei erstellte er Video- und Fotodateien. Auf die Schliche war die Polizei dem Mann nach einem Hinweis amerikanischer Fahnder gekommen; am 13. März 2018 wurden sein Rechner und mehrere Datenträger von Beamten des Bundeskriminalamts beschlagnahmt.

Das könnte Sie auch interessieren:

Noch vor dem Geständnis sorgte die Verteidigung für eine Überraschung: Weil er im Vorfeld Prozessbeteiligten gegenüber mehrmals auf die „erdrückende Beweislast“ hingewiesen habe, sei der Vorsitzende Richter Wolfgang Schmitz-Justen befangen, so Anwalt Brauer, der die Umbesetzung der Kammer beantragte. Nach einer kurzen Pause entschied Schmitz-Justen, dass die Hauptverhandlung bis zu einer Entscheidung über den Befangenheitsantrag weitergehen solle und begann die Beweisaufnahme unter Ausschluss der Öffentlichkeit mit der Befragung der ersten Zeugin. Dabei handelte es sich allerdings nicht um eines der Opfer – vielmehr sagte die ehemalige Lebensgefährtin des Angeklagten aus. Dass sich „seine Traumfrau“ von ihm getrennt habe, habe ihn schwer getroffen, so der Angeklagte im Folgenden.

Vom Dienst suspendiert

Obwohl er sich geständig zeigte, wurde noch nicht klar, ob er die Tragweite seiner Handlungen vollständig realisiert hat: So räumte er zunächst die Diagnose Pädophilie ein, um kurz darauf zu behaupten, womöglich sei er auch schizophren. Seit Bekanntwerden der Vorwürfe ist der Mann vom Dienst suspendiert.

Rundschau abonnieren