Bediencomputer in Bornheim und KölnWenn die Roboter-Katze das Essen bringt

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Bedient wird der Roboter vom Personal. 

Bornheim-Hersel – Drollig sieht er aus. Auf dem Display des Roboters erscheint ein fröhliches Gesicht, das an eine Katze erinnert. Wenn Xiaobei durch die Gänge des Restaurants zwischen Küche, Büffet und Tischen flitzt, erklingt sanfte, fröhliche Instrumentalmusik. Besonders die Kinder sind angetan davon: Xiaobei lässt sich auch gerne streicheln. Drei Bedienroboter, virtuelle Kollegen zur Unterstützung der Belegschaft, sind neuerdings die Attraktionen im China-Restaurant "Kaiser Garden"in Hersel. Und sie sind vielleicht noch mehr? Die Vorboten gesellschaftlichen Wandels?

Drei Bedienroboter sind im Lokal im Einsatz, möglicherweise gesellt sich bald noch ein vierter dazu. Was für deutsche Restaurantbesucher noch befremdlich wirkt, sei in China schon seit Jahren etabliert, schildert Inhaber Jin Jian Shu. Der 53-Jährige kam 1990 mit seiner Frau Zhang Xiao Lan nach Deutschland, Anfang der 2000er Jahre eröffneten sie den "Kaiser Garden". Bis zu 200 Gäste kann er dort bewirten. Das Corona-Jahr 2020 setzte auch dem Gastronom aus China zu, monatelang hieß es lediglich "Speisen To Go".

Nun, da dank der Lockerungen und immer mehr geimpfter und genesener Menschen endlich wieder Gäste ins Lokal kommen dürfen, ergab sich für Shu ein anderes Problem: Ihm fehlt Personal. Außerdem soll nach wie vor möglichst viel kontaktlos geschehen. Als Shu im vergangenen Jahr in China war, wurde er in einem Hotel von einem elektronischen Mitarbeiter im Zimmerservice bedient. Shu war fasziniert. Danach besuchte er eine Messe für Robotik in Shanghai und erfuhr, dass diese vollautomatischen Kollegen auch in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen eingesetzt werden. So kam der Gastwirt auf die Idee, auch auf Serviceroboter zu setzen und so sein Personalproblem zu lösen.

Über eine chinesische Firma orderte er drei dieser autonomen Kollegen. Sie übernehmen unterschiedliche Aufgaben. Xiaobei bringt Getränke und Speisen an den Tisch. Holabot hilft dem Personal, leere Gedecke und Gläser abzuräumen und ein mobiler Luftreiniger namens "Puductor 2" rollt regelmäßig durch die Gänge, um nach Ladenschluss mit Hilfe von UVC-Licht Bakterien und Viren abzutöten. Wichtig ist Jin Jian Shu, dass die Maschinen niemals die Kellner ersetzen sollen: "Bei uns steht immer noch der Mensch im Mittelpunkt, das ist auch unseren Gästen wichtig."

Wenn Zhang Liao Lan die Gäste zu ihren Tischen bringt, dann ist Xiaobei ebenfalls unterwegs. Er stoppt kurz, integrierte Sensoren sorgen dafür, dass er nicht mit Personen kollidiert. "Das sieht schon sehr kurios aus, wie der hier durch die Gänge flitzt", meint eine Besucherin aus Hersel.

Stets freundlich, flink und flott serviert

Auf jedem Tisch ist ein QR-Code angebracht. Dieser wird nun mit dem Smartphone gescannt, es erscheint die Getränkekarte auf dem Display. Wenige Minuten nach der Bestellung rollt Xiaobei mit einer vergnüglich-dezenten Melodie heran, die Katzenaugen blinken und eine weibliche Stimme erklärt: "Ihre Getränke sind da." Die nehme sich die Gäste dann selbst von einer Ablage des Roboters. Das funktioniert auch mit Speisen so. Wieder erklingt die freundliche Roboter-Stimme, die bestellten Gerichte werden serviert. Während des Essens schwärmt Shu von dem "sehr guten System", das ihn und seine Kollegen sehr entlaste.

Seine Gäste seien begeistert, sagt der Gastronom. Im Bonner Raum sei er bislang der einzige, der mit Robotern arbeite. Kein Wunder, denn das Ganze hat auch seinen Preis: Zwischen 13 000 und 16 000 Euro kostet so ein elektronischer Kellner. Betrieben wird er über einen integrierten Akku, die Ladezeit über Nacht beträgt rund acht Stunden, dann kann er den ganzen Tag im Lokal seine Runden drehen.

Das Essen ist verspeist, Hellabot rollt an. Diesmal erklingt eine tiefe, männliche Stimme, die den Gast bittet, die benutzten Teller und das Besteck in eines seiner Einschubfächer zu räumen. Dann verabschiedet er sich mit den Worten: "Ich habe das Spülgut geladen", und flitzt in Richtung Küche. Kollege Xiaobei kann übrigens auch "singen", Geburtstagsständchen beispielsweise. Auch Karnevalsschlager sind möglich. Das stellte Xiaobei unlängst beim traditionellen Mondfest unter Beweis, zu dem die Kultur- und Karnevalsgesellschaft "Bönnsche Chinese" eingeladen hatte. Jin Jian Shu ist nämlich Präsident des deutsch-chinesischen Vereins, der in der kommenden Session sein zehnjähriges Bestehen feiert. Das Vereinslokal ist der "Kaiser Garden." Eines können Shus Roboter allerdings nicht: bützen.

Roboter erobern die Gastronomie

Schon vor dem Ausbruch des Coronavirus klagte die Gastronomie über akuten Personalmangel. Das Virus und der folgende Lockdown haben die Situation verschärft und dazu beigetragen, dass sich viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in anderen Branchen nach einem Job umgesehen haben. Vor allem Aushilfen haben sich neu orientiert. Ob Roboter helfen können, diesen Engpass zu beheben?

Das Robotertrio im "Kaiser Garden" unterstützt nicht nur den Service, sondern fördert auch das Sicherheitsgefühl der Gäste in pandemischen Zeiten. In Asien gehören Roboter in vielen Restaurants längst zum Erscheinungsbild. Ihr Aufgabenbereich beschränkt sich dort nicht mehr nur auf den Service. Sie sind dabei, ihren Platz in der Küche zu erobern. Als vielseitig einsetzbare Helfer können sie Fleisch wenden, Nudeln kochen oder Gemüse im Wok schwenken. Es wird spannend sein zu sehen, wohin die Entwicklung noch geht und ob bald auf der Basis Künstlicher Intelligenz nicht nur einfache, sondern auch raffinierte Rezepte auf den Teller gebracht werden.

Für Jin Jian Shu sind die Roboter eine wichtige Stütze, indem sie dafür sorgen, dass er und seine Kellner deutlich weniger Schritte pro Tag abspulen müssen. Das Restaurant ist mit üppigen 560 Quadratmetern aufgrund der weiten Wege geradezu prädestiniert für den Einsatz der Roboter.

Den Kontakt zu den Restaurants halten Dr. Xiangrong Zhu und Vivian Zhang. Während Zhang für die im chinesischen Shenzhen ansässigen Produktionsfirma Pudu Technology Co. Ltd als Entwicklungsmanagerin arbeitet, ist ihr Mann Dr. Zhu für die GSJ International Trade GmbH mit Sitz in Königswinter als geschäftsführender Gesellschafter dafür verantwortlich, dass die Roboter den deutschen Markt erobern.

Im Rhein-Sieg-Kreis und Köln gibt es bereits weitere Restaurants, die mitmachen

Der "Kaiser Garden" ist nicht mehr das einzige Restaurant im Rhein-Sieg-Kreis, das auf den Einsatz von "Bellabot" und Co. zurückgreift. Mit dem "Shanghai" in Sankt Augustin hat sich bereits ein zweites China-Restaurant gefunden, das auf die Dienste der Roboter setzt. Auch im weiteren Umfeld haben sich die akkubetriebenen Helfer bereits als Stützen erwiesen, im türkischen Restaurant "Teras" in Köln-Mülheim beispielsweise, und bald wohl auch im neuen Sushi-Restaurant "Hokaido" in Bad Godesberg. Man kann die digitalen Assistenten zunächst als sogenanntes Muster ordern und sie so einer mehrtägigen Testphase unterziehen.

"Unsere Lager sind derzeit gut bestückt, so dass wir die Roboter innerhalb von wenigen Tagen liefern können", sagt Zhu. Die Firma befinde sich zwar noch in der "Aufwärmphase", umschreibt Nico Luther, Mitarbeiter bei GSJ International Trade, die aktuelle Geschäftslage, doch habe die bisherige Resonanz die Erwartungen übertroffen. Das ist auch mit Blick auf die Anschaffungskosten bemerkenswert.

Den Erfolg mindert auch die Tatsache nicht, dass man in einigen Bereichen auf Bedenken stößt. Roboter sind nicht für alle Restaurants eine Alternative, was nicht nur an der Größe liegt. "Unserer Erfahrung nach kommen zum Beispiel italienische Restaurants kaum als Kunden infrage", berichtet Luther. So sieht etwa die Geschäftsleitung der mit mehreren größeren Restaurants in Bonn und Siegburg vertretenen "Pizzeria Tuscolo" keinen Bedarf. Die Nähe zum Kunden und die persönliche Betreuung seien wichtiger als die Überwindung eventueller Personalengpässe. Ob "Bellabot" und "Holabot" irgendwann einmal das Servicepersonal eines Landgasthofs oder eines Brauhauses unterstützen werden, scheint zumindest fraglich. "Obwohl ich für Veränderungen immer offen bin, kann ich mir nicht vorstellen, dass Roboter bei uns zwischen den Tischen umherfahren und die Kunden mit Speisen und Getränken versorgen", äußert sich Francis Faramaz, Restaurantleiter im Bonner Gasthaus "Salvator", eher skeptisch.

Kinder fühlen sich magisch angezogen

Das ändert aber nichts daran, dass die Expansionsmöglichkeiten für die Vertreiber der Roboter enorm sind. "Wir haben festgestellt, dass asiatische Lokale und insbesondere chinesische Restaurants dem Einsatz der Roboter gegenüber wesentlich aufgeschlossener sind", hat Luther die aktuelle Zielgruppe klar im Visier. Dabei besitzen die Roboter einen zweiten Trumpf: sie können zur Exklusivität eines Lokals beitragen. Jüngere Gäste und vor allem Kinder fühlen sich von den Robotern angezogen, was auch damit zusammenhängt, dass sie interagieren und etwa auf Berührungen reagieren, singen oder sogar ein Geburtstagsständchen intonieren können.

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Als Beispiel führt Dr. Xiangrong Zhu das Koblenzer "Café Einstein" ins Feld. "Dort erfüllen unsere Roboter zusätzlich eine repräsentative Rolle. Sie helfen einerseits den Kellnern im Service und erweisen sich anderseits als Werbebotschafter, die die Attraktivität einer Location steigern können." 

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