Falsche Zahlen der StadtSatzung der Kita-Gebühren in Bornheim erneut vertagt

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Land, Stadt und Eltern sind mit im Boot, wenn es um die Finanzierung von Kindergartenbetreuung geht.

Land, Stadt und Eltern sind mit im Boot, wenn es um die Finanzierung von Kindergartenbetreuung geht.

Bornheim – Das Reiz-Thema Kita-Beiträge in Bornheim kann tatsächlich noch überraschen. Erst eine turbulente Ausschusssitzung, dann eine frustgeladene Bürgerinformation und jetzt eine weitere Vertagung. Im Jugendhilfeausschuss musste Sozialdezernentin Alice von Bülow am Mittwochabend einräumen, dass die Stadt die Landeszuschüsse für das zweite beitragsfreie Kindergartenjahr auf einer falschen Zahlengrundlage berechnet hat. Die Zuschüsse des Landes seien deutlich höher als dargestellt, die Beiträge der Eltern im Umkehrschluss niedriger. Unterm Strich geht es um rund eine Viertelmillion Euro. „Wir müssen noch mal alles auf links drehen“, so von Bülow.

Eigentlich sollte im Ausschuss über die neue Beitragssatzung abgestimmt werden. Nötig wird die Satzungsänderung nach der Novelle des sogenannten Kibiz-Gesetzes. Dieses Gesetz zur frühen Bildung und Förderung von Kindern bildet die Grundlage der rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für die frühkindliche Bildung in NRW.

Der größte Kritikpunkt, den Eltern vorbringen, dreht sich um eine Erhöhung der Beiträge bei den Geschwisterkindern von derzeit 62,5 Prozent auf 67 Prozent. Jugendamtsleiter Maruan Azrak hatte das während der Informationsveranstaltung so begründet: 20,4 Millionen Euro Kindpauschale zahlt das Land NRW an die Stadt, die muss über die Elternbeiträge jetzt 16,4 Prozent selbst wieder hereinholen; vor der Kibiz-Änderung betrug die Pauschale 17 Millionen Euro und 19 Prozent Eigenanteil. Die Stadt würde Familien gerne mit einem Zuschuss entgegenkommen, sagte Azrak, „aber es gibt keine Spielräume“. Man habe aber gemerkt, dass gerade diese Erhöhung derart auf Kritik stoße, und würde dies neu diskutieren. Das Ergebnis sollte eigentlich am Mittwochabend präsentiert werden.

Heller: „Verantwortung ist nicht teilbar“

Zum Jugendhilfeausschuss äußerte sich gestern die CDU-Fraktionsvorsitzende Petra Heller: „Im Raum steht eine Summe von ungefähr 250 000 Euro. Dies ist aus Sicht der CDU-Fraktion auf der einen Seite eine äußerst erfreuliche Nachricht in Richtung Elternschaft, da diese Summe die Beiträge der Familien erheblich reduziere, auf der anderen Seite bleibt aber der bittere Beigeschmack, dass die Politik vollkommen unzureichende Daten vorgelegt bekommen hat. Diesen Vorwurf muss sich die Beigeordnete von Bülow aus Sicht der CDU-Fraktion schon gefallen lassen, denn seit Beginn stolpert sie bei diesem Thema.“

In vier Arbeitskreissitzungen habe man das Thema ausgiebig erörtert, dabei wurde einerseits von der Politik schon anfänglich auf Fehler in der Berechnung hingewiesen, andererseits wurden Rahmenbedingungen für die Berechnung gesetzt. Heller weiter: „Dass nun am Ende die seitens der Verwaltung angegebene Summe der Landeszuschüsse nicht richtig ist, sorgt nicht nur bei der CDU-Fraktion für Unmut. Da die Kita-Beiträge von Anfang an sehr emotional diskutiertes Thema waren, hätte Frau von Bülow dem Zahlenwerk mehr Augenmerk schenken müssen, denn Verantwortung ist nicht teilbar.“ (jr)

Weil das Thema so komplex ist, hatten sich Politiker und Verwaltung gemeinsam in Workshops mit den Elternbeiträgen beschäftigt. Aber trotz dieser vier Workshops seien bei der UWG „noch viele Fragen offen geblieben“, schreibt Vorsitzender Heinz Müller in einer Stellungnahme. Die Wählergemeinschaft spart auch nicht mit Kritik: „Die Erarbeitung der Beitragssatzung zog sich wegen mangelnder Transparenz und offensichtlich nicht hinreichend qualifizierter Fähigkeiten seitens der Verwaltung über Monate hin.“ Drei Kleine Anfragen stellte die UWG an die Verwaltung, die der Bürgermeister schriftlich beantwortete.

Diese Antworten wiederum fielen dem FDP-Landtagsabgeordneten und Ratsmitglied Jörn Freynick auf: „Darin wurden von Stadt und Land verschiedene Zahlen genannt. Ich konnte nicht verstehen, wie diese Unterschiede zustande kamen“, sagte Freynick gestern auf Anfrage. Er habe dem Bornheimer Bürgermeister geschrieben, aber noch keine Antwort erhalten. Also war er es, der die Verwaltung auf den Fehler aufmerksam gemacht hat? Freynick dazu: „Ich würde sagen Ja.“

Das räumt auch Sozialdezernentin Alice von Bülow in einem Gespräch mit der Rundschau ein. Der Fehler sei aber noch rechtzeitig aufgefallen, es seien noch keine Bescheide verschickt. Im Ausschuss nannte sie als mögliche Ursache für die falschen Zahlen eine „missverständliche Darstellung im KiBiz.web“, die noch mit dem Landesjugendamt geklärt werden müsse.

Sie müsse außerdem zugestehen, dass im Kita-Bereich der Verwaltung „ein sehr junges Team zusammenarbeitet“. Dort werde gerade auch „Unglaubliches geleistet, um neue Kita-Plätze zu schaffen“. Von Bülow entschuldigte sich für den Fehler, den man „hätte erkennen müssen“.

Während der Sitzung fielen die Kommentare der Fraktionen kurz aus, weil bei abgesetzten Tagesordnungspunkten keine Aussprache vorgesehen ist. Petra Heller (CDU) sagte nur soviel: „Der Vorgang ist ernüchternd.“ Von Bülows Vorschlag, ihre Neuberechnung gleich dem Rat vorzulegen, sahen alle kritisch. Geplant ist jetzt eine Sondersitzung des Jugendhilfeausschusses Ende April. Anschließend geht die Vorlage in den Rat.

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