Größter Ausbruch in BornheimLandrat nennt Entwicklung der Infektionszahlen „explosiv“

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Im Wohnstift Beethoven sind 24 Bewohner und 16 Mitarbeiter positiv getestet worden.

Im Wohnstift Beethoven sind 24 Bewohner und 16 Mitarbeiter positiv getestet worden.

Rhein-Sieg-Kreis – „Explosiv“ nannte Landrat Sebastian Schuster die Entwicklung der Corona-Infektionszahlen bei der wöchentlichen Presekonferenz: So stieg die Zahl der akut Infizierten auf 1002, seit Beginn der Pandemie haben sich über 4000 Menschen angesteckt. 3170 Personen befinden sich in Quarantäne. In 60 Einrichtungen wie Kitas, Schulen oder Pflege- und Betreuungseinrichtungen sind Infektionen aktenkundig, die aber nur um die 100 Fälle vereinigten, sagte Kreis-Sprecherin Rita Lorenz. Der aktuell größte Ausbruch betrifft das Wohnstift Beethoven im linksrheinischen Bornheim: Dort sind 24 Bewohner und 16 Mitarbeitende infiziert, rund 200 Personen in Quarantäne.

„Vier Monate waren wir infektionsfrei“, sagt Bruno Tiltmann, Geschäftsführer des Wohnstiftes Beethoven, einer Einrichtung für betreutes Wohnenm auf Anfrage der Rundschau. Ein ganzes Maßnahmenbündel habe seit der ersten Infektionswelle gegriffen, das Restaurant wurde geschlossen, die ambulante Versorgung wurde intensiviert, Besuche wurden massiv eingeschränkt, und all das sei eng mit dem Bewohnerbeirat abgestimmt worden.

Zur Vorsorge gehöre jetzt auch ein tägliches Screening der Mitarbeitenden vor Dienstbeginn, und genau dabei sei die Infektion eines Mitarbeiters aufgefallen. Dieser Mitarbeiter sei in der Pflege beschäftigt. Daraufhin habe es eine Komplett-Testung im Haus gegeben, mehrere positive Fälle waren das Ergebnis. „Der Kreis hat aus Vorsichtsgründen Quarantäne angeordnet“, erklärt Bruno Tiltmann. Es werde alles eng mit dem Gesundheitsamt des Kreises abgestimmt. 16 Mitarbeitende fehlen, wie wird das kompensiert? „Jetzt haben die anderen weniger frei und man muss auch aus dem Urlaub zurückkommen“, sagt Tiltmann, „das ist nicht schön, muss aber sein“.

Im Kampf gegen die steigende Zahl von Corona-Infektionen ändert das Kreisgesundheitsamt seine Strategie. „Wir können nicht mehr jede einzelne Person anrufen“, sagte am Freitag Ralf Thomas, Leiter der Covid-Fachstelle der Kreisverwaltung, im Rahmen der Telefonkonferenz. Daher würden nun die Listen der Kontaktpersonen, zu deren Abgabe jeder Infizierte verpflichtet ist, im Kreishaus nur noch geprüft und dann zum Erlass der Quarantäneverfügung an die Ordnungsämter weitergegeben. Zugleich nehme man die Infizierten selbst in die Pflicht, mögliche Kontaktpersonen ihrerseits zu informieren.

So steht es auch in der neuen Coronaschutzverordnung, die gestern im Kreishaus eintraf. „Bisher war das mehr ein Appell“, so Ralf Thomas. 19 Paragrafen umfasst die Neufassung der Verordnung, die am 2. November in Kraft treten soll. „Etwa 75 Prozent“ des Textes hätten seine Mitarbeiter als verändert farbig markiert. Eine der Neuerungen ist die – erstmalige! – Beschreibung der Alltagsmasken: eine textile Bedeckung von Mund und Nase muss es sein, Kunststoffschilde erfüllen die Auflagen nicht .

Angesichts der Tatsache, das bei 75 Prozent der Infektionen die Quelle nicht nachweisbar sei, nannte der Landrat den Shutdown „die einzige Lösung.“ Auch wenn er wisse, „dass einzelne Gruppen massiv betroffen sind.“ Gegenüber Land und Bund äußerte er die Erwartung, „dass die Hilfen wirklich zeitnah und unbürokratisch dahin kommen, wo sie gebraucht werden.“ Zuversichtlich zeigte sich Schuster, dass die nun ergriffenen Maßnahmen die erwünschte Wirkung zeigen, man hoffe auf bessere Zahlen in der Adventszeit. Er vermisse aber auch eine Strategie von Land und Bund für das längerfristige Vorgehen. Da – und nur da – sei er „d’accord“ mit dem Bonner Virologen Professor Hendrik Streeck. „Wir können jetzt nicht jedes halbe Jahr einen Lockdown machen“, sagte Schuster.

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