Naturschutz im eigenen GartenSo kämpft eine Uedorferin gegen das Insektensterben

Lesezeit 5 Minuten
Cathrin Nieling zeigt, wie private und öffentliche Flächen naturnah und insektenfreundlich gestaltet werden können.

Cathrin Nieling zeigt, wie private und öffentliche Flächen naturnah und insektenfreundlich gestaltet werden können.

Bornheim – Vor vier Jahren zog Cathrin Nieling (42) mit ihrem Lebensgefährten Dirk Müller nach Uedorf. Sie kauften dort ein Haus und begannen, den Garten naturnah umzugestalten. Knapp die Hälfte haben sie bereits verändert. Bei einem bundesweiten Pflanzwettbewerb „Wir tun was für Bienen“ wurden sie mit dem dritten Platz in der Kategorie „Privatgärten und Gärten von Mietwohnungen“ belohnt. Nieling bietet ehrenamtlich Vorträge an. Über ihre Erfahrungen sprach sie mit Rundschau-Mitarbeiter Frank Engel-Strebel.

Was hat Sie dazu bewogen Ihren Garten naturnah zu gestalten?

Wir haben uns immer schon dafür interessiert, Naturschutz im eigenen Garten zu betreiben und Lebensraum für Tiere zu schaffen. Zugleich soll der Garten uns aber auch optisch gefallen, ein Ort zum Wohlfühlen und pflegeleicht sein. Ganz zu Beginn haben wir auf Raten eines Freundes, der sich gut in dem Bereich auskennt, die Nadelbäume, die hier auf dem Grundstück standen, gefällt, da sie weder ökologisch wertvoll waren, noch einheimische Pflanzen sind.

Wie gehen Sie vor?

Wir haben uns vorsichtig an das Thema herangetastet. Dabei haben wir gelernt, dass einheimische Wildpflanzen für viele Tierarten überlebenswichtig sind. Exotische und züchterisch veränderte Pflanzen helfen den Tieren meist nicht. Leider kommen heimische Wildpflanzen in unserer Umgebung kaum noch vor. Deshalb ist eine Verwendung dieser Pflanzen ein wichtiger Beitrag zum Artenschutz. Zunächst haben wir viele Gehölze komplett entfernt und durch heimische Pflanzen ersetzt. Zum Beispiel haben wir Waldgeißblatt gepflanzt, eine wunderbar duftende eine nachtblühende Pflanze, die in der Dämmerung Nachtfalter anzieht und dadurch auch Fledermäuse. Wir wollten auch Naschobst und natürlich einen Sichtschutz zu unseren Nachbarn. Dabei gehen wir Fläche für Fläche vor. Vor unserem Haus haben wir beispielsweise einen Blumen-Kräuter-Rasen gesät. In dieser Mischung befinden sich 30 bis 50 verschiedene Pflanzenarten.

Vielfalt erzeugt Vielfalt

Ihnen ist auch wichtig, etwas gegen das Artensterben zu unternehmen. Was haben Sie da schon erreicht?

Unsere Flächen sind attraktiv für unzählige Insekten, zum Beispiel Grashüpfer und Grillen. Seltene Schmetterlinge und Wildbienen kommen zu Besuch. Dort, wo wir Flächen angelegt haben, kommen die Tiere zurück. Grundsätzlich gilt im Naturgarten, Vielfalt erzeugt wiederum Vielfalt. Gemeint sind damit nicht nur viele Arten, sondern auch vielfältige Gartenstrukturen wie Wiese, Saum, Hecke, Totholzelemente und Trockenmauer. Mit einer heimischen Wildpflanze zieht man im Durchschnitt zehn Tierarten an. Wir kommen in unserem Garten bestimmt auf über 200 heimische Pflanzenarten, mit denen ich potenziell 2 000 Tierarten anziehe.

Vortrag

Cathrin Nieling wird am Donnerstag, 14. Februar, in einer gemeinsamen Sitzung des Umweltausschusses und des Verwaltungsrates des Stadtbetriebs Bornheim ihren Vortrag im Ratssaal des Bornheimer Rathauses halten. Der Vortrag und die Sitzungen sind öffentlich. Beginn ist um 18 Uhr.

Informationen zur Regiogruppe Köln-Bonn des Naturgartens gibt es unter www.naturgarten.org/regionalgruppen/koeln-bonn.html. (fes)

Wir haben jetzt den ersten Winter mit unserem neu angelegten Wildsaum erlebt und zum ersten Mal einen Zaunkönig darin beobachtet. Das liegt daran, dass bei uns nicht wie in anderen Gärten alles herunter geschnitten ist, sondern der Zaunkönig in unseren Pflanzen noch Samen findet; zudem stehen die Pflanzen hoch genug, so dass er auch geschützt vor Katzen auf Nahrungssuche gehen kann. Wir hatten auch schon 30 Distelfinken zu Gast, die an den Nachtkerzenstängeln die Samen abgepickt haben. Da geht uns das Herz auf.

Naturschutz geht auch auf dem Balkon

Trotz des langen und heißen Sommers gab es kaum Wespen. Wie haben Sie das wahrgenommen?

Ich habe das genauso wahrgenommen. Wenn man aufmerksam ist, merkt man, dass sich etwas zum Negativen verändert. Ich spreche immer vom stummen Frühling und sage den Leuten, die sich damit beschäftigen, geht mal aufmerksam durch die Siedlung. Es gibt Phasen, da hört man keine Vögel oder Insekten mehr. Das ist gruselig und beängstigend. Denke ich an einen schönen Sommertag in der Natur, dann denke ich doch an Schmetterlinge, ich rieche Blumen und höre Grillen zirpen. Dann denke ich doch nicht an einen kurz geschorenen Rasen mit Kirschlorbeerhecke. Rasen finde ich sowieso nicht schön. Ich habe auch noch niemanden gesehen, der zum Geburtstag einen Strauß Rasen verschenkt hat. Lieber verschenke ich einen schön bunten Blumenstrauß mit Pflanzen aus unserem Garten.

Nun hat nicht jeder einen Garten. Kann ich auch auf meinem Balkon naturnah pflanzen?

Jeder Quadratzentimeter zählt. Auch auf dem Balkon kann ich jede Menge für Tiere tun, wenn ich die entsprechenden Pflanzen verwende. Das gilt auch für öffentliche Flächen, etwa städtische Beete oder auf Friedhöfen. Zudem sind sie viel pflegeleichter. Wichtig ist es auch, bereits Kinder hierfür zu sensibilisieren, etwa auf Schulhöfen. Wo können Kinder heute noch auf Totholz klettern oder Bäume und Sträucher entdecken? Kinder sollten Natur erleben und sie nicht nur aus Büchern kennen.

Woher beziehen Sie Ihre Pflanzen und Ihr Saatgut?

Ich kaufe sie bei Anbietern, die auf heimische Wildpflanzen spezialisiert sind, oder tausche mit anderen Naturgärtnern im Internet oder auf Tauschbörsen. Garantiert echte heimische Wildpflanzen sind in Baumärkten und Gartencentern nicht erhältlich. Außerdem sind die dort angebotenen Setzlinge oder Samen und Pflanzen mit künstlichem Dünger und Pestiziden erzeugt worden oder gar steril. Die Forsythien sind zwar schöne Frühlingsblüher, den Tieren bieten die jedoch keine Nahrung. Wer Tipps zum Beispiel zu Bezugsadressen braucht, kann sich an unsere Regionalgruppen Köln-Bonn wenden. Wir helfen auch Einsteigern gerne weiter.

Rundschau abonnieren