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Protest wegen LöhnenSo arbeiten Feldarbeiter während der Corona-Krise im Rheinland

Lesezeit 4 Minuten
Spargelstechen Arbeiter

Feldarbeiter beim Spargelstechen

  • Am Freitag haben in Bornheim rund 250 Feldarbeiter lautstark gestreikt, weil sie zu geringe Löhne erhalten.
  • Sie berichten, dass sie teilweise im Monat rund 200 Euro bekommen haben.
  • Wir haben uns auf den Feldern umgesehen und mit den Arbeitern gesprochen. Ein Bericht.

Bornheim/Bonn – Die Felder an der Bornheimer Brehmstraße sind verwaist. Auf dem angrenzenden Hof des insolventen Landwirtschaftsbetriebs Spargel Ritter dagegen haben sich am Freitagvormittag einige Männer und Frauen versammelt. Aufs Feld gingen sie erst am nächsten Tag wieder, erzählen sie. Weitere Ausführungen scheitern an der Sprachbarriere. Denn die Gruppe gehört zu den etwa 240 rumänischen Saisonarbeitern, die in Bornheim derzeit helfen, die Ernte einzufahren.

Möglich ist ein Gespräch dafür kurz zuvor mit der 29-jährigen Erntehelferin Rozalia Sotri. Sie stammt ebenfalls aus Rumänien, spricht aber fließend Deutsch, weil sie seit elf Jahren in der Bundesrepublik lebt. „Leute, die gestern ihren Lohn bekommen haben, haben nur 100 bis 200 Euro bekommen“, berichtet Sotri. Für einen Monat Arbeit, den sie und ihre Kollegen geleistet hätten, sei das zu wenig. Auch sie habe bisher nur drei der versprochenen vier Vorschüsse bekommen, die auch noch zu niedrig ausgefallen seien.

Ausbleibender Lohn ist Sotri zufolge nicht das Einzige, was den Protest der Arbeiter hervorgerufen hat. So berichtet sie von schimmeligem Brot und abgelaufener Salami, die als Verpflegung ausgegeben worden seien. Ein anderer, inzwischen ehemaliger, Mitarbeiter spricht von ähnlichen Missständen bei der Verpflegung.

Kreisverwaltung beanstandet die hygienischen Zustände

 Bei der Unterbringung gibt es laut Sotri ebenfalls Probleme. In dem ausgerechnet neben einer Kläranlage gelegenen Containerdorf teile sie sich ein Zimmer mit drei anderen Personen – Frauen und Männern. Um nachts nicht zu frieren, hätten sie sich auf eigene Kosten eine Elektro-Heizung anschaffen müssen. Das Kreisgesundheitsamt hat indes die Sanitäranlagen in den Unterkünften beanstandet. Gemeinsam mit der Bornheimer Stadtverwaltung sollen nun Wege gefunden werden, die Situation zu verbessern.

Denkbar ist laut Kreis-Sprecherin Rita Lorenz etwa, dass mobile Toiletten vor der Unterkunft aufgestellt werden. Rozalia Sotri lebt mit ihrer Familie im Ruhrgebiet, so erzählt sie. Und auch wenn sie ihre eigentliche, zwischenzeitlich  wegen der Corona-Krise weggefallene Arbeit bei einem Autozulieferer bald wieder aufnehmen kann, will sie die Unterkunft in Bornheim so lange nicht verlassen, bis sie ihren vollen Lohn bekommen hat.

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Ein anderer Arbeiter, der auf seinen Lohn wartet, hat sich an Raluca-Florina Gheorge vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) gewandt, wie diese berichtet. Gheorge ist beim DGB für das Projekt „Faire Mobilität“ zuständig, bei dem Osteuropäer im Arbeits- und Sozialrecht beraten werden. Dem Mann zufolge seien in einem Fall für 500 Arbeitsstunden nur 500 Euro gezahlt worden. Arbeiter, die sich beschweren wollten, seien aus dem Büro ihres Chefs geschmissen worden. Vielleicht habe es sich hierbei aber auch um ein Verständigungsproblem gehandelt, mutmaßt Gheorge.

Dafür könnte sprechen, was Insolvenzverwalter Andreas Schulte-Beckhausen in diesem Zusammenhang zu sagen hat. Denn ihm zufolge erhalten die Saisonarbeiter den Hauptteil ihres Lohns erst am Ende der Ernte. Bis dahin würden wöchentliche Vorschüsse ausgezahlt. Allerdings habe die Gläubigerversammlung vor gut einer Woche beschlossen, die Spargelernte abzubrechen. Grund sei der geringe Absatz aufgrund der im Zuge der Krise um das Coronavirus geschlossenen Restaurants.

Arbeiterin klagt über fehlenden Abstand beim Spargelstechen

Den beim Spargelstechen eingesetzten Saisonarbeitern habe er angeboten, bei der Ernte der Erdbeeren mitzumachen. Die, die dieses Angebot nicht annehmen, würden nun abreisen, bekämen aber den vollen Lohn für das bisher Geleistete. Mit der Erdbeer-Ernte zeigt Schulte-Beckhausen sich sehr zufrieden. Mit einer Ausnahme: Dem ehemaligen Chef Claus Ritter habe er Hausverbot erteilt, weil dieser für „Unruhe“ gesorgt habe. Darauf angesprochen, sagt Ritter dazu lediglich lapidar „soll mir Recht sein“. Mit seinem nunmehr ehemaligen Betrieb scheint er abgeschlossen zu haben. Für alles, was dort jetzt passiert, seien er und seine Frau Sabine, ehemals Mitgesellschafterin,  nicht mehr zuständig.

Unter den Erntehelfern gibt es indes nicht nur Rumänen. Auch etwa hundert deutsche Männer und Frauen packen mit an. Eine junge Frau, die sich bei unserer Redaktion gemeldet hat, störte sich zu Beginn ihrer Arbeit daran, dass auf den Feldern der Abstand, der angesichts der Corona-Pandemie notwendig geworden ist, nicht eingehalten worden sei. Nachdem sie dies kritisierte, habe sich die Situation inzwischen verbessert. Auch Schutzmasken hätten sie und ihre Kollegen nun bekommen.

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