Rheinbacher als Reichsbürger verdächtigtKampfflugzeugmodell löste Kettenreaktion aus

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Der Eingang des Bonner Landgerichts.

Bornheim – Ein großes Modellflugzeug – ein Erinnerungsstück an seinen Großvater – hat einen Bundeswehroffizier in den üblen Verdacht gebracht, ein Reichsbürger zu sein. Im Januar 2018 hatte das Katasteramt, so der Anfang der kuriosen Geschichte, die letztlich einen Rechtsstreit auslöste, in Bornheim Messungen durchgeführt.

Blechschild mit der Aufschrift „Deutsches Schutzgebiet“

Dabei hatten die Mitarbeiter auf dem Grundstück des Offiziers das Modell eines Sturzkampfflugzeugs (JU 87 Stuka) aus dem 2. Weltkrieg im Maßstab 1:18 entdeckt, das von einem Vordach baumelte. Schließlich fotografierten die Vermesser noch – vom Offizier unbemerkt – ein zweites Sammlerstück aus Kolonialzeiten: ein Blechschild mit der Aufschrift „Deutsches Schutzgebiet“ mit Wappen des Kaiserreiches.

Der Verdachtsfall – hier lebt ein Reichsbürger – wurde an die zuständige Kreispolizeibehörde gemeldet – und landete schließlich beim Verfassungsschutz sowie beim Militärischen Abschirmdienst. Der Oberst der Reserve jedoch erfuhr erst zwei Jahre später von dem Vorgang: Der 61 Jahre alte Familienvater hatte sich gewundert, warum er nicht mehr zu den regelmäßigen Reserveübungen geladen wurde. Auf Nachfrage beim Karrierecenter der Bundeswehr bekam der Bornheimer die Antwort, dass er als „amtsbekannter Reichsbürger“ geführt werde.

Der Oberst fiel aus allen Wolken und intervenierte bei seinen Dienstherrn. Das Stuka-Modell, das ohne Hoheitszeichen oder Nazi-Emblemen im Garten baumelte, sei von seinem Großvater, der das Kampflugzeug einst geflogen hatte. Der Reichsbürger-Verdacht sei gänzlich unberechtigt.

Die Bundeswehr hat den Vorfall daraufhin intern geregelt und rehabilitierte den Offizier. Aber in den Akten des 61-Jährigen existierte der Reichsbürger-Vermerk noch weiter. Schließlich schaltete der Offizier seinen Rechtsanwalt ein, um die „Geschichte ganz aus der Welt zu schaffen“.

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Der Antrag auf Akteneinsicht wurde zwar – da es sich um einen Vorgang des Staatsschutzes handelte – abgelehnt, die Bereinigung und Löschung des Vorgangs war schließlich erfolgreich. Dennoch mochte der Bornheimer, in der Ehre gekränkt, den Fall nicht ganz auf sich beruhen lassen und wollte die Anwaltskosten für das Widerspruchsverfahren in Höhe von 806,44 Euro erstattet haben – und verklagte den Rhein-Sieg-Kreis wegen schuldhafter Amtspflichtverletzung vor dem Bonner Landgericht.

Urheber des Verdachts war nicht mehr zu ermitteln

Aber so einfach sei der Fall nicht, so Kammervorsitzender Stefan Bellin im Gütetermin: Denn wer nach der Entdeckung des Stuka im Garten des Klägers den Reichsbürger-Verdacht in die Welt gesetzt hat, sei – wegen Vernichtung der Akten beim Staatsschutz – nicht mehr aufklärbar. Entsprechend schlug die Kammer jetzt einen Vergleich vor: Der Rhein-Sieg-Kreis zahlt dem Kläger 40 Prozent der geforderten Summe, mithin 323 Euro.

Die Parteien reagierten in der Verhandlung gestern zunächst verhalten, wollten aber darüber nachdenken.

(Aktenzeichen: Landgericht 1 O 85/21)

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