Unwetterkatastrophe in BornheimEinsatzkräfte hatten einen Schutzengel

Lesezeit 5 Minuten
Anwohner in Walberberg hatten nach dem Unwetter Mitte Juli besonders viele Schäden zu beklagen.

Anwohner in Walberberg hatten nach dem Unwetter Mitte Juli besonders viele Schäden zu beklagen.

Bornheim – „Für uns als Verwaltung ist diese Katastrophe eine Zäsur, wir müssen jetzt die richtigen Schlüsse hinsichtlich der Infrastruktur ziehen. Wir müssen das gesamte Stadtgebiet in den Blick nehmen und sind dabei auch auf das Wissen der Bürger vor Ort angewiesen“, betonte Bürgermeister Christoph Becker (parteilos) im jüngsten Umweltausschuss.

Zum ersten Mal beschäftigte sich ein politisches Gremium der Stadt mit den extremen Niederschlägen am 14. und 15. Juli in Bornheim. Um möglichst viele Aspekte zu beleuchten, wird der von der Verwaltung vorgelegte Sachstandsbericht auch noch im Haupt- und Finanzausschuss, im Mobilitäts- und Verkehrsausschuss sowie am 16. September im Rat diskutiert.

Am Ende sollen Strategien und Maßnahmen entwickelt werden, wie mit den Folgen des Klimawandels in Bornheim umgegangen wird. Auf Anregung von Frank W. Krüger (SPD) soll sich auch ein interfraktioneller Arbeitskreis bilden. Aber auch allen Bürgern wird dringend angeraten, Vorkehrungen zu treffen um sich zu schützen.

Einsatzschwerpunkte

Besonders stark betroffen waren in Bornheim-Ort die Bereiche Mühlenstraße, Königstraße und Apostelfpad, in Merten-Heide das Gebiet rund um die Ulrichstraße, Schebenstraße und Weiherstraße. Am stärksten jedoch waren Bewohner im Bereich Schwadorfer Kreuz/Dominikanerstraße in Walberberg zu Schaden gekommen. Aus Walberberg waren daher auch einige Bürger zur Sitzung gekommen, um die Einwohnerfragestunde zu nutzen. Ein Anwohner vom Schwadorfer Kreuz berichtete, dass der Bereich auch bei weniger starken Regenfällen häufiger unter Wasser stünde.

Becker sicherte zu, dem nachzugehen und erläuterte, dass es Mitte Juli aufgrund eines Stromausfalls zu einer technischen Störung kam, so dass die Funktionsklappe des Rückhaltebeckens zunächst nicht ausgelöst werden konnte und später per Hand aktiviert wurde.

Wolfgang Paulus, Leiter des Umweltamtes, ergänzte, die betroffenen Regenrückhaltebecken seien auf Jahrhundertereignisse ausgerichtet. So starke Wassermassen wie vor sechs Wochen konnten nicht aufgefangen werden. So ist laut Paulus das Regenrückhaltebecken am Umbachweg in Botzdorf auf 75 Liter pro Quadratmeter ausgelegt und üblicherweise auch ausreichend, es kamen aber zwischen 135 und 150 Liter pro Quadratmeter herunter.

Einsatzgeschehen

Sämtliche Einheiten der Feuerwehr Bornheim waren über 36 Stunden im Dienst und fuhren rund 300 Einsätze. Die Kameraden kümmerten sich hauptsächlich um Wassereinbrüche in Kellern, räumten Straßen von Schutt und Wassermassen frei, kümmerten sich um nachlaufende Wassermengen in die Gebäude sowie um stark abfließende Wasserläufe in den Hanglagen. Bei einem Stromschlag während einer Brandbekämpfung in einem Haus am Schwadorfer Kreuz verletzten sich mehrere Feuerwehrleute, konnten aber zwei Personen aus dem Gebäude retten.

Bürgermeister Becker, zur Zeit des Unwetters im Hunsrück in Urlaub, brach diesen sofort ab, um sich in allen Stadtteilen mit den Ortsvorstehern ein Bild zu machen. Umgehend wurde auch ein Stab für außergewöhnliche Ereignisse eingerichtet. „Unsere Einsatzkräfte haben an mehreren Stellen Schutzengel gehabt. Wir können froh sein, dass wir keine Toten zu beklagen haben.“

Schadensbilanz

So schlimm es jeweils die Betroffenen erwischt hatte, die ihr Hab und Gut verloren haben, sei Bornheim verglichen mit den anderen Krisengebieten noch glimpflich davongekommen, erläuterte Becker. Er sprach von „einigen hunderten Haushalten“, die betroffen waren, genaue Zahlen hat die Verwaltung jedoch nicht. Auch die Schäden an der städtischen Infrastruktur hielten sich in Grenzen. Zehn Liegenschaften wurden beschädigt, aber nur in geringem Umfang. Größere Schäden gab es an der Nikolaus-Schule in Waldorf, in die über zwei Geschosse Wasser eintrat. Auch in die Sechtemer Kita „Die Rübe“ floss Wasser ein, wahrscheinlich wegen des altersbedingt schlechten Zustand des Daches. Nach ersten Prognosen liegen die Schäden an der städtischen Infrastruktur in Bornheim bei etwa 1,7 Millionen Euro, in der benachbarten Gemeinde Swisttal bei gut 90 Millionen Euro. Bornheimer Bürger haben laut Stadtverwaltung bisher etwa 300 000 Euro an Landessoforthilfen abgerufen.

Konsequenzen

Aufgrund des Klimawandels können solche Katastrophen auch künftig nicht ausgeschlossen werden, daher wird die Stadt soll ein umfangreiches Maßnahmenpaket schnüren, gemeinsam mit der Politik und den Bürgern. So nahm bereits unter der Leitung des Bürgermeisters eine Arbeitsgruppe „Hochwasserschutz“ die Arbeit auf. Die 2013 von der Bezirksregierung Köln herausgegebene Gefahrenkarte für Bornheim soll angepasst werden, vor allem sollen dort nun auch die Gefahrenpotenziale kleinerer Bäche berücksichtigt werden. Den Bürgern werden Unterstützungsangebote unterbreitet. Bereits vor der Katastrophe nahm in der Verwaltung eine Mitarbeiterin ihre Arbeit auf, die sich zur Starkregenberaterin schulen ließ. Regenrückhaltebecken und Auffanggitter werden überprüft. Die Reinigung der Auffanggitter in den Bachläufen soll gemeinsam mit den Anwohnern neu organisiert werden, etwa durch eine direkte Meldung an den Wasserverband.

Einrichtungen, die dem Überschwemmungsschutz dienen, werden ebenso überprüft, und die interkommunale Zusammenarbeit in Sachen Hochwasserschutz wird intensiviert. Alle Bürger, die ein Handy besitzen und sich in einer bestimmten Funkzelle bewegen, erhalten künftig Warnmeldungen. Auch auf das analoge Warnsystem setzt die Stadt: „Zum Glück haben wir unser Sirenensystem nicht wie viele andere Kommunen zurückgebaut. Wir stellen finanzielle Mittel für den Kauf von zwei Sirenen pro Jahr zur Verfügung“, so Becker. Er verwies allerdings darauf, dass die Bestellzeiten aktuell bei 18 Monaten liegen. Hauseigentümer werden aufgefordert, Vorsorgemaßnahmen an ihren Gebäuden zu treffen. Unter www.bornheim.de gibt es Infos dazu. Einen kostenlosen Flyer erhalten Eigentümer zudem mit der nächsten Wasserbetriebsabrechnung.

Große Spendenbereitschaft

30 000 Euro gingen bislang auf das städtische Spendenkonto ein. Noch einmal 10 000 Euro Spenden kamen von der Partnerstadt Mittweida aus Sachsen, die zusätzlich 50 000 Sandsäcke spendierte, die von zwei ehrenamtlichen Feuerwehrleuten nach Bornheim gebracht wurden: „Darunter verstehe ich Städtepartnerschaft im besten Sinne“, sagte Christoph Becker.

Rundschau abonnieren