Abo

„Sendungsräume“ statt GemeindenKatholische Kirche in Bonn passt ihre Strukturen an

Lesezeit 3 Minuten
Die Münsterpfarrei St. Martin soll nach dem Vorschlag des Erzbistums künftig einen von fünf Sendungsräumen bilden.

Die Münsterpfarrei St. Martin soll nach dem Vorschlag des Erzbistums künftig einen von fünf Sendungsräumen bilden.

Bonn – Die rund 114 000 Katholiken in Bonn müssen sich auf Veränderungen in ihren gemeindlichen Strukturen einstellen. Die bisherigen sechs Seelsorgebereiche, die mehrere kleinere Pfarreien umfassen, sowie die fünf großen Pfarreien der Stadt werden in fünf sogenannte Sendungsräume eingeteilt. Hier sollen gemeinsame Ressourcen besser genutzt werden.

Das sieht ein Plan des Generalvikariats Köln vor, der im April den leitenden Pfarrern und in der vergangenen Woche den kirchlichen Gremien und Mitarbeitern der pastoralen Dienste vorgestellt in Bonn wurde. Diese Neuausrichtung der Seelsorge ist die erste große Aufgabe, die der neue Stadtdechant Dr. Wolfgang Picken in Angriff nehmen und moderieren muss.

Gründe für die Neuordnung

Weniger Mitglieder, weniger Priester, weniger Kirchensteuern: Vor diesem Hintergrund hat Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki den „Pastoralen Zukunftsweg“ aufstellen lassen, in dem neue Ideen für eine bessere Vernetzung der Gemeinden entwickelt werden sollen. Eine hatte Woelki im Fastenhirtenbrief 2019 dargelegt: in jeder Pfarrei sonntags nur noch eine Eucharistiefeier. Soweit ist man in Bonn noch nicht, in der Stadt leben – auch wegen der hier niedergelassenen Ordensgemeinschaften – nach Angaben Pickens 140 hauptamtliche Seelsorger, die allerdings nicht nur im pastoralen Dienst tätig sind.

Alles zum Thema Rainer Maria Woelki

Die Sendungsräume

Aus Seelsorgebereichen und Pfarreien werden diese fünf Sendungsräume formiert: Bonn-Zentrum (11 900 getaufte Katholiken) mit den Pfarreien St. Martin (Münster) und St. Petrus (Stiftsgemeinde); Bonn-Süd/West (27 100): Seelsorgebereiche Melbtal (Stadtteile Poppelsdorf und Ippendorf) und Süd (Südstadt, Kessenich) sowie Pfarrei St. Maria Magdalena und Christi Auferstehung (Endenich und Röttgen); Bonn-Nord/West (25 100): Pfarrei St. Thomas Morus (Tannenbusch, Auerberg, Graurheindorf) und Pfarrei St. Rochus und Augustins (Duisdorf); Bonn-Beuel (26 100): Seelsorgebereiche „An Rhein und Sieg“, „Am Ennert“ und „Zwischen Rhein und Ennert“. Der bisherige Seelsorgebereich Bad Godesberg (24 000) wird unverändert zum Sendungsraum. Diese Zuschnitte entsprechen denen der im Jahr 2016 abgeschafften Dekanate.

Beratungsprozess

Bis zum Frühjahr 2020 werden die Akteure aus den Seelsorgebereichen und Pfarreien darüber abstimmen, wie sie die pastorale Zukunft für ihren künftigen Sendungsraum sowie die Zusammenarbeit mit Nachbargemeinden sehen. Danach könnte der Erzbischof die neue pastorale Struktur in Bonn verabschieden.

Mögliche Folgen

Einige Änderungen zeichnen sich jetzt schon ab. In St. Petrus geht der leitende Pfarrer Raimund Blanke demnächst in den Ruhestand, in Endenich in anderthalb Jahren Pfarrer Alfons Adelkamp. Pfarrverweser werden ihre Aufgabe übernehmen. Gleiches gilt für den Ennert, wo die Pfarrstelle ab September vakant wird, weil die dort tätigen indischen Karmeliterpatres fortziehen. Wahrscheinlich wird es im Stadtbezirk Beuel mit bisher drei leitenden Pfarrern künftig nur noch einen geben. Picken versprach aber Pfarrvikare für den Ennert und St. Petrus, so dass die Zahl der Priester gleichbleibt. Denkbar ist auch, dass die Mitglieder von St. Elisabeth in der Südstadt beschließen, sie möchten lieber dem Sendungsraum Bonn-Zentrum angehören; dann müsste dieser neu geschnitten werden.

Erwartungen

Stadtdechant Picken glaubt, dass sich die katholische Kirche mit dieser neuen Struktur der Zukunft öffnet. „Wir können nicht die Kirche von gestern sein“, erklärt er und verweist auf Veränderungsprozesse in der deutschen Gesellschaft, etwa was die Versorgung alter Menschen, den Zusammenhalt von Familien oder die weiter aufgehende Schere zwischen Arm und Reich angeht. „Die Gesellschaft bricht auseinander“, und auf diese Umbrüche zu reagieren sei die große Chance der Kirche. Der „Pastorale Zukunftsweg“ sei kein Rückzugsprogramm, auch kein „Gesundschrumpfungsprozess“, sondern ein „Nach-vorne-Denken“, so Picken.

Rundschau abonnieren