Grundgesetz als KunstAusstellung im Bonner Landgericht wurde eröffnet.

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Über die ausgestellten Werke sprachen Präsident Stefan Weismann und Fotograf Herand Müller-Scholtes.

Über die ausgestellten Werke sprachen Präsident Stefan Weismann und Fotograf Herand Müller-Scholtes.

Bonn – Vor 70 Jahren, im Mai 1949, wurde in Bonn das Grundgesetz verabschiedet. In den acht Monaten, die der Parlamentarische Rat über die Verfassung diskutiert hatte, sei der „Boden für die Entwicklung der besten Gesellschaft gelegt worden, die es je auf deutschem Boden gegeben hat“, sagte Dr. Stefan Weismann, Präsident des Bonner Landgerichts, als er in dem Haus an der Wilhelmstraße eine Kunstausstellung eröffnete, die sich mit dem Grundgesetz beschäftigt.

Die Idee, sich künstlerisch den 144 Artikeln der Verfassung zu nähern, entstand in der Kunstwerkstatt arte fact in der Graurheindorfer Straße 69. Hier ratterten früher die Maschinen der Druckerei Stodieck, welche die ersten Exemplare des Grundgesetzes produziert hatte. Tobias Stutz, der Kurse in arte fact anbietet und Vorstandsmitglied der Ateliergemeinschaft „Kunstbrennerei“ ist, und der Fotograf Herand Müller-Scholtes von der Künstlergruppe „Amorph“ luden 90 Kollegen ein, zu jedem Artikel des Grundgesetzes und zur Präambel ein Kunstwerk zu schaffen, egal ob Gemälde, Foto, Grafik oder Objekt. Einzige Bedingung: Die Maße 40 mal 40 Zentimeter mussten eingehalten werden.

Werk zum Artikel 1 – „Die Würde des Menschen ist unantastbar“

Ein Werk zum Artikel 1 – „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – zu schaffen, scheint verhältnismäßig leicht zu sein, aber wie setzt man den Artikel 107, der sich mit dem Länderfinanzausgleich beschäftigt, schöpferisch um? Ricarda Rommerscheidt hat eine Plastik aus weißen, ineinander verschachtelten Hölzern gebaut, die sie „Balanceakt“ nannte. Wer gelegentlich die Verhandlungen von Bund und Ländern über die Steuerverteilung verfolgt, weiß, wie recht sie mit diesem Titel hat. Der Artikel 78 legt fest, wie ein Gesetz zustande kommt, nämlich durch Zustimmung des Bundesrats. Für Stefanie Spilles gleicht dieses Prozedere einer feinen Handarbeit: Sie hat den Text der Verfassungsbestimmung gestickt und in einen runden Rahmen gefasst.

Zum Schmunzeln regt das Werk von Mandana Mesgarzadah an: Sie hat ein schlichtes Schild gefertigt mit den Sätzen „Gehen Sie weiter. Der Artikel wird Ihnen erlassen“. Es geht, man ahnt es, um den Artikel 80 mit der Überschrift „Erlass von Rechtsverordnungen“. Bettina Guckler hat auf ein Holzpaneel Nägel geschlagen, welche die Konturen des Bundesadlers andeuten; darunter befinden sich die Wappen der 16 Bundesländer. Die Künstlerin nimmt Bezug auf Artikel 70, der die Zuständigkeiten von Bund und Ländern erläutert. „Justitia ist keine Lottofee“ hat Miriam Eva Hofmann unter ein Plastikkästchen voller Lose geschrieben. Sie setzt sich mit Artikel 19 auseinander, in dem es unter anderem heißt, dass jedem der Rechtsweg offensteht – natürlich auch im Landgericht.

Öffnungszeiten

Die Ausstellung „70 Jahre Grundgesetz –144 künstlerische Positionen“ ist bis zum 5. Februar im Landgericht Bonn, Wilhelmstraße 21, montags bis freitags von 7.30 Uhr bis 16 Uhr, zu sehen. Landgerichtspräsident Weismann lädt ausdrücklich Schulen ein, die Ausstellung zu besuchen. Es werden Führungen angeboten, Exemplare des Grundgesetzes liegen aus, um die in den Kunstwerken angedeuteten Artikel nachlesen zu können. (dbr)

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