Jüdische FamilieMitten aus dem Leben gerissen

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Dietmar Pertz und Astrid Mehmel erläuterten die Geschichte der Klabers in Rheinbach.

Dietmar Pertz und Astrid Mehmel erläuterten die Geschichte der Klabers in Rheinbach.

Rheinbach – Sie war eine ganz normale Familie, und ihr Schicksal zeigt, dass Deutschland in der Nazizeit nicht nur seine jüdischen Akademiker verlor, sondern dass auch der „ganz normale kleine Mann“ ermordet wurde.

Die Geschichte der jüdischen Familie Klaber aus dem Rheinland, über die außergewöhnlich viele Fotos und Dokumente erhalten sind, wird derzeit im Foyer des Rheinbacher Rathauses dokumentiert. Die Schau hat die Bonner Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus mit Unterstützung der Landeszentrale für politische Bildung zusammengestellt, sie war im Herbst bereits in Bonn zu sehen.

Rheinbachs Stadtarchivar Dietmar Pertz, der die Schau zusammen mit Peter Mohr in die Voreifel geholt hat, ergänzte die Schau noch um Angaben über die Geschichte der hiesigen Linie der Familie und Teile des Stammbaums.

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, so erläuterte Astrid Mehmel, Leiterin der Bonner Gedenkstätte An der Synagoge, ließen sich die Klabers in Zülpich nieder. Zwei Generationen später waren die Mitglieder von Moses Klabers großer Familie in verschiedenen Leitberufen des Landjudentums etabliert. Als überzeugte deutsche Bürger dienten sie als Soldaten im Ersten Weltkrieg. Einige erlangten bescheidenen Wohlstand, bevor sie unter der NS-Herrschaft ihrer bürgerlichen Rechte beraubt, ausgegrenzt und verfolgt wurden.

Die meisten Mitglieder der Familie wurden deportiert und ermordet, nur wenige überlebten. Margot Epstein, geboren und aufgewachsen in Bonn, hat bei ihrer Flucht 1939 nach Großbritannien und weiter in die USA viele persönliche Fotos und Dokumente retten können. Sie bilden, eingeordnet in den geschichtlichen Kontext, das Fundament der Schau. Aus Rheinbach werden Dokumente von Clementine und Hermann Klaber gezeigt. Hermann Klaber heiratete 1929 nach Rheinbach, betrieb hier ein Rauch- und Schreibwarengeschäft und war Mitglied der Sozialdemokraten. Noch nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 hatte er auf der Liste der SPD für den Stadtrat kandidiert. Das Ehepaar wurde 1941 in das Ghetto Litzmannstadt (Łódz) deportiert und im Mai 1942 in Kulmhof (Chełmno) ermordet. Auch ihnen möchte eine Rheinbacher Initiative mit der Verlegung von Stolpersteinen einen würdigen Platz in der Stadtgeschichte verschaffen. (Bir)

Die Ausstellung ist bis zum 30. April im Rathaus zu sehen. Am 23. und 30. April bieten die Kuratoren Astrid Mehmel und Björn Dzieran jeweils um 17 Uhr Führungen an. Besuche von Schulklassen sind dienstags und donnerstags vormittags möglich. Anmeldung im Stadtarchiv, Tel.: (0 22 26) 917 150.

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