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„20.000 Euro zu viel für Pflege kassiert“Gericht verurteilt Gladbacher Seniorenheim

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Ein alter Mensch wird gepflegt (Symbolfoto).

Bergisch Gladbach/Köln – Das Seniorenzentrum Saaler Mühle der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Bergisch Gladbach muss einer Bewohnerin mehr als 20.000 Euro zurückzahlen. Das hat das Kölner Landgericht entschieden. Die AWO kündigte Berufung an.

Bei dem Betrag handelt es sich um Entgelterhöhungen, die die AWO ohne Zustimmung geltend gemacht und abgebucht hatte. Nach Ansicht der „Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen eV“ (BIVA), die die Bewohnerin unterstützt hatte, könnte das Urteil „wegweisend“ für die Pflegebranche sein. 

Seit 2016 wohnhaft im Seniorenheim

Entgelterhöhungen im Pflegeheim sind nur dann wirksam, wenn die Betroffenen zugestimmt haben, so die in Bonn sitzende BIVA. „Obwohl es mit dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) ein Verbraucherschutzgesetz für Pflegebedürftige gibt, halten sich sogar große Einrichtungsträger oft nicht daran“, sagt BIVA-Rechtsberater Markus Sutorius. Aktuell sei der Verbraucherschutz im Pflegebereich trotz gesetzlicher Regelungen „praktisch nicht existent“.

Die betroffene alte Dame lebt seit 2016 im Seniorenzentrum Saaler Mühle. Die AWO hatte in den vergangenen Jahren mehrfach Entgelterhöhungen ohne Zustimmung durchgeführt – und das, obwohl die Bewohnerin diesen Erhöhungsbegehren sogar in zahlreichen Schreiben und E-Mails widersprochen hatte. Dennoch wurden die erhöhten Heimentgelte jeden Monat von ihrem Konto eingezogen.

Gericht: Heim hätte Erhöhung nicht abbuchen dürfen

Dagegen zog die alte Dame vor Gericht. Die 15. Kölner Zivilkammer entschied jetzt, dass die Einrichtung die Erhöhungsbeträge nicht vom Konto hätte abbuchen dürfen und diese nun zurückzahlen muss. Die AWO habe die über die ursprünglich vereinbarten monatlich 3652,83 Euro hinausgehenden monatlichen Zahlungen, insgesamt 20.739,87 Euro plus Zinsen, ohne einen „rechtlichen Grund“ eingezogen.

Wörtlich heißt es in dem der Redaktion vorliegenden Urteil: „Ein rechtlicher Grund ergibt sich insbesondere nicht aus dem zwischen den Parteien bestehenden Pflegevertrag, da die Klägerin den Erhöhungsverlangen der Beklagten nicht zugestimmt hat.“

Ablehnung einer Kündigung heißt nicht Zustimmung

Vielmehr sei mit der Erklärung „Zur Kenntnis genommen, jedoch keine Vertragsanerkenntnis“ das Gegenteil zum Ausdruck gebracht worden. Daran habe sich auch später nichts geändert. Das Gericht weiter: „Die Äußerung, es sei keine Kündigung gewünscht, kann in Anbetracht der ausdrücklich erklärten Widersprüche nicht als Zustimmung gewertet werden.“

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Die AWO wollte sich mit Hinweis auf das „laufende Verfahren“ nicht weiter äußern. „Wir sind mit dem Urteil nicht einverstanden, haben eine ganz andere Rechtsauffassung und Berufung zum OLG eingelegt“, sagt Isolde Weber, Pressesprecherin der AWO Mittelrhein.

LG Köln, Az. 15 O 350/21

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