„Spritze drin - Lappen weg“Meckenheimer Senior hat Unfall nach Corona-Impfung

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An dieser Ausfahrt von einem Supermarktgrundstück in Röttgen geschah der Unfall.

Meckenheim/Bonn – Der Rentner Reiner B. sieht einen Zusammenhang zwischen seiner Corona-Impfung und seinem autofahrerischen Können – beziehungsweise Versagen. Allerdings habe ihn „kein Mediziner“ über die Folgen der Impfung aufgeklärt. Nach einem Zusammenstoß mit einem Taxi im Bonner Stadtgebiet führt der 77-Jährige nun einen Schriftkrieg mit den Behörden, die seinen Führerschein auf Dauer  kassieren wollen. 

Für Fahrpause nach der Impfung

Seine Anregung: eine dreiwöchige Fahr-Pause für frischgeimpfte Senioren und Turnübungen vor jeder Autofahrt kurz nach dem Gebrauch eines Mund-Nasen-Schutzes. 

An den Polizeipräsidenten hat Reiner B. geschrieben und eine Fachaufsichtsbeschwerde gegen eine Polizistin sowie das Verkehrskommissariat 2 eingereicht. Der Schriftverkehr legt bloß, wo das Problem liegt: Die Polizei habe  ihn nach dem Unfall auf der Reichsstraße in Röttgen, der nur eine Bagatelle gewesen sei,  nicht ausreichend gehört und „schlampig recherchiert“. So habe die Beamtin protokolliert, er sei vom Tankstellengelände gekommen, obwohl er beim Aldi war (beide Firmen haben eine gemeinsame Ausfahrt). Mit dem Taxifahrer, mit dessen Auto er kollidierte, habe sich die Polizistin vor Ort eine halbe Stunde befasst, mit ihm aber keine fünf Minuten. Den Zeugen des Geschehens bezeichnet der Mann kurzum als „obskur“.

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Taxi fuhr angeblich zu schnell

Das  Taxi sei, so schätzt er, mit  65 Stundenkilometern schlicht zu schnell gefahren. Noch wenige Meter vor der Unfallstelle erinnert ein Schild an Tempo 50. „Wie die von der Polizei angefertigte Skizze zeigt, touchierte ich lediglich das Heck des Taxis“, argumentiert der Mann in einer Stellungnahme  an das Straßenverkehrsamt. „Geschickte Fahrmanöver“ – von ihm und dem „Unfallmitverursacher“ – hätten „einen schweren Frontalzusammenstoß“ verhindert. Die Polizei bezweifelt indes, dass der Rentner überhaupt die Kontrolle über sein Fahrzeug hatte. Er habe dem Eindruck nach wohl Gas- und Bremspedal verwechselt. Der Rentner verwahrt sich indes davor, dass Polizisten überhaupt ihrem „Eindruck“ nachzugeben hätten.

Kritik an der Polizei

Ihren Eindruck gewann die Polizistin unter anderem dadurch, dass sie dem  Unfallverursacher auf dem Weg  Richtung Meckenheim einige Hundert Meter folgte. Dabei sei er „auffällig langsam“ – etwa 30 oder 40 – gefahren, wo Tempo 50 als Limit ausgeschildert ist. Der Beschwerdeführer, der sich auf eine „schwierige Verkehrssituation“ beruft, spricht der Polizistin wegen dieses Hinweises jede Eignung ab, junge Polizisten auszubilden, denn sie habe  „unsere Straßenverkehrsordnung nur unzureichend reflektiert“ und verstehe „den Sinn einer defensiven Fahrweise überhaupt nicht“.

Rentner spricht von "defensiver Fahrweise"

Er habe mehr als 300 000 Kilometer zurückgelegt, ohne Unfall, ohne Personenschaden und ohne einen Punkt in der Flensburger Verkehrssünderkartei. Er wisse auch, dass er „kein allzuguter Autofahrer“ sei. 

Die Polizei  ging indes offensiv an das Beobachtete heran: Sie  forderte den Mann dazu auf, seinen Führerschein freiwillig abzugeben, informierte dann die Führerscheinstelle des Rhein-Sieg-Kreises. Für Reiner B. ist dies ein „erschütterndes Dokument der Altersdiskriminierung“. Der Rhein-Sieg-Kreis nahm auf Anfrage der Bonner Rundschau nicht zu den Vorwürfen Stellung. Es käme häufiger vor, dass sich alte Menschen gegen den Entzug der Fahrerlaubnis wehrten, so ein Sprecher Antonius Nolden.

Polizistin stellte Einschränkung beim Gehen fest

Dass die Polizistin  ihn als „schwankend beim Gehen und in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt“ beschrieb, „steif und unbeweglich beim Ausführen des Schulterblicks“ und „äußerst unsicher in der Fahrweise“ führt  B. auf die kurz zuvor erfolgte Corona-Impfung zurück - und auf das Tragen einer Maske, wie er sie im Supermarkt habe benutzen müssen. Denn – und dies werde nirgends erörtert – sei ein vorerkrankter Autofahrer, „der sich sofort nach dem Einkauf ans Steuer setzt“ (gemeint ist, nach dem Tragen der Maske) „in seiner Reaktionsfähigkeit beeinträchtigt. Leider habe er am Tag des Unfalls „keine Zeit“ für eine „fünfminütige Atempause“ (gemeint ist zum Durchatmen) oder „ein paar Gymnastikübungen“ zur Sauerstoffversorgung des Gehirns gehabt. Dies bedaure er inzwischen.

Keine Anzeige gegen die Polizei

Nach der Impfung spürte der Mann  „starke Müdigkeit, verlangsamtes Schritt-Tempo, Schwanken und Herzrasen“ bei der kleinsten Anstrengung – dennoch hatte er sein Auto gefahren. Für einen leitenden Polizisten lag genau darum der „Verdacht einer Straftat wegen Gefährdung des Straßenverkehrs“ nah – aus Sicht des Rentners bloß ein Manöver, ihn einzuschüchtern. Die Ermittlungen zu dem Unfall seien ja rechtlich abgeschlossen, da er – wenn auch nur unter dem Druck der Polizistin – das Verwarngeld von 35 Euro akzeptiert habe. Er werde aber „mit Rücksicht auf die überlasteten Gerichte keinen Strafantrag gegen den Polizisten stellen.“ 

Von einem „klugen Richter“ wolle er stattdessen  nun gerne erfahren, „wie sich geimpfte Senioren verhalten sollen“, teilte der Rentner der Rundschau mit.

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