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Huber GmbH in MeckenheimCorona gibt insolventer Firma wieder Auftrieb

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Was macht ein Zerspanungsmechaniker? Andreas Willems, Stefan Lohr, Holger Jung und Landrat Sebastian Schuster (v.l.) schauten Techniker Andreas Lenz über die Schulte, dessen Arbeitsplatz von Insolvenzverwalter Andreas Schulte-Beckhausen abhing.

Was macht ein Zerspanungsmechaniker? Andreas Willems, Stefan Lohr, Holger Jung und Landrat Sebastian Schuster (v.l.) schauten Techniker Andreas Lenz über die Schulte, dessen Arbeitsplatz von Insolvenzverwalter Andreas Schulte-Beckhausen abhing.

Meckenheim – Der Bonner Rechtsanwalt Dr. Schulte-Beckhausen ist mehr als 25 Jahre im Bereich der Konkurs- und Insolvenzverwaltung sowie der Sanierungsberatung zu Hause. Seitdem er den Fortbestand des alteingesessenen Meckenheimer Unternehmens Huber Präzisionsdreh- und Frästechnik GmbH erfolgreich sicherstellen konnte, kennt sich der Jurist nun auch mit technischen Begrifflichkeiten aus, wie er selber sagt.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens hatte Schulte-Beckhausen mehr als ein Jahr lang den Betrieb in eigener Regie fortgeführt. Die Schublehre etwa, erklärte der Insolvenzverwalter bei einer Betriebsbegehung vor Ort, sei eines der wichtigsten Instrumente des Drehmaschineneinrichters Viktor Vogt. Das Längenmessgerät, vielen auch als Messschieber bekannt, ist bedeutsam etwa bei der genauen Abmessung der angefertigten Präzisionsdrehteile und artverwandten Erzeugnisse aus Metall, Kunststoff und anderen Materialien, wie sie seit Jahrzehnten an der Feldstraße im Meckenheimer Industriegebiet hergestellt werden.

Geländer für Kreuzfahrtschiffe

„Wir haben schon Teile für Geländer der Aida-Kreuzfahrtschiffe hergestellt“, führte Schulte-Beckhausen aus. Eine Sonderanfertigung seien auch metallene Zierknöpfe für Leuchten oder Metallgabeln. Die Metallstücke werden im Unternehmen selbst zugeschnitten und dann von Vogt so lange in der Maschine bearbeitet, bis sie ihre perfekte rundliche Form erreicht haben. Viktor Vogt ist einer von derzeit 35 Angestellten, deren Arbeitsplätze durch erfolgreiche Konsolidierungsmaßnahmen erhalten blieben. Sieben Kollegen wurden pensioniert. Durch die Maßnahmen schaffte Schulte-Beckhausen die Voraussetzungen für eine sogenannte „übertragende Sanierung“, bei der „eine neue Gesellschaft am Start ist und die alten Probleme beim Insolvenzverwalter bleiben“. Den Geschäftsbetrieb der insolventen Firma Huber übernahm zum 1. Juni die Lohr Präzision Technologies in Heiligenhaus. Geschäftsführer und Gründer des Automobilzulieferers ist Stefan Lohr aus Bad Salzuflen (Teutoburger Wald).

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Für seine innovativen Konzepte war dem Unternehmer in der Vergangenheit bereits das Qualitätssiegel „Made for Germany“ verliehen worden. Mit der Auszeichnung würdigt die Medienplattform „Deutsches Business.TV“ Unternehmen, die den Standort Deutschland stärken und sich mit ihrem Handeln und ihren Aktivitäten verdient gemacht haben. So entwickelte Lohr ein Patent, bei dem ein Scharnier in einem Stück gefertigt wird und dann 60 Prozent leichter ist als herkömmliche Gelenke. Wichtig sind für Lohr nachhaltige Konzepte: „Es macht keinen Sinn, 200 Bauteile von China nach Deutschland zu schicken. Wir kaufen alles regional und verarbeiten es vor Ort.“ Die Unternehmen in Heiligenhaus und Meckenheim seien nicht zu vergleichen, so Lohr: „Die Geschäftsmodelle sind unterschiedlich, werden sich aber sicherlich ergänzen.“

Erhalt von Arbeitsplätzen „sehr gut gelungen“

Durch die Einbindung neuer Fertigungstechnologien und zusätzliche „hoch qualifizierte Mitarbeiter sehen die neuen Eigentümer weiteres Potenzial“, ergänzte Andreas Willems, ein Spezialist für Unternehmensfusionen und Übernahmen, von der Adwin Consulting GmbH aus Siegburg. Mit der Übertragung des gesamten Geschäftsbetriebes auf die Lohr Präzision Technologies sei der Erhalt von Arbeitsplätzen „sehr gut gelungen“, betonte Schulte-Beckhausen. Zudem habe die Corona-Krise einen Effekt gehabt, denn hohe Qualität zu vernünftigen Preisen in Deutschland kaufen zu können, habe neue Interessenten angelockt.

Meckenheims Erster Beigeordneter Holger Jung gab seiner Freude darüber Ausdruck, dass aus der Insolvenz etwas Neues entstanden sei: „Wir sind froh, dass Arbeitsplätze erhalten bleiben und sich der Standort weiterentwickelt.“ Dies sei ein wichtiges Zeichen, „gerade in dieser Zeit.“ Landrat Sebastian Schuster forderte Unternehmer dazu auf, Hilfen in Anspruch zu nehmen und den Mut zu haben, ihre Betriebe zu sanieren und fortzuführen: „Es gibt konstruktive Ansätze, Unternehmen zu retten.“

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