Landwirte kämpfen mit der TrockenheitObstanbau nur noch mit Bewässerung

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Die Landwirte in der Region kämpfen mit der Trockenheit.

Die Landwirte in der Region kämpfen mit der Trockenheit.

Rhein-Sieg-Kreis/Meckenheim – Es zischt im Rohr, die Schläuche blähen sich und die Köpfe der rund zwei Dutzend Regner auf dem Erdbeerfeld des Meckenheimer Obstbauern Karl Josef Schneider setzen sich in Bewegung. 25.000 Liter Wasser können stündlich vom Hydranten am Feldrand durch die am Boden liegenden Schläuche auf das in der Nähe des Campus Klein-Altendorf gelegene Feld fließen, das bei der augenblicklichen Trockenheit jeden zweiten Tag meist am Abend etwa zwei Stunden lang bewässert wird. An besonders heißen Tagen dreht der Landwirt das Wasser manchmal auch nachmittags auf, um Pflanzen und Früchte zu kühlen, „damit die Erdbeeren nicht schon auf dem Feld zu Marmelade werden.“

Hintergrund

„Anlass zur Sorge“

Obstanlagen zu bewässern, „war in früheren Zeiten gar nicht üblich, weil nicht nötig“, sagt Bernhard Rüb, Sprecher der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. Die wenigen Millimeter Regen lösen das Problem nicht. Allerdings hätten in NRW die wenigsten Landwirte einen eigenen Brunnen, und Wasser aus der Leitung ist teuer, weiß Rüb. Wasser- und Bodenverbände seien daher sinnvoll. Der Bereich Obst und Gemüse habe zurzeit gleich drei Probleme: „Die fehlenden Saisonarbeitskräfte, den wegen Corona eingebrochenen Markt und die Trockenheit“, zählt Rüb auf. Gut 30 Prozent Umsatz fehlten den Spargelbauern wegen der Gastronomie, die keine Ware abgenommen hat, „das ist nicht mehr aufzuholen“, so Rüb. Anlass zur Sorge gebe auch der Grünland-Bereich: „Wir hatten schon zwei trockene Jahre, es gibt keine Futtervorräte mehr für das Vieh, es muss teuer zugekauft werden.“ Schon 2019 seien viele Tiere schon vorzeitig zum Schlachthof geschickt worden. Außerdem sei das Verfahren, Dürrebeihilfen zu beantragen, recht kompliziert.

Wie kann man vor diesem Hintergrund denn noch junge Menschen dafür begeistern, Landwirte zu werden? „Manche verfolgen ein spezielles Konzept. Hofläden beispielsweise waren während der Corona-Zeit stark gefragt.“

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Es sei schwierig für die Landwirte, sich auf die Wetterkapriolen einzustellen. „Es gibt keine Knopfdruck-Umstellung, man kann nicht einfach Pflanzen aus anderen Kulturen verwenden, schließlich müssen die auch frostresistent sein. Rüb: „Und Kakteen können wir hier nun mal nicht anbauen.“ (jr)

Verband fordert Dürreversicherung

„Ob uns eine neue Dürre bevorsteht, können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Die Prognosen des Deutschen Wetterdienstes (DWD), dass es weiter kaum regnen soll, sind aber verheerend. Da helfen auch drei Tage Regen in den nächsten Tagen nicht viel“, sagt Andrea Hornfischer, Sprecherin des Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes (RLV), auf Anfrage. Der RLV ist seit über 70 Jahren die einheitliche Berufsvertretung für die Bauern mit ihren Familien im Rheinland.

„Die aktuell trockenen Böden treiben den Bauern tiefe Sorgenfalten ins Gesicht. Trotzdem bleibt es Glaskugel lesen, ob wir in diesem Jahr die dritte Dürre in Folge erleiden. Entscheidend ist jetzt, wie es in den nächsten Wochen weitergeht. Wir brauchen dringend Niederschläge. Aber solange die nicht in Aussicht sind, wird die Situation sicher nicht besser. Im Mai hat es laut DWD weniger als ein Viertel des durchschnittlichen Niederschlags gegeben – also viel zu wenig. Wir hoffen, dass der angekündigte Regen zumindest etwas Entspannung bringt.“

Ein drittes Dürrejahr in Folge würde die Bauern sehr schwer belasten. Die Tierhalter müssten erneut Futter zukaufen, die Erträge könnten geringer und der Schädlingsbefall höher ausfallen. Das gefährde die Betriebe – zusätzlich zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie – in ihrer Existenz. All dies erfordert aus Sicht des mit Blick auf die Diskussion zur Neuausrichtung der Agrarpolitik die Förderung von Versicherungslösungen in den Blick zunehmen. Das Ausmaß der unvorhersehbaren Risiken nimmt in einem Maß zu, dass er einzelne Landwirt kaum noch absichern kann. „Wir fordern eine Dürreversicherung. Diese gibt es in vielen Ländern bereits und kann die Landwirte gegen die Ertragsverluste durch Trockenheit absichern.“ (jr)

Insgesamt zwei Hektar werden momentan bewässert, denn nach dem schneearmen Winter und dem niederschlagsarmen Frühjahr ist es sehr trocken unter den Pflanzen. Der Regen, der bisher gefallen sei, habe nur „den Staub von den Blättern gewaschen, aber nicht wirklich die Erde durchweicht“, stellt Schneider fest. Die Regner verteilen das Nass in einem Radius von acht Metern gleichmäßig über dem vor drei Jahren angelegten Areal, dessen Pflanzen Schneider von Anfang an Wasser zuführen musste. Auch die angrenzende Apfelplantage leidet unter der Trockenheit. Dort sollen bald die alten durch junge Bäume ersetzt werden, die dann direkt an eine überirdische Tropfenbewässerungsanlage angeschlossen werden. In den anderthalb Hektar großen Apfelplantagen neben seinem Hof hat Schneider bereits eine solche Anlage eingerichtet: Zwei Tropfer pro Meter versorgen die Bäume direkt an der Wurzel mit Wasser, bis zu 1,6 Liter können stündlich fließen. Bei dieser Methode wird kein Wasser verschwendet, und die Äpfel erhalten dennoch ausreichend Flüssigkeit zum Wachsen. Die Tröpfchenbewässerung der Bäume erfolgt wie die Bewässerung der Erdbeeren über ein Leitungssystem, das an Hydranten angeschlossen ist. Diese vom Wasser- und Bodenverband Meckenheim finanzierte Ringleitung zieht das Wasser aus mehreren Brunnen, einer davon befindet sich hinter dem Bahnhof an der Kalkofenstraße. Mit einem bis zu 4000 Liter fassenden Tankwagen fährt der Bauer die Ecken seiner Felder ab, die an keinem Hydranten liegen. Das sei jedoch „sehr aufwendig“, so Schneider.

Angesichts des spürbaren Klimawandels, der den Landwirten bundesweit das dritte trockene Frühjahr in Folge bescherte, plant Karl Josef Schneider in Zukunft weitere Bewässerungsanlagen zu installieren. „Neu angelegte Apfelplantagen werden auf jeden Fall direkt mit solchen Anlagen versorgt“, betont der Obstbauer, der in den 1980er Jahren noch Erdbeeren ohne zusätzliche Wassergaben produzierte. „Heute wäre das undenkbar, gerade das Beerenobst braucht nun zusätzlich regelmäßig Wasser.“

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Bewässerung ist inzwischen aber auch beim Kern- und Steinobst, also bei Äpfeln, Zwetschgen und Kirschen, vonnöten. „Mein Wunsch wäre es, in Zukunft alle meine Obstanlagen bewässern zu können“, sagt Schneider, der seinen Hof auf den Klimawandel einstellen möchte. Peu à peu soll in Zukunft in Anlagen zur Bewässerung von immerhin rund 20 Hektar Anbaufläche investiert werden, so wie es die Mittel erlauben. Die Umrüstung seines Hofes sei jedoch nicht nur eine Frage der Kosten, sondern auch eine Frage der Wasserverfügbarkeit, betont Schneider: „Wenn alle an einem heißen Tag gleichzeitig bewässern wollen, könnte das zum Problem werden, denn das Wasser aus dem Leitungsnetz ist nicht in unbegrenzten Mengen verfügbar, und die Pumpen stoßen an ihr Limit.“

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