Neuer WochenmarktSo machen sich Meckenheimer Landwirte fit für die Zukunft

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Vorrangig Äpfel bauen Michael und Monika Rönn an, hier mit ihren Kindern Mika (l.) und Matti. 

Vorrangig Äpfel bauen Michael und Monika Rönn an, hier mit ihren Kindern Mika (l.) und Matti. 

Meckenheim-Altendorf – Sei es die Gründung einer sogenannten Solidarischen Landwirtschaft (Solawi), die Einrichtung einer „Marktschwärmerei“, seien es Apfelpatenschaften oder außerschulische pädagogische Lernangebote – die Landwirte Monika und Michael Rönn aus Ersdorf müssen sich einiges einfallen lassen, um ihren Hof zukunftssicher aufzustellen.

Grund dafür, dass viele Unternehmer auf weitere Einkommensquellen wie Biogas oder Fotovoltaik zurückgreifen, ist der Strukturwandel in der Landwirtschaft. Die Veränderung der Wirtschaftsstruktur über die Jahrzehnte hat in ganz Nordrhein-Westfalen und auch im Kreis zur Schließung zahlreicher Höfe geführt.

„Es bleibt ein schwieriges Gewerbe“

Betroffen sind vor allem kleine Betriebe, denen ohne ausreichende Erträge oder eine rentable Einkommenskombination oftmals die Existenzgrundlage fehlt. „Der Strukturwandel trägt mit dazu bei, dass Landwirtschaft ein schwieriges Gewerbe bleibt“, bekräftigt Monika Rönn. Gemeinsam mit ihrem Mann Michael bewirtschaftet die gelernte Hotelkauffrau und Agrarbetriebswirtin in spe den Familienbetrieb in dritter Generation.

Statistik

Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe im Rhein-Sieg-Kreis belief sich laut Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen im Jahr 2016 auf 896, das sind 129 weniger als 2010. Festzustellen sei, dass über die Jahre die Anzahl der kleinen und mittleren Betriebe gesunken, die Anzahl der großen 100 bis 200 Hektar Betriebe gestiegen sei. Seit 2010 wurden 20 Betriebe mit einer Größe von 200 und mehr Hektar gezählt, 2016 waren es bereits 27.

In Meckenheim gibt es nach einer Agrarstrukturerhebung von 2016 genau 41 landwirtschaftliche Betriebe, die rund 1730 Hektar bewirtschaften, es gibt knapp 560 Hektar Baumobstanlagen. Von 15 Betrieben mit 20 bis unter 50 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche werden insgesamt rund 470 Hektar bewirtschaftet. Auf drei Betriebe entfallen laut Landwirtschaftskammer mehr als 700 Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche. (gvt)

Der Obsthof zählt mit seinen 30 Hektar zu den Höfen mittlerer Größe, angebaut werden seit den 1980er Jahren überwiegend Äpfel (25 Hektar), hinzu kommen Birnen, Kürbisse, Johannisbeeren und Sauerkirschen. Rund 45 Saisonkräfte arbeiten das Jahr über auf den Feldern. Momentan sind Michael Rönn, er ist gelernter Gärtnermeister, und seine Frau dabei, den Betrieb zu verkleinern und auf anerkannte ökologische Produktion umzustellen. Zusätzlich wird nach den Richtlinien der Anbauverbände Bioland und Naturland gearbeitet.

Neue Markt-Idee für frischen Wind

Beiden ist klar, dass sie ihre Produktpalette breiter aufstellen und auch querdenken müssen, damit ihr Betrieb weiterhin eine Chance hat. Dabei suchen sie nicht die Lösung in der Vergrößerung ihres Betriebs, sondern in Diversifizierung, das heißt Ausweitung des Leistungsprogramms auf neue Produkte und auch neue Märkte. Ein Beispiel ist der Start eines „Marktschwärmer“-Wochenmarktes auf ihrem Ersdorfer Hof am Samstag.

Die Idee ist einfach: Die Verbraucher können Waren via Internet bestellen und bezahlen und diese bei der Eröffnung vor Ort bis 12 Uhr abholen. Ein solcher Wochenmarkt, der den Kunden den direkten Kontakt zu Erzeugern ermögliche, fehle im Dorf, stellt Monika Rönn fest. Vorteil der „Marktschwärmerei“ sei es außerdem, dass Dank der Vorbestellung über den Onlineshop der Erzeuger exakt planen kann und unnötige Kühl- und Transportkosten sowie die Verschwendung verderblicher Ware vermieden würden.

Wochenmarkt

„Alles Gute kommt von hier“ ist das Motto des „Marktschwärmer“-Wochenmarktes, der am Samstag, 27. April, 10.30 Uhr auf dem Obsthof Rönn an der Pater-Müller-Str. 1 in Meckenheim-Ersdorf startet. Bis 12 Uhr sind die Nachbarschaft und alle Interessierten zum Kennenlernen und Probieren herzlich eingeladen. Danach findet der Markt für vorbestellte Ware immer samstags zur selben Zeit statt.

Gastgeberin ist Renate Schlagheck. Nach langer Vorbereitung wird sie ab sofort den wöchentlichen Markt in Ersdorf betreuen und dafür sorgen, dass hochwertige Lebensmittel aus der Region dorthin gelangen, wo sie bisher fehlen. Die Lebensmittel stammen ausschließlich von bäuerlichen Erzeugern, Lebensmittel-Handwerkern und kleineren Manufakturen aus der Region. Zum Sortiment gehören Obst und Gemüse, Fleisch und Wurstwaren, Brot, Honig, Käse und Molkereiprodukte sowie ausgewählte Feinkostwaren. Kontakt: www.marktschwaermer.de; E-mail: r.schlagheck@gmx.de (gvt)

Wie bei so vielen Betrieben gewinnt auf diese Weise auch bei Familie Rönn die Direktvermarktung an Relevanz: „Das, was wir haben, wollen wir mit mehr Gewinn an den Endkunden verkaufen. Im Großhandel hingegen bleiben uns oft gar keine Einkünfte“, sagen sie. In einem schlechten Jahr mache der Betrieb sogar Verluste. So geschehen 2017, als eine Frostnacht im April den Großteil der Ernte vernichtete. Ein Plan für die Bewirtschaftung des Hofes sei für die nächsten zehn Jahre vorhanden, erzählt Monika Rönn. Dann wollen die 41-Jährige und ihr Mann den Betrieb verkleinern, weil sie nicht davon ausgehen, dass ihre Kinder übernehmen werden.

Äpfel bringen wenig Gewinn

Die Gründe dafür sind so einfach wie traurig. Der Druck auf die Bauern nehme zu, während die Wertschätzung in der Bevölkerung sogar im eigenen Dorf schwinde: „Manchmal fragen wir uns, warum wir das eigentlich noch machen.“ Festzustellen sei, dass nur noch wenige einen direkten Bezug zur Landwirtschaft hätten. Entsprechend gering sei darum beispielsweise die Akzeptanz von Traktoren auf den Feldwegen oder von Pflanzenschutzmaßnahmen, von denen sich Spaziergänger gestört fühlten. Gerade in einem Biobetrieb sei jedoch die regelmäßige Behandlung der Bäume unabdingbar. Wird zum Beispiel Backpulver gegen Pilzinfektionen gesprüht, muss sogar häufiger gefahren werden, „denn beim nächsten Regen ist das Pulver wieder weg“.

Als weiteren wichtigen Grund für das geplante Ausscheiden nennt Monika Rönn die geringe Gewinnspanne beim Absatz der Äpfel über den Großhandel. In den vergangenen Jahre habe der Durchschnittsertrag bei 38 Cent pro Kilo gelegen, „ zu wenig“, wie sie sagt. Um Preise selber bestimmen zu können versuchen Michael und Monika Rönn darum, mehr auf Qualität als auf Quantität zu setzen. Ob die Umstellung auf Bio-Produkte in den nächsten Jahren erfolgreich sein wird, sei noch nicht absehbar. Doch haben sie bereits die Erfahrung gemacht, dass viele Verbraucher nicht bereit sind, angemessene Preise für gute Ware zu bezahlen. „Seit der Umstellung des Anbaus im August 2016 verkaufen wir weniger.“

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