NachwuchsautorinLina Thiede schreibt Kurzgeschichten über Identität und Selbstzweifel

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Nachwuchsautorin Lina Thiede verarbeitet in ihren Büchern einen wilden Mix aus realen Erlebnissen und ausgedachten Geschichten.

Bonn – Eigentlich sind sich Lina und Natalie ein wenig fremd. Beide sind Anfang 20, haben durchaus manches gemeinsam und können sich dann doch nicht immer ganz verstehen. Dabei müsste es eigentlich anders sein, denn Natalie ist Fiktion. Sie ist Hauptcharakter in der Kurzgeschichten-Reihe „Natalies Sinfonie“, und entspringt der Feder der Nachwuchsautorin Lina Thiede. Über ihre Figur weiß sie aber noch lange nicht alles: „Natalie muss ich erst noch richtig kennenlernen, ich versuche sie selbst immer noch zu verstehen“, erzählt die junge Bonner Schriftstellerin im Gespräch. „Das geht aber nur, wenn ich noch viele weitere Texte über sie schreibe.“

Dabei sind es mittlerweile schon rund 70 Seiten mit Geschichten, die von Identität, Selbstfindung und Zweifel handeln. „Es geht um die Suche nach sich selbst und vielleicht auch nach Sinn. Alles in allem einfach um Dinge, die einen mit Anfang 20 im Leben beschäftigen.“ Was zunächst als musikalisch-erotische Kurzgeschichten begann, ist dann im Laufe des Schreibens doch irgendwann mehr geworden: „Es geht auch um echte Emotionen und viele verwirrende Situationen“, sagt Thiede. „Natalies Sinfonie“ handelt von der Musikstudentin Natalie, die gerade in eine neue Stadt gezogen ist. Dort kommt einiges auf die 20-Jährige zu: Männer, Entscheidungen, Liebe, Heimweh. Dinge, mit denen sich auch Lina Thiede, die in Gießen aufgewachsen ist, nach dem Abitur 2015 konfrontiert sah.

Laptop zur Konfirmation

Nach einem Sabbat-Jahr, in dem vor allem Reisen und Schreiben im Mittelpunkt stand, ist sie zum Studium schließlich nach Saarbrücken gezogen. „Da kamen schon einige Ängste und auch Zweifel auf, die ich dann in Texten verarbeitet habe.“ Trotz der Ähnlichkeiten zwischen ihr und Natalie seien die Geschichten aber nicht autobiografisch zu verstehen: „Es ist ein wilder Mix aus wirklichen Erlebnissen und Dingen, die komplett ausgedacht sind.“ Mittlerweile sei Angst vor Neuem auch kein Problem, im Gegenteil: „Ich finde Veränderung inspirierend.“

Angefangen hat für die junge Schriftstellerin alles mit einem Konfirmationsgeschenk, einem Laptop. Damit konnte sie nicht nur mit dem Schreiben beginnen, sondern vor allem auch das Internet nach Literatur-Workshops und Wettbewerben durchforsten. Im Alter von 14 Jahren hat Thiede ihre erste Kurzgeschichte, ein Märchen, beim Jugendliteraturpreis der Oberhessischen Versorgungsbetriebe (OVAG) eingereicht. Zwar gab es damals keinen Preis, aber eine Rückmeldung. Und die motivierte zum Weitermachen: Im Jahr 2013 machte sie wieder mit und wurde prompt ausgezeichnet. Auch Textauszüge aus „Natalies Sinfonie“ wurden im vorigen Jahr beim Jugendliteraturpreis der OVAG prämiert. Nun studiert sie Musikwissenschaft an der Uni Bonn, hier sind die meisten Kurzgeschichten entstanden.

Zurzeit wird die Reihe mit insgesamt 19 Texten auf bonn.FM, dem Studentenradio der Universität Bonn, als Hörbuch-Serie gesendet. Dabei wird, untermalt von passender Musik, ein Text pro Woche ausgestrahlt. Die Geschichten gibt es als Podcast auf der Homepage des Radiosenders, im April sollen Abendlesungen mit Musik daran anknüpfen. Damit aber noch nicht genug: „Natalies Sinfonie“ wird bald im Bonner Kid-Verlag abgedruckt. „Irgendwann will ich dann auch mal vom Schreiben leben können“, sagt Lina Thiede. „Das ist zwar noch ein Wunschtraum, aber ich denke er ist realisierbar.“

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