Politisches ErdbebenSo lief die Wahl im linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis

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Strahlender Sieger: In Meckenheim freute sich Holger Jung mit seiner Frau über den klaren Ausgang der Wahl.

Strahlender Sieger: In Meckenheim freute sich Holger Jung mit seiner Frau über den klaren Ausgang der Wahl.

  • Klare Wahlsiege für Rolf Schumacher, Petra Kalkbrenner und Holger Jung

Alfter

Amtsinhaber Rolf Schumacher (CDU) benötigt keinen zweiten Wahlgang. Aber er hat nicht so deutlich gewonnen, wie 2014. Hans G. Angrick wertet sein Abschneiden als „eine herbe Enttäuschung“. Dem Landes- und Bundestrend etwas entgegen zu setzen, sei aber „sehr schwierig“: „Die Alfterer haben leider unser Angebot nicht angenommen. Sollte die Fraktion kleiner werden, werden wir umso konsequenter unsere klimaorientierte Kommunalpolitik machen.“ Sandra Semrau: „Ich freue mich sehr über die Stimmen die ich erhalten habe. Wir haben als Team eine super Arbeit geleistet. Ich danke allen Wählern.“ Sie freut sich auch für die Freien Wähler: „Dass wir uns in vielen Wahlbezirken steigern und Stimmen dazu gewinnen konnten.“ Die CDU hat ihr Ergebnis von 2014 fast gehalten. Die SPD büßte 5,7 Prozent ein, Grüne gewannen 6,7 Prozent hinzu. Die UWG Alfter steigerte sich um fast vier Prozent. (fes/mfr)

Bad Honnef

Otto Neuhoff (parteilos) steht für weitere fünf Jahre an der Spitze der Stadt Bad Honnef. Er setzte sich im ersten Wahlgang mit 56 Prozent der Stimmen durch und wurde damit nach 2014 zum zweiten Mal zum Stadtoberhaupt gewählt. Er war gemeinsamer Bürgermeisterkandidat von CDU, Bürgerblock und FDP. Seine Herausforderer Klaus Munk (SPD) und Gabriele Clooth-Hoffmeister (Grüne) kamen auf 18,4 beziehungsweise 25,6 Prozent der Stimmen. Neuhoff sprach von einem Superergebnis, 50 plus 1 wäre das Ziel gewesen, und das sei deutlich überschritten worden. Er dankte seinen Unterstützern, sie hätten gute Arbeit geleistet. Klaus Munk sagte, dass er sich ein anderes Ergebnis gewünscht und das Bürgermeisteramt gerne übernommen hätte. Er hoffe aber, die negative Tendenz für die Entwicklung der SPD aufgefangen zu haben. Bei der Wahl für den Stadtrat, in dem es in der vergangenen Legislaturperiode keine feste Koalition gab, zeichnete sich ein sehr starkes Abschneiden der Grünen ab, die (Zwischenergebnis 13 von 16 Wahlbezirken) mit 28,4 Prozent hinter der CDU mit 31 Prozent an zweiter Stelle lagen und ihren Stimmenanteil demnach verdoppeln konnten. (mmn)

Königswinter

In der Drachenfelsstadt kommt die Kommunalwahl einem politischen Erdbeben gleich: Bürgermeister Peter Wirtz (CDU), seit 21 Jahren im Amt, ist überraschend schon im ersten Wahlgang von seinem Herausforderer Lutz Wagner geschlagen worden (Stand der Auszählung 40 von 44 Ergebnissen). Der gemeinsame Bürgermeisterkandidat von Königswinterer Wählerinitiative (KöWi), SPD und Grünen bekam 51,2 Prozent der Stimmen, der Amtsinhaber 44,2. Bastian Reichardt (Die Linke) lag bei 4,6 Prozent.

Wirtz sprach von einer „herben Enttäuschung“. Das Ergebnis sei der allgemeinen politischen Stimmung geschuldet (Zuwächse für Grüne und KöWi), aber offenbar scheine in der Stadt eine Wechselstimmung da gewesen zu sein, wenngleich er selbst sie nicht wahrgenommen habe. Wagner, Fraktionschef der KöWis, der für den Wechsel nach 21 Jahren Peter Wirtz und 50 Jahren CDU-Vorherrschaft geworben hatte, sagte, er habe mit diesem Ergebnis nicht gerechnet. Es wäre schon eine Riesenerfolg gewesen, Peter Wirtz in die Stichwahl zu zwingen. Wagner betonte, er habe einen „Höllenrespekt“ vor dem neuen Amt. Auch eine neue Mehrheit im Rat ist möglich: KöWi, SPD und Grüne können die Jamaika-Koalition (CDU, FDP, GAK) ablösen. KöWi-Chef Florian Striewe betonte, eine neue Mehrheit sei „ganz klar Wunsch der Wähler“. (csc)

Bornheim

Zitterpartie in Bornheim: Schafft es Christoph Becker, im ersten Wahlgang, mehr als 50 Prozent zu bekommen? Es fehlten nur noch 0,63 Prozent zur absoluten Mehrheit, aber bei Redaktionsschluss waren drei Wahlbezirke noch nicht ausgezählt. Becker ging von einer Stichwahl aus. Zu seinem Wahlergebnis sagte er: „Ich freue mich total, dass mir fast die Hälfte der Menschen ihr Vertrauen ausgesprochen hat. Ich hoffe, dass die Wahlbeteiligung bei einer Stichwahl noch höher wird.“ Petra Heller lag bei bei rund 42 Prozent und war schon etwas enttäuscht: „Man will ja gewinnen, dafür tritt man an“, sagte Heller gestern Abend. Überrascht war sie von ihrem Abschneiden in Dersdorf, den Wahlkreis, den sie 2014 noch gewonnen hatte. Auf eine Stichwahl sei sie vorbereitet, sie würde neue Plakate und Flyer verteilen und Hausbesuche machen.

Etwas zugelegt hat Björn Reile im Vergleich zum ABB-Kommunalwahlergebnis von 2014. „Es sind Stand 21.15 Uhr immerhin 1100 Personen, die sich diese Alternative gewünscht haben“, freute sich Bürgermeisterkandidat gestern Abend. Voraussichtlich werde die ABB in Fraktionsstärke in den Rat einziehen. „Es ist ein gutes Ergebnis für einem politischen Newcomer“, kommentierte Natalie Sanchez Friedrich ihr Wahlergebnis von knapp vier Prozent. Sie sei „ein bisschen das Sandkorn im Getriebe“ gewesen und werde auf jeden Fall weitermachen, zum Beispiel mit der Gründung von Bürgerinitiativen. (jr)

Meckenheim

Die Stimmen waren noch nicht komplett ausgezählt, da gab es schon Applaus und Jubelrufe, als der Erste Beigeordnete und CDU-Bürgermeisterkandidat Holger Jung gegen 20.15 Uhr die Meckenheimer Jungholzhalle betrat – am Arm Ehefrau Christiane und Tochter Carlotta. Anlass der Beifallsbekundungen war das Ergebnis von knapp 55 Prozent für Jung, nachdem 14 von 19 Wahlbezirken ausgezählt waren. Damit lag Jung rund zehn Prozent vor Kontrahent Stefan Pohl (SPD). Das Kopf-an-Kopf-Rennen der Kandidaten hatte gleich nach Öffnung der Jungholzhalle um 18.30 Uhr begonnen. Zum Vergleich: Bei der Bürgermeisterwahl im Jahr 2014 konnte Bert Spilles knapp 70 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. „Ich fühle mich erleichtert und bin froh und dankbar über das Ergebnis“, sagte Holger Jung. „Ich freue mich auch für die Wahlbezirkskandidaten, die ebenfalls überzeugende Ergebnisse haben.“ Holger Jung drückte ebenfalls seine Freude darüber aus, „Bert Spilles nachzufolgen“. Herausforderer Stefan Pohl (SPD) erklärte zu seinem Wahlergebnis von rund 46 Prozent: „Das ist ein Sieg in einer Stadt wie Meckenheim. Wir werden jetzt fünf Jahre lang zeigen, dass wir in fünf Jahren die Richtigen sind. Weiter so ist vorbei, dass sollte allen Beteiligten klar sein.“ Dank sprach Stefan Pohl seiner Frau Katayoun und seinem fünfjährigen Sohn Daniel aus: „Meine Familie hat mich in den vergangenen Wochen selten gesehen.“

Rheinbach

„Ich hätte gern auf eine Stichwahl verzichtet“, bedauerte Banken angesichts der nur knapp fehlenden Mehrheit: „Ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis und finde es toll, dass so viele Bürgerinnen und Bürger mir ihr Vertrauen geschenkt haben.“ Jetzt gelte es, alle Kräfte der vier ihn unterstützenden Parteien und Wählergruppen zu mobilisieren, um den Vorsprung auch in der Stichwahl zu verteidigen, sagte er. Auch Wolf zeigte sich sehr zufrieden mit seinem Ergebnis. „Das war genau das Ergebnis, dass ich mir vorgestellt habe.“ Bei einem Gegner, den vier Parteien unterstützten, habe man kein besseres Ergebnis erwarten dürfen, „alles darüber hinaus wäre ein Wunder gewesen.“ Dennoch ist er überzeugt, in den verbleibenden zwei Wochen bis zur Stichwahl aufholen zu können. Die Bewerbung von Spitz habe ihn viele Stimmen gekostet. Wolf: „Aber jetzt geht es um alles, bei der Stichwahl ist alles möglich.“ „Absolut zufrieden“ mit seinem Wahlergebnis“ ist auch Spitz. „Ich bin stolz auf das, was ich und mein Team mit einem sehr kleinen Budget erreicht haben, das ist ganz toll.“ Er versprach, sich auch künftig für Rheinbach und seine Bürger einzusetzen. Ob er aber nach der Wahl in der Rheinbacher Kommunalpolitik stärker in Erscheinung treten werde, wollte er noch offen lassen. (jst)

Swisttal

Auf den Tag genau fünf Jahre ist Petra Kalkbrenner in Swisttal im Amt. Am 13. September 2015 zog sie mit knapp 53 Prozent der Stimmen in der Gemeinde ins Rathaus ein. Am Sonntag wurde die CDU-Politikerin als Bürgermeisterin bestätigt, sie steigerte sich auf 56 Prozentpunkte. Ihr parteiloser Kontrahent, Dr. Christian Böse, hinter dem SPD und Grüne standen, erhielt 44 Prozent der Stimmen.

„Ich bin sehr zufrieden“, kommentierte die Amtsinhaberin das Resultat. „Ich freue mich jetzt auf die nächsten fünf Jahre, in denen ich die Bürgermeisterin für alle Swisttaler werden will.“ „Mich hat es gefreut, so viel Zuspruch zu erhalten“, sagte ein durchaus zufriedener Böse, der sein Ergebnis als beachtlich bezeichnete. „Wenn Frau Kalkbrenner den Elan der letzten vier Wochen weiterhin an den Tag legt, bin ich zuversichtlich, dass sich in Swisttal etwas tun wird.“

Die Partei der Christdemokraten lag mit fast 44 Prozentpunkten nah am Ergebnis von 2014. Herbe Verluste verzeichneten die Bürger für Swisttal. Die Fraktion, die bei der letzten Wahl aus dem Nichts zu sechs Sitzen stürmte und drittstärkste Partei war, erhielt diesmal nur knapp acht Prozent der Stimmen. Sie verlor mehr als sieben Prozentpunkte und damit rund die Hälfte ihrer Wähler. Der Sieger des Abends waren die Grünen: Fast 18 Prozent der Wähler gaben der Fraktion ihre Stimme – ein Zuwachs von mehr als 6 Prozentpunkten. Damit stellen die Grünen nun 6 der 33 Sitze im Rat. Die CDU als stärkste Partei 14, die SPD 8, BfS noch 3 und die FDP 2. (rom)

Wachtberg

Oliver Henkel (Grüne) ist bei der Bürgermeisterwahl raus, obgleich er grob doppelt so viele Stimmen holte wie 2014. Amtsinhaberin Renate Offergeld (SPD) muss mit Herausforderer Jörg Schmidt (CDU) in die Stichwahl, und der hat im ersten Wahlgang deutlich mehr Stimmen auf sich vereinigt: „Aber die Stichwahl ist eine völlig neue Wahl. Da werden die Karten neu gemischt“, sagt Schmidt. Er weiß, dass er nicht automatisch der Favorit für den zweiten Wahlgang ist. Dass er Henkels Wähler für sich gewinnen kann, dem er ebenfalls die Stichwahl zugetraut hatte, schließt er nicht aus: „Es gibt viele Beispiele für eine Zusammenarbeit von CDU und Grünen. In den nächsten Tagen werde ich die Strategie überdenken.“ Nach Corona-Regeln gedämpft war Schmidt zum Feiern zumute: „Wir haben unsere Ratsmandate soweit durchbekommen.“ Das ist der SPD nicht gelungen. (mfr)

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