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13 Rheinbacher Kinder abgewiesenEnttäuschte Eltern werden nach Swisttal verwiesen

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schüler in Rheinbach

Sauer sind Daniela Dornbusch (r.) und ihrer Tochter Hannah über die Ablehung von der Gesamtschule Rheinbach. 

Rheinbach/Swisttal – 31 Viertklässler sind beim Anmeldeverfahren an der Rheinbacher Gesamtschule abgewiesen worden – 13 davon sogar aus der eigenen Stadt. Letztlich hatten sie hauptsächlich Pech im Losverfahren. Denn bei 166 Anmeldungen kamen nur 135 Kinder zum Zuge. Eltern sind entsetzt. Sie haben eine Empfehlung erhalten, ihre Kinder nun in Swisttal-Heimerzheim anzumelden. Zwölf Kilometer entfernt.

Selbst Bürgermeister Ludger Banken (parteilos) ist „unglücklich“ mit dem Ergebnis. Er sagte Eltern telefonisch zu, sich für einen Schulbus nach Heimerzheim einzusetzen. Es war die Rheinbacher Stadtverwaltung, die entschieden hatte, in diesem Jahr nicht noch einmal bei der Bezirksregierung eine zusätzliche Klasse zu beantragen, zumal die bereits „unmissverständlich eine Ablehnung“ angedeutet habe. Denn die Zahl der nötigen Klassenräume war nur durch Container erreicht worden, und die Bezirksregierung würde, wie sie der Rundschau bestätigte, bei solch einem Antrag auch auf die Raumsituation schauen.

75 Minuten bis zur Schule

„Es soll für die Kinder zumutbar sein, in der Kernstadt Rheinbach zu wohnen, aber mindestens 75 Minuten zur Schule zu fahren?“, ärgert sich Hennig Kölsch, Vater einer Zehnjährigen, die beim Losen Pech hatte: „Es gibt keinen direkte Busverbindung nach Heimerzheim.“ Die Kinder müssten entweder mit dem Zug nach Odendorf fahren, um dort einen Bus zu erreichen, oder mit dem Auto zum Bus nach Morenhoven gebracht werden, glaubt Kölsch. „Der Anruf kam am Freitag. Wir waren geschockt, traurig und enttäuscht“, berichtet Kölsch. „Zudem fühlen wir uns ziemlich allein gelassen. Ich hätte mir gewünscht, dass die Schulen sich vorher zusammensetzen.“

Online-Petition

Verärgerte Eltern aus Weilerswist haben eine Online-Petition gestartet, um sich dafür einzusetzen, dass ihre Gemeinde noch eine Beschulungsvereinbarung mit Swisttal unterzeichnet. „Zehn Familien aus der Gemeinde Weilerswist stehen vor der Hürde, nicht zu wissen, wie und wo ihre Kinder zur Schule gehen können. Alle Versuche, Anne Horst zu überzeugen, die Unterschrift zu leisten, sind gescheitert“, heißt es in dem Schreiben dazu. Horst könnte als Bürgermeisterin eine Beschulungsvereinbarung unterzeichnen. Innerhalb von 24 Stunden hatten bereits 241 Eltern diese Petition unterzeichnet. (rom)

Daniela Dornbusch und ihrer Tochter Hannah erging es ähnlich: „Meine Tochter hat einen Riesenschock bekommen und das ganze Wochenende geweint.“ Darum startete die Mutter einen Aufruf im Internet. Dort tat sie sich mit Henning Kölsch und den anderen Eltern abgelehnter Kindern zusammen und wandte sich an die Stadt. Sie kontaktierte auch den Rheinbacher Elternvertreter Magnus Wagner, „der uns am Montagabend allerdings keine schönen Nachrichten überbringen konnte“, berichtet Dornbusch: Die Bescheide seien gültig, da das Anmeldungsverfahren in Rheinbach abgeschlossen sei. Es lief vom 1. bis zum 5. Februar – anders als in Swisttal, wo die Georg-von-Boeselager-Sekundarschule zur Gesamtschule umgewandelt werden soll und darum bei der Bezirksregierung eine Fristverlängerung bis zum heutigen Freitag einschließlich erhielt.

Eine Absprache zwischen den Schulen war laut der Rheinbacher Gesamtschulleiterin Elke Dietrich-Rein nicht möglich, „da der Anmeldezeitraum bei uns bereits viel früher zu Ende gegangen ist.“ Sie könne den Ärger der Rheinbacher Familien nachvollziehen. „Wir arbeiten nach strikten Vorgaben des Schulgesetzes. Solange es in Swisttal noch keine Gesamtschule gibt, müssen die Kinder bei uns gleichwertig behandelt werden“, erklärt die Rektorin: „Das ist eine der undankbarsten Aufgaben in meinem Job, da es kaum plausibel zu erklären ist.“

Bevor das Los entschied, zogen laut Schulgesetz drei Kriterien: bereits angemeldete Geschwisterkinder, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Mädchen und Jungen sowie Leistungsheterogenität.

Da fühlt man sich aus der eigenen Stadt vertrieben“

Die Eltern kreiden die Ablehnung ihrer Kinder der Stadtverwaltung an: „Ohne Empfehlung für das Gymnasium bist du in Rheinbach aufgeschmissen“, konstatierte Daniela Dornbusch, die neben Hannah zwei jüngere Kinder hat, die vielleicht einmal dasselbe Problem haben werden. Hennig Kölsch hat ebenfalls eine jüngere Tochter. Er formuliert es drastischer: „Ich wohne extra in der Stadt und zahle dementsprechend eine hohe Miete, da fühlt man sich aus der eigenen Stadt vertrieben.“

Die Stadt Rheinbach baut darauf, dass nach der Gründung der Gesamtschule Swisttal aus dieser Kommune keine Kinder mehr nach Rheinbach ausweichen.Vanessa Nolte, Pressesprecherin der Bezirksregierung: „Der Gesamtschule in Rheinbach wurden in der Vergangenheit mehrfach hintereinander Mehrklassen genehmigt. Ein erneuter Antrag müsste unter anderem darauf geprüft werden, ob genügend Räumlichkeiten vorhanden sind.“

Keine erneute Fristverlängerung

Die neue Leiterin der Swisttaler Schule, Sybille Prochnow Penedo, arbeitet seit ihrem ersten Arbeitstag am 1. Februar daran, die erforderlichen 100 Anmeldungen zu bekommen, die für die Umwandlung von der Sekundarschule in eine Gesamtschule benötigt werden. „Ich kann über die aktuellen Zahlen keine Angaben machen, solang das Verfahren läuft“, erklärte die Schulleiterin am Mittwoch. Heute Abend um 0 Uhr läuft die Frist ab. Eine erneute Verlängerung wird es laut Bezirksregierung nicht geben. Nach Informationen der Rundschau wird das auch nicht notwendig sein. „Wir sind guter Dinge und auf dem Endspurt“, erklärte Bernd Kreuer, Pressesprecher der Gemeinde Swisttal, am Donnerstag noch nebulös, ohne eine Zahl zu nennen. Dennoch sickerte durch: Am Tag vor Fristende lagen in Swisttal schon 99 Anmeldungen vor.

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Die zehn Anmeldungen aus der Nachbarkommune Weilerswist (Kreis Euskirchen) sind dabei, wie vorgeschrieben, nicht mitgezählt worden. Wie in Rheinbach waren in Weilerswist Kinder an der eigenen Gesamtschule nicht angenommen worden. Der Rat von Weilerswist hatte sich im Dezember explizit gegen eine Beschulungsvereinbarung mit Swisttal ausgesprochen. Auch eine Ausnahme, etwa wegen der Umwandlung der Swisttaler Sekundarschule in eine Gesamtschule, kam nicht zustande. „Wir können Kinder aus Weilerswist also nur aufnehmen, wenn wir bereits 100 Anmeldungen haben“, stellte Swisttals Schulleiterin klar.

Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner (CDU) appellierte deswegen noch einmal an die Nachbargemeinde: „Wir haben Verständnis für die aus Sicht der Gemeinde Weilerswist im Interesse der eigenen Schule seinerzeit getroffene Entscheidung. Allerdings hat die Gesamtschule Weilerswist ihr Anmeldeverfahren mittlerweile abgeschlossen und konnte erneut nicht alle Anmeldungen berücksichtigen. Somit ist eine neue Situation eingetreten, die im Interesse und zum Wohl der Schülerinnen und Schüler gelöst werden sollte.“ Für die in Rheinbach und Weilerswist abgewiesenen Schüler gibt es nach aktueller Sachlage keine Alternative zum Schultourismus. Dornbusch und Kölsch haben sich darum die Schule in Swisttal angeschaut. „Von der Schulleiterin dort war meine Tochter gleich begeistert“, berichtet Daniela Dornbusch. „Schulisch ist das sicher eine gute Wahl, aber räumlich eben eigentlich nicht“, so Kölsch.

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