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Drei neue RäumeRheinbacher Museum für Glaskunst neu konzipiert

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Freunde und Förderer des Glasmuseums waren zum Festakt gekommen, zu dem Ruth Fabritius (vorne r.) und Bürgermeister Stefan Raetz (3.v.r. hinten) willkommen hießen.

Freunde und Förderer des Glasmuseums waren zum Festakt gekommen, zu dem Ruth Fabritius (vorne r.) und Bürgermeister Stefan Raetz (3.v.r. hinten) willkommen hießen.

Rheinbach – Rundum erneuert präsentiert sich das Glasmuseum Rheinbach nach einer konzeptionellen Frischzellenkur. Im Rahmen eines Festaktes wurden jetzt drei komplett neugestaltete Museumsräume offiziell eröffnet. Die Räume widmet sich den Epochen des Barock, des Biedermeier und des Historismus.

Welche Art von Glas wurde von welchen Handwerkern für welche Kunden innerhalb der letzten 400 Jahre in Böhmen produziert? Was hat Fürst Kinsky mit böhmischem Glas zu tun? Wer waren die Heimtragefrauen und warum brauchte man sie unbedingt für den reibungslosen Ablauf von Glasproduktion und -veredlung? Auf diese und viele andere Fragen gibt die teilweise grunderneuerte Dauerausstellung des Glasmuseums überraschende Antworten.

Anhand von sieben Hörstationen zu Persönlichkeiten, die eine Schlüsselrolle in der Geschichte des böhmischen Glases gespielt haben, bekommen die Besucher des Glasmuseums im Rahmen der Ausstellung „Böhmisches Glas in Biografien“ einen neuen und persönlichen Zugang zu der Sammlung. Der Graveur und Glashändler Franz Georg Kreybich aus Steinschönau, den um 1700 seine mehr als 30 Verkaufsreisen in viele Regionen Europas und nach Siebenbürgen geführt haben, ist ebenso dabei wie der Unternehmer und Erfinder Friedrich Egermann oder der meisterliche Glasmaler Alfred Strohbach.

Die Neukonzeption wurde von der Bonner Agentur ConCultura in Zusammenarbeit mit dem Glasmuseum und dem Verein „Freunde edlen Glases“ erarbeitet. Bürgermeister Stefan Raetz zeigte sich in seinem Grußwort beeindruckt: „Wer die alten Ausstellungsräume kennt, wird von einem völlig neuen Raumgefühl überrascht sein.“ Jetzt sei die Präsentation klarer nach Epochen gegliedert, Highlights der Sammlung würden durch eine raffinierte Lichtführung eindrucksvoll in Szene gesetzt.

Ermöglicht hätten dies eine Reihe von Sponsoren und öffentliche Zuschussgeber. Darunter der Landschaftsverband Rheinland, die Städte- und Gemeindestiftung der Kreissparkasse Köln, die NRW-Stiftung, die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien, die Freunde edlen Glases, die Sudetendeutsche Stiftung, der Rhein-Sieg-Kreis und die Stadt Rheinbach. Museumsleiterin Dr. Ruth Fabritius erläuterte die Neukonzeption.

 Im Epochenraum des Barock zeichneten sich die Gläser durch die Feinheit des Glasschnitts aus, den die Transparenz und Leuchtkraft des Kristallglases besonders gut zur Geltung bringe. Der typische facettierte Pokal mit gestreckter konischer Kuppa, niedrigem balusterartig geformtem Schaft, in den oft Rubinglasfäden eingelegt wurden, und einem breiten Fuß entwickelte sich aus einfacheren Formen. Die eingravierten Motive – Jagd- und Liebesszenen, Allegorien, religiöse Darstellungen – zeugten vom Lebensgefühl der adeligen Auftraggeber. Diese kostbaren Einzelstücke dienten meist repräsentativen Zwecken und waren kaum je für den alltäglichen Gebrauch bestimmt.

Im Biedermeier erlebte das böhmische Glas nach dem vorübergehenden Niedergang, den die habsburgischen Erbfolgekriege, der Siebenjährige Krieg sowie die napoleonische Kontinentalsperre hervorgerufen hatten, einen seiner Höhepunkte. Die Käufer, die nun überwiegend aus bürgerlichen Schichten stammten, bevorzugen farbige Gläser. Die Technik des farbigen Überfangs kam dieser Vorliebe entgegen und ermöglichte dekorative Farbkombinationen. Am häufigsten waren rotgebeizte und gelbgebeizte Gläser. Eine Besonderheit des Rheinbacher Glasmuseums ist die umfangreiche Gruppe der Steingläser. Der Name dieser fast opaken und springfesten Gläser weist darauf hin, dass sie Objekte aus Halbedelsteinen imitieren.

Der Historismus brachte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Wiederauflage der historischen Stile mit sich und bevorzugte üppig dekorierte Gläser mit Mehrfachüberfängen, Transparent-, Email- und Goldmalerei. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts entstand auch eine Reihe großer, sehr aufwendig gestalteter Prunkpokale, die mit Deckel eine Höhe von bis zu 70 Zentimetern erreichten. Oft dienten beliebte Gemälde oder Stiche den Glasschneidern als Vorlage. Auf die Gläser des 19. Jahrhundert wurden häufig auch Veduten – Ansichten von landschaftlichen oder architektonischen Sehenswürdigkeiten – eingraviert. Mit den 700 Vedutengläsern der Sammlung Mahler besitzt das Glasmuseum Rheinbach die größte öffentliche Kollektion dieser Art.

Die neugestalteten Räume des Glasmuseums Rheinbach können ab sofort im Rahmen der Ausstellung „Böhmisches Glas in Biografien“ erkundet werden. Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 10 bis 12 und 14 bis 17 Uhr; Samstag und Sonntag 11 bis 17 Uhr.

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