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Literaturpreis für StarautorJussi Adler Olsen erhält Rheinbacher Glasdolch

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Jussi Adler Olson Glasdolch quer

Mit anderthalb Jahren Verspätung erhielt Bestsellerautor Jussi Adler-Olsen seinen Glasdolch.

Rheinbach – So spannend, witzig und informativ wie seine Kriminalromane präsentierte sich Jussi Adler-Olsen selbst bei der grandiosen Veranstaltung zur Preisverleihung des „Rheinbacher Glasdolches“ für den dänischen Bestsellerautor. 380 Zuschauer erlebten in der Stadthalle einen überaus vergnüglichen Abend, wozu auch Moderatorin Margarete von Schwarzkopf und Schauspieler Peter Lohmeyer einen unverzichtbaren Beitrag leisteten, bevor am Ende Verleger und Kriminalautor Ralf Kramp den von den Glasfachschul-Lehrkräften Elena Ritter und Stephan Muders individuell gestalteten Glasdolch mit coronabedingter, deutlicher Verspätung an den Preisträger des Jahres 2020, Jussi Adler-Olsen, überreichte.

„Ich fühle mich sehr geschmeichelt, dass ich heute den Rheinbacher Glasdolch erhalte“, gab der 72-jährige Däne im Gespräch mit der Bonner Rundschau zu. „Ich weiß zwar nicht warum – höchstens ein bisschen –, aber vor mir hat eine großartige Reihe von Autoren diesen Preis gewonnen, und ich darf mich nun dazuzählen. Ich kann mich nicht beklagen“, gab sich der Weltstar bescheiden, bevor er auf der Bühne seine erstaunlichen Qualitäten als Entertainer unter Beweis stellte.

Der meistverkaufte dänische Krimiautor

Warum ihm die Vereinigung der Rheinbacher Krimiautoren und Krimiverkäufer den Rheinbacher Glasdolch 2020 für sein Lebenswerk verlieh, erklärte Ralf Kramp. Er leitet das Kriminalhaus in Hillesheim, in dem sich auch das Deutsche Krimi-Archiv mit rund 30 000 Bänden als größte zusammenhängende Sammlung deutschsprachiger Kriminalliteratur befindet, in seiner Laudatio. Adler-Olsen habe eine Menge gelernt und eine ganze Reihe von Berufen ausgeübt, bevor er beim Krimi angekommen sei. Er studierte Medizin, Soziologie, Politische Geschichte und Filmwissenschaften, das habe ihm ein breites Basiswissen beschert, auf das er die Handlungen seiner Romane aufbaue. „Er ist der meistverkaufte dänische Thriller-Autor, und auch hier in Deutschland schießt jede seiner Neuerscheinungen torpedoartig in den Bestsellerlisten ganz nach oben“, wusste der Verleger.

Doch nicht nur deswegen habe die Jury den sympathischen Dänen zum Preisträger erkoren. Seine Krimis um Carl Mørck seien belletristische Kunstwerke auf hohem literarischem Niveau. „Auch Mørck ist ein traumatisierter, kontaktarmer Ermittler skandinavischen Zuschnitts, aber Jussi Adler-Olsen bricht gekonnt die gewohnt düstere Atmosphäre und das allgegenwärtige Grauen mit einer gesunden Portion Witz und Charme.

Er lässt uns auch an den weichen, verletzlichen Wesenszügen seines Protagonisten teilhaben. Das macht seine Krimis so einzigartig.“ Schein und Sein: Diese beide Ebenen gleichermaßen pfleglich zu behandeln und aufzuarbeiten, sei wohl die große Gabe, über die Adler-Olsen verfüge. Der trügerische Schein, der alles überdecke, stehe zu Beginn im Vordergrund, während das finstere Sein sich unbeobachtet weiterentwickele. „Stück für Stück kratzt er von Buchseite zu Buchseite ein wenig von der Oberfläche ab, bis sich die grausame Realität offenbart: Unter der Hygge lauert der Schrecken.“ Unter Hygge verstehen die Dänen eine gemütliche, herzliche Atmosphäre.

Der frischgebackene Preisträger verhehlte nicht, dass das Publikum ein wesentlicher Teil des Erfolges sei. „Ihr seid die fehlenden Stimmen in meinen Storys“, rief er und gab zu, dass er sich beim Schreiben – meist im Pyjama und manchmal auch ganz ohne – immer vorstelle, wie seine Leser zu Hause im Bett lägen und beim Schmökern seiner Bücher mit der Müdigkeit kämpften.

„Dann kommt ein winziger Dialogsatz als Cliffhanger, und ihr könnt nicht schlafen. Dann kommt das Verbrechen, und je schlimmer es ist, desto schlechter könnt ihr einschlafen. Dann kommt der witzige Teil, und ihr müsst anfangen zu lachen und könnt wieder nicht einschlafen. Und wenn ihr am nächsten Tag übermüdet zu Arbeit erscheint, weil ihr nicht aufhören konntet zu lesen, und euer Chef deshalb mit euch schimpft, sage ich nur: Mir doch egal!“

Zehnter und letzter Band steht an

Was ihm aber gar nicht egal ist und weshalb er sogar manchmal Angst vor sich selbst hat: Dass viele der verrückten Fantasien, der er in seinen Romanen ausbreitet, nur wenig später tatsächlich wahr werden. „Ich scheine ein Prophet des Bösen zu sein“, schmunzelte er und wies darauf hin, dass wenige Jahre nach Erscheinen seines Buches „Das Washington Dekret“ Donald Trump tatsächlich amerikanischer Präsident geworden sei. Deshalb warnte er das Publikum auch eindrücklich: „Machen Sie niemals nach, was ich in meinen Büchern geschrieben habe!“

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Wobei er verriet, dass sämtliche Handlungsstränge, Charaktere und Schauplätze seiner auf zehn Folgen angelegten Carl-Mørck-Reihe bereits 2005 komplett entwickelt waren. Zum Beweis präsentierte er ein großes Blatt Papier mit den entsprechenden Eintragungen. Allerdings habe er nie gedacht, dass er 17 Jahre benötigen würde, um die ersten neun Bände zu schreiben. Doch der unglaubliche Erfolg und die damit einhergehenden Repräsentationspflichten würden eben sehr viel Zeit kosten. Deshalb habe er auch im Laufe der Jahre viele Dinge aus dem ursprünglichen Plot nachjustieren müssen, da sich die Welt weitergedreht habe und auch Ethik und Moral sich seit 2005 spürbar verändert hätten.

Von seinen Plänen für die Zukunft durfte Jussi Adler-Olsen „auf Geheiß meiner Assistentin“ nicht allzu viel verraten, doch erfuhren die Rheinbacher Krimifreunde, dass ab dem kommenden Jahr die Mørck-Bücher zu einer TV-Reihe auf einer Streaming-Plattform verarbeitet werden sollen, beginnend mit „Erbarmen“ im kommenden Jahr. Außerdem wolle er den zehnten und letzten Band der Reihe demnächst beginnen, nachdem der neunte Teil „Natriumchlorid“ im vergangenen Jahr erschienen war. Außerdem plane er ein eigenständiges Buch außerhalb der Mørck-Reihe, wolle endlich Gitarre spielen, Zeit mit seinen Enkeln verbringen und seinem Lieblingshobby nachgehen, Häuser zu renovieren. „Doch es zieht mich immer wieder wie ein Magnet an die Schreibmaschine“, machte er seinen Fans doch noch Hoffnung auf weitere Bestseller.

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