Millionen für modernen StrafvollzugNeuer Flügel im Rheinbacher Gefängnis

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Rund drei Jahre dauerte der Neubau des C-Flügels.

Rund drei Jahre dauerte der Neubau des C-Flügels.

Rheinbach – Gleich doppelt Grund zum Feiern hatte die Justizvollzugsanstalt Rheinbach (JVA) gestern Nachmittag. Zunächst übergab der nordrhein-westfälische Justizminister Peter Biesenbach (CDU) die Amtsgeschäfte an die neue Gefängnisleiterin Renate Gaddum. Sie nahm den symbolischen Schlüssel für den Neubau des „Hafthaus Flügel C“ aus den Händen von Gabriele Willems, Geschäftsführerin des Bau- und Liegenschaftsbetriebes Nordrhein-Westfalen (BLB), und von BLB-Niederlassungsleiterin Elisabeth Wallrath entgegen.

Nach dreijähriger Bauzeit wurde das rund 34 Millionen Euro teure zweiflügelige Gebäude damit offiziell in Dienst gestellt. „Die JVA ist kein Stiefkind der Gesellschaft, sondern ein Teil von ihr“, betonte Wallrath. Mit dem Neubau habe ein seit mehreren Jahren währender Modernisierungsprozess an den zentralen Gebäuden seinen Abschluss gefunden.

Vier Etagen, 14,40 Meter hoch

Das neue, 14,40 Meter hohe „Hafthaus Flügel C“ besteht aus vier Etagen; es entstand anstelle des 2015/16 abgebrochenen Altbaus. In jedem der drei Stockwerke gibt es 59 Einzel- und zehn Doppelhafträume sowie einige Peripheriezimmer und die Aufsichtsräume für das Wachpersonal. Die Einzelzellen sind jetzt elf Quadratmeter groß und damit drei Quadratmeter größer als die bisherigen.

Insgesamt können nach der Fertigstellung rund 600 Insassen aus den verschiedensten Nationen ihre Haftstrafe in Rheinbach verbüßen. Und das in einer barrierefreien und altersgerechten Einrichtung, wie Elisabeth Wallrath betonte, denn auch die Strafgefangenen würden immer älter.

Wichtiger Schritt

„Die Inbetriebnahme des größten Flügels des zentralen Haupthauses stellt einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Verbesserung der Rahmenbedingungen im Sinne eines modernen Justizvollzugs in Nordrhein-Westfalen dar“, betonte sich Justizminister Peter Biesenbach. Das werde den Inhaftierten ebenso wie den tagtäglich engagiert arbeitenden Mitarbeitern zugutekommen. Wenn man allerdings an den Gefängnissen den Zivilisationsgrad einer Gesellschaft erkennen könne, „dann müssen wir noch einiges tun, denn der Zustand der Justizvollzugsanstalten in Nordrhein-Westfalen ist grottig – positiv gesprochen“.

Biesenbach berichtete von einer großen Anzahl von Einrichtungen, in denen man mit den Fingernägeln den Sand aus den Fugen kratzen könne. Um die alle zu sanieren, stehe noch viel Arbeit bevor, und das Land müsse jede Menge Geld dafür aufbringen. „Das soll aber die Freude über diesen Neubau nicht mindern“, machte er deutlich. Die 1914 als Zuchthaus errichtete JVA Rheinbach habe ihr Erscheinungsbild von Grund auf geändert, mit dem „Hafthaus Flügel C“ sei man einen weiteren Schritt vorangekommen. Für die Mitarbeiter und auch für die Strafgefangenen gehe eine sehr anstrengende Zeit zu Ende.

Strukturen überdenken und neu schaffen

Die neue JVA-Leiterin Renate Gaddum hob hervor, der Neubau eröffne die Möglichkeit, die konzeptionelle Arbeit fortzusetzen und somit die Vollzugsarbeit weiter zu differenzieren: „Die Strukturen müssen insgesamt überdacht und möglicherweise auch neu geschaffen werden.“ So sei es ihr ein Anliegen, den offenen Vollzug mit dem geschlossenen zu vernetzen.

Neue JVA-Leiterin

„Schuld“ war eine ehrenamtliche Gefangenenbetreuung während ihres Studiums in der JVA Rheinbach, gab Renate Gaddum zu. „Das gab für mich den Ausschlag, in den Strafvollzug zu gehen.“ Dass sie aber mehr als zwei Jahrzehnte später selbst die Leitung der Rheinbacher JVA übernehmen dürfe, habe sie damals wahrlich nicht für möglich gehalten. Gestern erhielt sie die Ernennungsurkunde aus den Händen von Justizminister Peter Biesenbach (CDU). Die 54-jährige Volljuristin wurde in Neuwied geboren und studierte Rechtswissenschaften an der Uni Bonn. Anschließend schlug sie die Laufbahn im höheren Vollzugs- und Verwaltungsdienst ein. Erfahrungen sammelte die Beamtin bereits in den Gefängnissen Düsseldorf, Willich I und Siegburg, bevor sie im Juni 2002 als Behördenleiterin im Justizvollzug eingesetzt wurde. Zunächst leitete Gaddum die einzige selbstständige Frauenvollzugsanstalt Nordrhein-Westfalens in Willich, bevor sie im November 2009 die offene Justizvollzugsanstalt Euskirchen übernahm. „Ich hoffe, dass ich den hohen Erwartungen gerecht werde – ich weiß aber auch, dass dazu Glück gehört“, sagte sie. Von ihrem Vorgänger Heinz-Jürgen Binnenbruck wisse sie außerdem, dass die Zusammenarbeit mit der Stadt hervorragend sei, „und daran würde ich gerne anknüpfen.“ (jst)

Rheinbachs Bürgermeister Stefan Raetz schließlich fand, „die Strafgefangenen können froh sein, dass sie hier sind“. Eine angemessene Unterbringung und Beschäftigung sei zugleich der Garant für eine erfolgreiche Resozialisierung. Die JVA sei nach wie vor einer der wichtigsten Arbeitgeber in der Stadt. Nicht nur deshalb solle die vertrauensvolle Zusammenarbeit weitergeführt werden.

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