RheinbachAusstellung zum Vernichtungsort Malyj Trostenez

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Astrid Mehmet, Leiterin der Gedenkstätte Bonn, eröffnete die Ausstellung mit Stefan Raetz und Archivar Dietmar Pertz (r.).

Astrid Mehmet, Leiterin der Gedenkstätte Bonn, eröffnete die Ausstellung mit Stefan Raetz und Archivar Dietmar Pertz (r.).

Rheinbach – Der Verein Gedenkstätte und NS-Dokumentationszentrum Bonn zeigt im Rheinbacher Rathausfoyer derzeit die eindrucksvolle Ausstellung „Vernichtungsort Malyj Trostenez – Geschichte und Erinnerung in Bonn“. Ergänzt wird sie mit Informationen zu den Rheinbacher Juden, die in Malyj Trostenez umgekommen sind.

Für die Juden aus Bonn und Umgebung hatte der Ort südöstlich von Minsk (Weißrussland) eine besondere Bedeutung. Seit 1941 waren die jüdischen Bürger der Region in ihren Wohnhäusern verhaftet und im Sammellager Endenich, einem ehemaligen Kloster, untergebracht worden. Über 200 von ihnen wurden im Juli 1942 mit dem Zug über Köln nach Minsk und kurz darauf in die Vernichtungsstätte. Hier wurden sie entweder erschossen oder durch Vergasen umgebracht.

Unter den Opfern war auch das Ehepaar Benedikt und Johanna Schweitzer

Aus Rheinbach waren in Endenich 32 Juden interniert. 27 von ihnen mussten am 18. Juli 1942 ihre Koffer und Rucksäcke packen und wurden nach Köln gebracht, wie Rheinbachs Stadtarchivar Dietmar Pertz berichtete. Mit über 1100 anderen Juden aus Köln, Bonn und Umgebung wurden sie von Deutz aus im „Transportzug Da 219“ nach Minsk und kurz darauf zum Tötungsort gebracht. Kein Rheinbacher Jude überlebte die Deportation.

Unter den Opfern war auch das Ehepaar Benedikt und Johanna Schweitzer. Es lebte zuletzt unter der Adresse Unterdorf 54 in Wormersdorf. Benedikt, Mitglied im Turnverein, war mit 66 Jahren der älteste Rheinbacher Jude, der in Malyj Trostenez umgebracht wurde. Von der Familie Marx aus der Langgasse kamen dort nicht nur das Ehepaar Josef und Ida Marx zu Tode, sondern auch deren Kinder Ruth, Edith und Günther. Günther war gerade einmal zehn Jahre alt. Andere Rheinbacher Familien, die unter den Opfern in Malyj Trostenez Angehörige hatten, waren die Familien Geisel, Sommer, Schwarz, Salm, Wolf, Eis, Weber und Rolef.

Brief der damals 17-jährigen Ruth Herz ausgestellt

Ein bewegendes Dokument auf den Schautafeln ist der Brief der damals 17-jährigen Ruth Herz aus Bonn-Beuel: Während ihr Bruder Rafael mit Verwandten noch nach Palästina fliehen konnte, wurde sie und ihre Eltern Max und Edith Herz am 1. August 1941 in Endenich interniert. Fast ein Jahr später, einen Tag vor ihrer Deportation, schrieb die 17-jährige Ruth einen Abschiedsbrief an ihren Onkel. Sie war sich der misslichen Lage, in der sich ihre Familie und die anderen Juden befanden, sehr bewusst.

Dennoch macht dieser Brief deutlich, dass diese junge Frau immer noch Hoffnung auf ein besseres Leben hatte: „… es ist ein Glück, dass wir alle drei noch jung sind und uns vor keiner Arbeit scheuen. Auch werden wir uns in jeder Lebenslage zurechtfinden (…) Es ist eine harte Schule, durch die ich gehen muss, meine schönsten Jugendjahre gehen dahin, aber ich hoffe, es wird mir einmal doch noch zu Gute kommen.“ Sechs Tage nach dem Versand dieses Briefes waren Max, Edith und Ruth Herz tot.

Rheinbachs Bürgermeister Stefan Raetz betonte, dass es weiterhin wichtig sei, an diese schrecklichen Ereignisse zu erinnern. „Wir sind aufgerufen, wachsam zu sein, damit so etwas nicht mehr geschieht“, appellierte Raetz an die Zuhörer.

Astrid Mehmel, Leitern der Gedenkstätte Bonn und Kuratorin der Ausstellung, erklärte, dass in Malyj Trostenez rund 40 000 bis 60 000 Menschen, zumeist Juden, ermordet wurden. Dennoch sei vielen dieser Vernichtungsort unbekannt gewesen. Erst als in den 1960er Jahren Georg Heuser, der in den 1940er Jahren als Abteilungsleiter beim Kommandeur der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes in Minsk arbeitete, in Koblenz vor Gericht gestellt wurde, änderte sich dies. Heuser, der nach dem Krieg Karriere machte und es bis zum Leiter des Verfassungsschutzes in Rheinland Pfalz brachte, wurde 1963 schuldig gesprochen, in Minsk/Malyj Trostenez an der planmäßigen Ermordung von 11 103 Menschen beteiligt gewesen zu sein. (r./Bir)

Die Ausstellung ist bis zum 15. Februar im Rathausfoyer zu den üblichen Öffnungszeiten zu sehen. Am Dienstag, 12. Februar, erläutert Astrid Mehmel die Tafeln. Die zwei Führungen beginnen um 15 und 17.30 Uhr. Telefonische Anmeldung im Stadtarchiv Rheinbach, Tel.: (0 22 26) 917 550. Die Mitarbeiter des Stadtarchivs erläutern auf Anfrage auch Schulklassen und anderen Gruppen die Ausstellung.

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