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RheinbachSpendenlager in der ehemaligen Pallotti-Kirche eingerichtet

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Das Vereinsheim des SV Wormersdorf ist Notquartier für Flutopfer von der Ahr. 

Das Vereinsheim des SV Wormersdorf ist Notquartier für Flutopfer von der Ahr. 

Rheinbach – „Es geht mir wirklich ans Herz, wenn ich sehe, was die Leute bereit sind zu spenden und uns hier vorbeibringen.“ Zusammen mit einem Dutzend weiterer Ehrenamtlicher kümmerte sich Dorothee Götte gestern um das Sammellager in der ehemaligen Pallotti-Kirche. Es sind schon so viele Sachspenden eingegangen, dass der Platz knapp zu werden droht.

Am Vorabend waren auch noch ein Dutzend Lastwagen, vollgepackt mit Hilfsgütern für die Ahr-Region, die dort beim besten Willen nicht mehr unterzubringen waren, in Rheinbach angekommen. Mancherorts warten sogar freiwillige Helfer vergeblich auf einen Marschbefehl und müssen unverrichteter Dinge wieder abziehen.

Gigantischer Andrang von Helfern

Auch in Rheinbach war am Sonntag der Andrang an freiwilligen Helfern gigantisch. Mehr als 50 Leute halfen bei der Organisation der Sammelstelle und beim Sortieren der Spenden. Das ist ohnehin mittlerweile die wichtigste Arbeit hier, wusste Adi Becker, der im Wechsel mit Timo Wilhelm-Buchstab, Alfred Eich, Dorothee Götte und Hendrik Tenorth Ansprechpartner vor Ort ist. Mit einem wilden Durcheinander könne niemand etwas anfangen.

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Adi Becker, Musiker und Dirigent der „Tomburg Winds“, ist selbst ein Opfer des Hochwassers, sein eigener Keller stand unter Wasser und wartet noch immer darauf, wieder in Ordnung gebracht zu werden.

Deshalb wird zunächst grob vorsortiert und in eine Ecke die Lebensmittel, in einer anderen die Hygieneartikel, in der nächsten Ecke die Elektrogeräte und schließlich die Kleidungsstücke verteilt. In einem nächsten Schritt werden dann die Kleider für Herren, Damen und Kinder sortiert, anschließend geht es weiter mit der Unterscheidung nach Hemd, Hose, Unterwäsche, Socken oder Schuhen, und die wiederum werden nach Größen geordnet. „Wir brauchen weiterhin jede helfende Hand, die uns beim Sortieren der Kleidungsstücke hilft.“ Wer Lust habe, mitzumachen, solle einfach vorbeikommen und sich in die Helferliste eintragen.

Jeder kann einfach vorbeikommen

Einfach vorbeikommen und mitnehmen, was benötigt wird, kann auch jeder, der ein Opfer des Hochwassers wurde oder auch sonst bedürftig ist. „Wir könnten ja auch gar nicht kontrollieren, wer in welcher Art betroffen ist, da vertrauen wir auf die Ehrlichkeit der Menschen“ so Becker. Große Nachfrage gibt es nach Putzmitteln.

Nicht nur aus der Region kommen die Sachspenden, mitunter wurden sogar von weit entfernt Dinge angeliefert. So kam am Sonntagabend noch ein Transporter der Freiwilligen Feuerwehr Kleve mit Kleidungsstücken im Gepäck. Die nahmen sie auf Bitten von Becker dann zwar wieder mit, dafür fuhren die Feuerwehrleute auf eigene Faust und auf eigene Kosten los und besorgten palettenweise Getränke und auch noch 250 Liter Benzin in Kanistern. Ein anderer Spender hatte sogar ein fabrikneues Notstromaggregat samt Sprit bereitgestellt.

Geöffnet ist die Sammelstellen vorerst täglich von 8 bis 20 Uhr. Mit Lebensmitteln, Getränken und Kleidungsstücken versorgt hatte sich gestern auch die Großfamilie Horvath aus dem noch weitaus stärker als Rheinbach von der Hochwasserkatastrophe heimgesuchten Dörfchen Kreuzberg an der Ahr.

Familie findet bei Sportverein Unterkunft

Seit Donnerstag hat die elfköpfige Großfamilie im Vereinsheim des SV Wormersdorf eine Bleibe gefunden. „Ich hatte im geschäftsführenden Vorstand den Vorschlag gemacht, dass wir unser Vereinsheim für Menschen, die bei der Hochwasserkatastrophe obdachlos geworden sind, als Notunterkunft zur Verfügung stellen“, erzählt der SVW-Vorsitzende Dieter Spillmann. Zunächst hatte der Verein die Unterkunft bei der Stadt Bonn gemeldet, doch kurz darauf rief schon Ortsvorsteher Rolf Münch ihn an, denn bei dem war die Familie Horvath vorstellig geworden auf der Suche nach einer Bleibe. Da habe der Verein nicht lange überlegt und gleich die ganze Familie ins Sportlerheim einquartiert.

Das Haus gegenüber dem Sportplatz ist für einen solchen Fall recht gut ausgestattet mit Toilettenanlage, Duschen und sogar einer kleinen Küche. Im Aufenthaltsraum wohnt und schläft jetzt die Familie, die in Kreuzberg alles verloren hat. „Wir haben Glück, dass wir uns selbst retten konnten“, blickt Richard Horvath zurück. Durch das Küchenfenster konnte die Familie gerade noch auf den Balkon klettern, als das Wasser schon einen Meter hoch im Obergeschoss stand. Mit Mühe schafften sie es dann an einen höher gelegenen Ort, doch in den Wohnungen blieb alles zurück, „unser ganzes Leben“.

Viele Dokumente wurden Opfer der Flut

Von elf Personen haben nur noch drei Ausweise, fast alle Portemonnaies mit Geldkarten, Führerscheinen, Personaldokumenten und Geld wurden ebenso von den Fluten mitgerissen wie ein erst zwei Monate altes Auto von Vater Zoltan Horvath Senior.

Noch immer steht die Familie unter Schock und denkt nun darüber nach, ob und wie die Strom- oder Telefon-Verträge gekündigt werden müssen, was mit den Raten für das Auto geschieht oder wie sie wieder ein Handy organisieren kann. Immerhin hat eine Verwandte aus Meppen ihr Auto vorbei gebracht , so dass die Familie zumindest mobil ist. Doch am wichtigsten ist es für die Horvaths, möglichst bald wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Deshalb sind sie auch der Suche nach neuen Wohnungen.

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Vor neun Jahren waren sie aus Altenahrs Partnerstadt Martely in Ungarn an die Ahr gezogen und haben dort bislang in verschiedenen Bereichen in einem Altenahrer Hotel gearbeitet. Doch den Betrieb und damit die Arbeitsplätze gibt es nicht mehr, genauso wenig wie die Wohnungen in Kreuzberg, die nur wenige Meter von dem Fluss entfernt standen.

Nun müssen die Horvaths wieder ganz von vorne anfangen. Davor fürchten sie sich nicht, denn, so Richard Horvath: „Wir sind eine große Familie, wir halten zusammen und gemeinsam schaffen wir das schon.“

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