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„Der Mensch im Standby-Betrieb“Harald Lesch erhält Ciceropreis

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Der Ciceropreis wurde Harald Lesch (l.) von Gert Ueding und Kathrin Righi übergeben. Seit 1995 lehrt Lesch an der Münchener Uni als Professor für Theoretische Astrophysik, seit 2002 ist er Professor für Naturphilosophie an der Hochschule für Philosophie in München. Bekannt ist Lesch seit etlichen Jahren als Fernsehjournalist und Moderator (Leschs Kosmos; Terra X).

Der Ciceropreis wurde Harald Lesch (l.) von Gert Ueding und Kathrin Righi übergeben. Seit 1995 lehrt Lesch an der Münchener Uni als Professor für Theoretische Astrophysik, seit 2002 ist er Professor für Naturphilosophie an der Hochschule für Philosophie in München. Bekannt ist Lesch seit etlichen Jahren als Fernsehjournalist und Moderator (Leschs Kosmos; Terra X).

Bonn – Er wurde mit Lob und Applaus überhäuft, aber auch ein wenig durch den Kakao gezogen – natürlich liebevoll: Der Astrophysiker, Naturphilosoph und Wissenschaftsjournalist Harald Lesch ist im Kunstmuseum mit dem Cicero Rednerpreis 2018 des Bonner Verlags für die Deutsche Wirtschaft AG ausgezeichnet worden.

Der 58-Jährige ist der 43. Preisträger, aber der erste bedeutende Physiker, der mit einer Bronzebüste des römischen Staatsmannes und Philosophen Marcus Tullius Cicero nach Hause gehen durfte. Lesch nahm die Auszeichnung von Kathrin Righi vom preisstiftenden Verlag entgegen.

Vor 200 geladenen Gästen – darunter Professoren der Bonner Universität, an der Lesch promoviert und sich habilitiert hat – begründete der Juryvorsitzende, der Tübinger Rhetorikprofessor Dr. Gert Ueding, weshalb Lesch den Preis verdient habe, den der Verlag seit 1994 für herausragende rhetorische Leistungen verleiht. Mit ihm werde ein Redner geehrt, „der die schon von Cicero proklamierte Einheit von lebendiger Sprache, begrifflicher Kraft und Naturforschung mit einer Beredsamkeit verbindet, die selbst physikalische Erkenntnisse, fern von jeder menschlichen Anschauung, zum Sprechen bringt. Einen Redner auch, der mit großem Überzeugungsvermögen für eine Allianz des Menschen mit der Natur plädiert“. So steht es auch auf Leschs Urkunde.

Und dann bekamen alle viel Spaß, als Kabarettist Jochen Malmsheimer zu einer temporeichen, sehr humorvollen Festrede mit zahllosen Wortspielereien zu Ehren Leschs anhob. Zuvor aber nörgelte er ein bisschen. Als er im Frühsommer erfahren habe, dass Lesch den Ciceropreis bekommen solle, sei seine Freude getrübt worden, weil er als Festredner ausgeguckt worden war. Malmsheimer: „Ich schätze Lesch über alle Maßen, und er hat alle nur denkbaren Preise verdient. Aber kann man mich nicht einmal nur zu Häppchen und Sekt einladen?“

Lesch warnt vor künstlicher Intelligenz

Dass er dafür nun im Kunstmuseum zunächst „arbeiten“ musste, machte dem Kabarettisten trotzdem großen Spaß. Bestens gelaunt und mit vielen guten Pointen sinnierte er beispielsweise über den Sinn von Preisen: „Ein Preis preist ja nicht nur den Preisträger, sondern auch die Kompetenz der Jury und die Großzügigkeit des Mäzens.“ Oder über die Quantität von Preisen: Lesch habe viele Auszeichnungen, da könne es doch „mittlerweile eine Auszeichnung sein, keine zu bekommen“. Oder über die Qualität von Preisen: „Die manifestiert sich ja auch im Kollegium der vorherigen Preisträger.“ Zu den 42 Vorgängern Leschs zählen Namen wie Joachim Gauck, Herta Müller, Jean-Claude Juncker, Marcel Reich-Ranicki oder Thomas Gottschalk. Preisträger Lesch lobte er als „einen der zehn klügsten Männer der Republik, wobei mir die anderen neun gerade nicht einfallen wollen“.

Lesch bedankte sich mit einer kräftigen Umarmung bei Malmsheimer und erntete wie dieser Riesenapplaus für seinen Vortrag mit dem sperrigen Titel „42 – das Abendland und die Algorithmen – Vom Überleben in einer digitalen Diktatur“. Anschaulich und humorvoll skizzierte der Wissenschaftler die Tatsache, „dass die künstliche Intelligenz längst Einzug gehalten hat in unserem Alltag“. Er prophezeite zum Beispiel, dass sich der Kühlschrank eines Tages weigern werde, seine Tür zu öffnen, weil sein Besitzer ungesundes Zeug gekauft habe. „Das wird dann durch die Rückwand entsorgt und durch gesunde Lebensmittel ersetzt.“ Lesch warnt: „Das digitale Netz macht aus uns Menschen im Standby-Betrieb. Hinter der Digitalisierung steckt perfekte Gleichmacherei, und es geht ums Geldverdienen.“

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