93-Jährige vor GerichtLangjährige Mieterin muss raus aus ihrer Wohnung

Lesezeit 2 Minuten
Der Eingang des Amts- und Landgerichts Bonn

Der Eingang des Amts- und Landgerichts Bonn

Bonn – Fast drei Jahre hatte Elsa K. (Name geändert) darum gekämpft, dass sie in ihrer geliebten Wohnung bleiben darf. Lebenslang sozusagen, bis zu ihrem Tod. Im Jahr 1989, wenige Tage vor dem Mauerfall, war sie mit ihrem mittlerweile verstorbenen Ehemann in die Vierzimmerwohnung in Bad Godesberg eingezogen. Nach einem zweijährigen Rechtsstreit vor Bonner Gerichten ist jetzt klar: Die 93-Jährige muss ihre Wohnung räumen. Allerdings muss sie nicht sofort ausziehen, sondern hat noch eine sechsmonatige Frist bis Ende dieses Jahres. Auf diesen Vergleich haben sich die Parteien vor der 6. Zivilkammer des Bonner Landgerichts geeinigt, wie Gerichtssprecher Tobias Gülich gestern bestätigte.

Vermieter sind auch gebrechlich

Damit endet ein außergewöhnlicher Mietstreit: Denn die Vermieter von Elsa K. sind ebenfalls betagt und auch gebrechlich, der 81-jährige Ehemann ist mittlerweile sogar ein Pflegefall der Stufe IV. Da das Eigenheim, das die Eheleute viele Jahre bewohnt haben, wegen seiner verschiedenen Ebenen nicht behindertentauglich ist, wollten sie in die erste Etage der benachbarten Immobilie ziehen, in der Elsa K. lebt. Mit der Begründung: In dem Haus befindet sich unter dem Dach noch ein ausgebautes Studio, um eine Vollzeitpflegekraft unterzubringen. Entsprechend hatten sie ihrer Mieterin Elsa K. Anfang 2017 gekündigt.

Das Bonner Amtsgericht hatte im September 2017 in erster Instanz der Räumungsklage stattgegeben, die Gründe der Kläger, die auf Eigenbedarf geklagt hatten, seien „nachvollziehbar, nicht objektiv unsinnig oder missbräuchlich“. Dagegen war die 93-Jährige in Berufung vor das Landgericht gegangen. Ein Umzug, so ihre Begründung, stelle „eine unzumutbare Härte“ dar, da sie in einer fremden Umgebung unsicher sei und sich nicht orientieren könne. Ihre „Verpflanzung“ in eine neue Wohnung würde sie zu einem Pflegefall machen, so die Befürchtung auch der Familie. Bislang konnte sie selbst nach Einschränkungen durch einen leichten Schlaganfall ihren Alltag noch selbstständig meistern.

Ein Gutachten gab schließlich den Ausschlag für den Ausgang des Mietstreits: Weil das betagte Alter eines Mieters alleine noch kein Argument ist, hatte die Kammer im Januar 2019 einen neurologisch-psychiatrisches Sachverständigen beauftragt, die gesundheitliche Verfassung von Elsa K. zu überprüfen. Und der kam jetzt zu dem Ergebnis, dass die 93-Jährige trotz eingeschränkter Sehkraft, schwachem Kurzzeitgedächtnis und Gesichtsfeldverlust durchaus noch „umzugstauglich“ ist. Jedenfalls sei sie fitter als ihre Vermieter.

(AZ: Landgericht Bonn 6 S 114/18)

Rundschau abonnieren