Beethoven-Haus BonnZwei Originalhandschriften Beethovens ausgestellt

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Ganz nah am Original: Dr. Julia Ronge erläutert das Autograph des Liedes „Ruf vom Berge“ in Anwesenheit von Dr. Jens Pyper vom NRW-Kulturministerium (l.) und Professor Markus Hilgert von der Kulturstiftung der Länder (r.), dahinter Malte Boecker, Direktor des Beethoven-Hauses.

Ganz nah am Original: Dr. Julia Ronge erläutert das Autograph des Liedes „Ruf vom Berge“ in Anwesenheit von Dr. Jens Pyper vom NRW-Kulturministerium (l.) und Professor Markus Hilgert von der Kulturstiftung der Länder (r.), dahinter Malte Boecker, Direktor des Beethoven-Hauses.

Bonn – Nein, ein Fürstenliebling und Speichellecker war Ludwig van Beethoven nie, auch wenn er es sich in Wien gefallen ließ, von Fürsten maßgeblich gefördert zu werden. Der junge Beethoven setzte sich für die Menschenrechte ein. Wie stark, beweist ein Briefchen, das Beethoven im September 1795 von Wien aus an seinen Jugendfreund Heinrich von Struve nach St. Petersburg schickte, wo Struve mittlerweile in diplomatischen Diensten des Zarenreiches aktiv war.

„Lieber! Du bist also jetzt in dem Kalten Lande wo die Menschheit noch so sehr unter ihrer Würde behandelt wird ... wann wird der Zeitpunkt kommen wo es nur Menschen (Anm. unterstrichen) geben wird? Wir werden wohl diesen Glücklichen Zeitpunkt nur an einigen Orten heran nahen sehen – aber allgemein – das werden wir nicht sehen, da werden wohl wohl noch Jahrhunderte vorübergehen.“

Ein bemerkenswertes Selbstzeugnis des jungen Beethoven, das der Direktor des Beethoven-Hauses, Malte Boecker, zu Recht als bedeutendes Zeitdokument wertet. Boecker schätzt sich glücklich, dass dieser Brief plus ein weiteres Beethoven-Autograph, das Lied „Ruf vom Berge“ WoO 147 aus dem Jahre 1816, nun in den Besitz des Beethoven-Hauses gekommen ist. Das war nur durch die großzügige Unterstützung der Bundesregierung, der Kulturstiftung der Länder sowie des Kultur- und Wissenschaftsministeriums von NRW möglich, die je ein Drittel der Kaufsumme übernahmen. Die beiden Autographen waren im Juni bei einer Auktion in Paris unter den Hammer gekommen.

Brief von Beethoven aufgetaucht

Beide Originalhandschriften waren bis vor kurzem unbekannt. Die Handschrift des Liedes WoO 147 galt seit langem als verschollen und tauchte erstmals 2004 auf dem Autographenmarkt auf. Beethoven hatte diese Niederschrift dem Librettisten seiner Oper „Fidelio“, Friedrich Treitschke, geschenkt, der auch den Text des Liedes verfasst hatte. Eine Version des Liedes war 1817 als Musikbeilage in Treitschkes Gedichtband erschienen. Im Beethoven-Haus befindet sich bereits seit 1956 in der Sammlung Bodmer ein Brief, in dem Beethoven den Dichter bittet, die Musikhandschrift dem Verleger Steiner zu übergeben, um entstandene Fehler bei der Drucklegung auszumerzen.

Der Brief Beethovens an seinen Jugendfreund Heinrich von Struve vom September 1795 ist im Original nur handtellergroß.

Der Brief Beethovens an seinen Jugendfreund Heinrich von Struve vom September 1795 ist im Original nur handtellergroß.

Vergleicht man das neu erworbene Autograph mit der bisher bekannten (Fehler-)Version des Liedes, so finden sich etliche Varianten im Notentext. „Wir können nun endlich dem Wunsch Beethovens entsprechen und die Version des Liedes in die Welt bringen, die er veröffentlicht haben wollte“, freut sich Dr. Julia Ronge, designierte Kustodin des Beethoven-Hauses.

Noch bemerkenswerter ist der Brief Beethovens an Heinrich von Struve. Er tauchte erst 2012 im Autographenhandel auf und war bis dato gänzlich unbekannt. „Mit diesem Brief kommen wir der progressiven Haltung Beethovens und seines Bonner Freundeskreises zu den Idealen der französischen Revolution besonders nahe“, erklärte Malte Boecker gestern bei der Präsentation der Autographen. Die beiden Handschriften können zunächst nur auf der Website des Beethoven-Hauses eingesehen werden, im Beethoven-Jubiläumsjahr 2020 werden sie dann in einer der Jubiläums-Ausstellungen präsentiert.

www.beethoven.de

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