Fast verdoppeltKosten für neue Viktoriabrücke in Bonn steigen auf 45 Millionen Euro

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Als innerstädtische Verbindung von großer Bedeutung: Die Viktoriabrücke wird bis 2021 neu gebaut.

Als innerstädtische Verbindung von großer Bedeutung: Die Viktoriabrücke wird bis 2021 neu gebaut.

Bonn – Wieder einmal laufen bei einem Bauprojekt der Stadt die Kosten aus dem Ruder: Der Neubau der Viktoriabrücke samt Verbindungsrampe zur Thomastraße, Fußgänger- und Fahrradunterführung sowie Kreisverkehr am Alten Friedhof wird zirka 45 Millionen Euro kosten und damit gut 20 Millionen mehr, als ein externes Büro im Jahr 2012 geschätzt hatte.

Für die Kostenexplosion gibt es laut Stadtbaurat Helmut Wiesner vor allem drei Gründe: Die sehr lange Laufzeit des Projekts, gravierende Änderungen in der Planung und die konjunkturelle Lage, die zusammen mit dem öffentlichen Vergaberecht dafür sorge, dass von den Firmen „Mondpreise“ verlangt würden.

„Das ist ein ungenierter Griff in öffentliche Kassen“, wetterte Wiesner. Da noch nicht alle Arbeiten ausgeschrieben sind, können weitere Mehrkosten nicht ausgeschlossen werden.

Planung Ende 2018 erst abgeschlossen

Belastbare Zahlen konnten unter anderem erst jetzt vorgelegt werden, weil die Planung erst Ende 2018 abgeschlossen und anschließend die Ausschreibungen auf den Weg gebracht werden konnten. Deren Ergebnisse liegen jetzt vor.

Demnach kostet allein der Abriss und Neubau der Brücke 28,54 Millionen Euro, ursprünglich veranschlagt waren 12,5 Millionen Euro. Doch es gibt auch ein Trostpflaster: Von der Bezirksregierung gebe es Signale, dass sie, wie bei den geplanten Ausgaben auch, die Mehrkosten zu 60 Prozent übernehmen werde.

Wiesner sowie Monika Gehrmann und Oliver Neitzel vom Tiefbauamt betonten, dass wegen der 2006 und 2009 festgestellten erheblichen Schäden an der Brücke unmittelbarer Handlungsbedarf bestanden habe, das Bauwerk von 1949 abzureißen und zu erneuern. Da die Brücke über eine der meist befahrenen Zugstrecken Europas verlaufe, habe die Stadt frühzeitig die Jahre im Voraus abzustimmenden Sperrpausen bei der Deutschen Bahn (DB) beantragt und erste Genehmigungen für 2016 erhalten. Und nur in diesen Pausen könne gearbeitet werden.

Klassiker bei großen Bauprojekten

„Dann kam es zu einem Klassiker, wenn es darum geht, Projekte unsicherer zu machen: einer Veränderung der Planung. Es wurde eine andere Brücke gebaut, als geplant war“, sagte Wiesner. Der Entwurf von 2012 wurde verworfen und ein Gestaltungswettbewerb durchgeführt. Der neue Entwurf des Berliner Büros „Kolb/Ripke“ wurde erst Mitte 2015 beschlossen.

„Das brachte uns in die prekäre Lage, dass wir, um die mit der Bahn vereinbarten Sperrpausen einzuhalten, mit den ersten Maßnahmen wie dem Abriss der Osthälfte schon im Herbst 2016 beginnen mussten , obwohl die Planungen noch nicht abgeschlossen waren und auch noch der Beschluss für die Gestaltung des Fuß- und Fahrradtunnels ausstand“, erklärte Gehrmann.

Keine Planung für ursprüngliche Schätzung

Neitzel hob zudem hervor, dass es sich bei der Kalkulation von 2012 um eine grobe Schätzung gehandelt habe: „Da steckte keine Planung dahinter. Damals wurde nur ein bestimmter Betrag pro Quadratmeter Brücke angesetzt.“ Insofern seien die 25 Millionen Euro nicht sehr belastbar gewesen. „Nachdem der neue Entwurf vorlag, hat ein Büro die dadurch entstehenden Mehrkosten auf 880.000 Euro geschätzt“, unterstrich Gehrmann.

Zahlenvergleich

Die Übersicht zeigt einen Vergleich der Kostenschätzung aus dem Jahr 2012 mit den aktuellen Zahlen:

Erneuerung Stahlbrücke und Vorlandbrücken: 12,5 Millionen – 28,5 Millionen Euro;

Fußgänger- und Radunterführung: 2,8 Millionen – 5,7 Millionen Euro; Lichterhimmel (2015): 880 000 – 1,5 Millionen Euro. (wki)

Während der Sanierungsarbeiten gab es dann zusätzliche Probleme: Weil der der große Stauraumkanal unter der alten Rampenwand auf der Westseite die höheren Verkehrslasten des Brückenbauwerks nicht ableiten kann muss er für 960 000 Euro verlegt und erneuert werden. Auch die Rampenwände müssen entgegen der ursprünglichen Planung erneuert werden.

Bei einem Teilabbruch hatte sich herausgestellt, dass die Bestandspläne fehlerhaft waren. Weitere, erst im Verlauf des Projekts von der DB eingeforderte Arbeiten an Fahrleitungen, Fahrleitungsmasten und Kabeltrassen verursachen laut Stadt Zusatzkosten von rund 700 000 Euro.

Für finanzielle Unwägbarkeiten sorgen jetzt noch der Lichterhimmel und die Rampe sowie die Fußgänger- und Fahrradunterführung, für die zurzeit nur Schätzkosten angegeben werden können. 2021 soll das Projekt abgeschlossen sein. Eins stellte der Stadtbaurat zum Abschluss klar: „Bonn braucht diese Brücke. Sie hätte auch neu gebaut werden müssen, wenn die jetzt ermittelten Kosten bekanntgewesen wären.“

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