Kampf um den NachwuchsHandballvereine glauben nicht an Boom durch Weltmeisterschaft

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Am Minispielfestival der Handballspielgemeinschaft Siebengebirge nahmen 14 Teams mit knapp 100 Kindern teil.

Am Minispielfestival der Handballspielgemeinschaft Siebengebirge nahmen 14 Teams mit knapp 100 Kindern teil.

Bonn/Rhein-Sieg-Kreis – Eine Welle der Begeisterung schwappte während der Handball-Weltmeisterschaft durch die Republik. Zwar klappte es leider nicht mit dem Titel für die deutsche Auswahl, doch das Turnier wird vielen in bester Erinnerung bleiben. Die Frage, die sich stellt, lautet: Wie können die Vereine von diesem Spektakel profitieren? Die Rundschau hat sich in der Region umgehört.

Am Sonntag fand bei der HSG Siebengebirge das Minispielfestival statt. Knapp 100 Kinder aus 14 Mannschaften eiferten ihren Idolen Uwe Gensheimer, Fabian Wiede und Andreas Wolff nach. Auf den Kleinen ruht die Hoffnung aller Clubs. Die HSG bot ein Public Viewing zum Halbfinale und den Endspielen an. Die WM war im Siebengebirge omnipräsent. Mit Leonardo Jochim stellte der Verein einen Spieler, der bei der Partie Brasilien gegen Deutschland die Gäste-Fans in der Lanxess-Arena auf portugiesisch begrüßen durfte: „Es wird schwierig, die Popularität der WM in Zahlen zu messen. Handball ist als faszinierender Sport im Fernsehen gut herübergekommen“, sagt Pressesprecher Matthias Reintgen.

Die TV-Präsenz ist in den Augen von Peter Bitzer, der Mädchen und Jungen bis zehn Jahren bei der TSV Bonn trainiert, ein wichtiger Faktor, um Nachwuchs zu generieren: „Wenn ARD und ZDF die Spiele zeigen, spüren wir immer etwas. Seit zwei Wochen begrüßen wir viele Neulinge im Kleinkinderbereich.“ Dennoch befürchtet Bitzer, dass ein Boom ausbleibt: „Die Nachhaltigkeit ist nicht gegeben, nach 14 Tagen ebbt das Interesse wieder ab.“

Die Vereine sind aktiv in den Grundschulen

Das sieht Andreas Kurenbach, 2. Vorsitzender der HSG Geislar-Oberkassel, genauso. Acht Anfragen von Eltern erreichten die Spielgemeinschaft, deren Sprösslinge ein Probetraining absolvieren wollen. Überraschend: Gleich fünf Mädchen zählte Kurenbach. Die WM animiert also keinesfalls nur Jungs, sich in die Halle zu trauen: „Hinzu kommen viele, die eigentlich aufgehört haben, es jetzt aber noch einmal versuchen möchten“, so Kurenbach.

Ein Massenansturm blieb bislang auch beim TV Rheinbach aus. Der Verein startete jüngst ein Projekt an der Nikolaus-Schule in Bornheim-Waldorf. Langsam will der RTV die Grundschüler an die Sportart heranführen. Jugendkoordinator Tobias Swawoll hofft, dass sich im Bereich der Minis sowie E- und F-Jugendlichen (also die Sechs- bis Zehnjährigen) etwas tut. Dazu sei es erforderlich, den Weg in die Schulen zu gehen: „Wir müssen die Kinder dort abholen, wo sie stehen. Die WM war Werbung für den Handball, das sollten wir ausnutzen.“ Ihm schwebt eine Grundschulmeisterschaft in Rheinbach und eventuell auch den umliegenden Kommunen vor, die Begeisterung bei Anfängern und potenziellen Vereinsspielern entfachen soll.

Diese Veranstaltung existiert in Bonn bereits seit vielen Jahren und hat sich bewährt. Seit mehr als zehn Jahren organisieren der Handballkreis und das städtische Sportamt das Turnier, das traditionell in der Hardtberghalle stattfindet: „Die Teams bestehen aus fünf Akteuren und spielen auf dem Kleinfeld. Dadurch ist es einfach, Mannschaften zu bilden“, erklärt Bitzer.

Nachwuchsarbeit lohnt sich

Die TSV ist darum an mehreren Grundschulen im direkten Umfeld der Halle an der Ringstraße, der Trainingsstätte des Vereins, präsent. Als nächsten Schritt wollen die Beueler Handball-AGs in den Schulen anbieten.

Derzeit betreut die TSV zwischen 200 und 250 Kinder und Jugendliche. Um diese Zahl auszubauen oder wenigstens halten zu können, ist intensive Nachwuchsarbeit unerlässlich. Viele Mädchen und Jungen haben mehrmals die Woche auch Nachmittags noch Unterricht. Die Zeiten, in denen sie selbst die Initiative ergriffen und bei den Übungseinheiten vorstellig wurden, sind längst passé.

Doch es lohnt sich, diesen Kampf auf sich zu nehmen. Gerade der TV Rheinbach kann ein Lied davon singen. Deutschlands Torhüter Andreas Wolff hielt bei der HSG Rheinbach/Wormersdorf seine ersten Bälle, bevor er mit 16 Jahren zum TV Großwallstadt wechselte. Spätestens seit dieser WM kennt ihn fast jedes Kind in Deutschland.

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