Nach Schlägerei im SupermarktMaskenverweigerer aus Troisdorf von Gericht verurteilt

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Ein Angeklagter (2.v.l.), die Verteidiger sowie zwei Dolmetscherinnen beim Prozessbeginn in Bonn.

Bonn/Troisdorf – Am Abend des 8. Mai 2020 schickte Anna S. ihrem Bruder Alexander S. diese Whatsapp-Nachricht: „Komm mit uns, morgen ziehen wir in den Krieg!“ Der „Krieg“ war die Privatfehde ihres Lebensgefährten Nicolay C. gegen staatliche Regeln. Zwei davon: Autofahren nur mit Führerschein und Maskenpflicht wegen Corona.

Beides erkannte C., 36 Jahre alt und in Moldawien geboren, nicht an. Sein in der Heimat erworbener Führerschein wird in Deutschland nicht anerkannt, die Kfz-Stelle der Stadt Bonn hat ihm das wiederholt mitgeteilt, C. aber pfiff drauf.

Maskenpflicht? Für ihn „Corona-Wahnsinn und Sklaverei“, schrieb er in einem Pamphlet. Aber da war sein „Krieg“ schon vorbei, bei dem zwei Polizisten verletzt worden waren. Die 1. Große Strafkammer des Bonner Landgerichts zog am Freitag die „Krieger“ zur Verantwortung. Nicolay C. wurde wegen vorsätzlicher Körperverletzung, Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, Beleidigung und Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einem Jahr und vier Monaten Haft verurteilt, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurden. Zudem muss er 200 Sozialstunden leisten.

Angeklagter wird der Reichsbürgerszene zugerechnet

Sein Freund Alexander S. (39), der bei dem „Krieg“ eher unwillig mitgemacht hatte, erhielt wegen der gleichen Delikte plus Widerstands gegen Polizeibeamte eine Bewährungsstrafe von zehn Monaten. Das Verfahren gegen Anna S. wurde abgetrennt, weil sie vor wenigen Wochen ein Kind geboren hat. Vater Nikolay C. wird der Reichsbürgerszene zugerechnet und musste am ersten Verhandlungstag von der Polizei vorgeführt werden, weil er das Gericht nicht anerkannte.

C. hatte nach Überzeugung des Vorsitzenden Richters Jens Rausch „eine passende Bühne“ gesucht, um seine „Weltanschauung zu präsentieren“. Das Trio betrat am 9. Mai einen Troisdorfer Supermarkt, mit Body-Kamera und Protestflugblatt gegen die Maskenpflicht im Gepäck. Alexander S. sollte dolmetschen, Anführer C., der deutschen Sprache nur marginal kundig, rechnete mit Diskussionen.

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Die gab es auch, zunächst mit Verkaufspersonal, das darauf hinwies, im Geschäft müssten Mund und Nase bedeckt werden. Kurz darauf rückten zwei Polizeibeamte an. Sie fanden eine aufgeheizte Stimmung vor, die bald in Aggression umschlug. Die Polizisten wurden von den Angeklagten attackiert, einer erlitt einen Nasenbeinbruch. In der Beweisaufnahme stützte sich die Kammer auf Bilder der Überwachungsanlage und auf ein Videos, das C. am Abend danach ins Netz gestellt hatte.

Das Gericht blieb im Urteil unter den Strafanträgen der Staatsanwaltschaft, die Haftstrafen ohne Bewährung gefordert hatte. Die Kammer hielt Alexander S. sein Geständnis zugute, er hatte sich entschuldigt und Reue gezeigt. Bei Nicolay C. sehen die Richter eine günstige Sozialprognose. Der Angeklagte habe, so Rausch, in dem Verfahren gespürt, dass es „Regeln gibt, die dazu führen, dass alle Menschen miteinander leben können“.

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