RitualeWeit weg von Verschwörungen – Einblick in die Bonner Freimaurer-Logen

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Bonn – Jürgen Streich, glaubt man diffusen Quellen aus dem Internet und der Meinung von Verschwörungstheoretikern, ist Teil einer global vernetzten Macht, die im Verborgenen die Geschicke der Welt bestimmt.

Streich, der als Journalist und Autor arbeitet, ist Freimaurer. Dass er das weltpolitische Geschehen lenkt oder gar die Weltherrschaft anstrebt, ist ihm allerdings neu: „Dieser Irrglaube ist wohl historisch bedingt“, sagt er und lehnt sich in den gemütlichen Sessel im Bonner Logenhaus der Freimaurer zurück.

Für eine bessere, gerechtere Welt

Die Institutionalisierung der „Königlichen Kunst“ begann vor 300 Jahren. Damals hätten die Herrschenden und allen voran auch die Kirche nicht gerne gesehen, dass sich Menschen wie Streich, die sich für Vernunft und das freie Denken einsetzen, treffen. Mitglieder waren, weil Freimaurerei im Lauf der Geschichte immer wieder verboten wurde, nicht selten willkürlicher Verfolgung ausgesetzt.

Standen interessierten Bürgern in ihrem Haus Rede und Antwort: die Logenvertreter (v.l.) Christian Arens, Ulrike Stach-von Gehlen, Jürgen Streich und Werner J. Kraftsik.

Standen interessierten Bürgern in ihrem Haus Rede und Antwort: die Logenvertreter (v.l.) Christian Arens, Ulrike Stach-von Gehlen, Jürgen Streich und Werner J. Kraftsik.

So sei man gut beraten gewesen, sich im Verborgenen zu halten: „Es ist ja nicht so, dass wir etwas zu verbergen hätten, ganz im Gegenteil: Die Tendenz geht momentan hin zu einer Öffnung.“ Interne Diskretion sei aber dennoch wichtig, damit man auch die Möglichkeit habe, über die unterschiedlichsten Dinge frei und unbefangen zu diskutieren, sagt Streich.

Insgesamt acht von neun Bonner Logen standen nun einer breiten Öffentlichkeit zum Gespräch bereit und gaben Einblicke in ihre Rituale und Traditionen. Dr. Johannes Pölzl, der wie Streich der Kosmos-Loge angehört, hat es aus purer Neugier zur Freimaurerei gebracht: „Ich habe an einem Gästeabend teilgenommen und war dann sofort von der Idee der Arbeit an sich selbst, der internationalen Verbundenheit und der Brüderlichkeit begeistert.“

Tempel der Humanität

Das übergeordnete Prinzip, den Tempel der Humanität – also eine bessere, gerechtere Welt zu errichten – streben die Freimaurer an. Um das darzustellen, gibt es verschiedene Symbole: der raue Stein, der die ungeschliffene Persönlichkeit darstellt, das Senkblei steht für die aufrechte Verortung in der Welt, der Maßstab steht für die Einteilung der Zeit, um zu den entsprechenden Erkenntnissen zu gelangen, und die drei Säulen, die für Weisheit, Stärke und Schönheit stehen. So weit die Theorie.

Freimauerei bedeutet aber nicht nur Diskussionen und persönliche Reflexion. Die Bonner Kosmos-Loge zum Beispiel, die vor 40 Jahren als Diplomatenloge gegründet wurde, unterstützt neben örtlichen Wohltätigkeitsorganisationen auch die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS) und „Reporter ohne Grenzen“.

Älteste Logen stammt von 1928

Eine der älteren Bonner Logen heißt Beethoven zur ewigen Harmonie. Sie wurde 1928 gegründet, zog sich nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten aber zurück und war nach dem Krieg die erste Bonner Loge, die wieder offiziell bestehen durfte. Dieser klare politische Standpunkt war für den stellvertretenden Vorsitzenden ein Grund, vor 40 Jahren in die Loge einzutreten: „Das haben damals leider nicht alle Logen gemacht.“ Seinen Namen möchte er nicht in der Zeitung lesen, er arbeite im öffentlichen Dienst: „Das ist nicht gerne gesehen, da herrscht leider noch viel Unkenntnis über Freimaurerei.“

Mitglied in einer Loge kann grundsätzlich jeder werden. Regelmäßig werden sogenannte Gästeabende veranstaltet, an denen jeder teilnehmen und sein Interesse bekunden kann.

Die Logen

Im Freimaurer-Haus an der Dyroffstraße 2 sind neun Logen beheimatet. Folgende präsentierten sich nun der Öffentlichkeit: Neuer Tempel Salomos, Prometheus, Kosmos, Bond of friendship Lodge, Licht und Wahrheit, Miguel de Cervantes Saavedra und Beethoven zur ewigen Harmonie.

Die größte Bonner Loge ist Kosmos mit 80 Mitgliedern. Die Logen sind vereint durch das übergeordnete Ziel des Tempels der Humanität – der Errichtung einer besseren Welt – und unterscheiden sich im Wesentlichen nur in der Art und Weise, dieses zu erreichen. So ist die Beethoven-Loge eng verbunden mit Musik, andere setzen sich mehr mit Symbolik auseinander, wieder andere legen mehr Wert auf eine zielführende Diskussionskultur. Untereinander sind die Logen weltweit verknüpft. Sie stehen in regem Austausch untereinander. Mit geheimen Zeichen, Worten oder Griffen können sich Freimaurer auf der ganzen Welt gegenseitig zu erkennen geben. (mhd)

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