Rundschau-GesprächWas Bonns neue Sport- und Kulturdezernentin plant

Lesezeit 5 Minuten
Dr. Birgit Schneider-Bönninger will als neue Dezernentin die tiefen Gräben überwinden, die sich zwischen Sportlern und Kulturschaffenden über Jahrzehnte hinweg aufgetan haben.

Dr. Birgit Schneider-Bönninger will als neue Dezernentin die tiefen Gräben überwinden, die sich zwischen Sportlern und Kulturschaffenden über Jahrzehnte hinweg aufgetan haben.

Bonn – „Machen wir uns daran, die gordischen Knoten zu durchschlagen.“ Die neue Sport- und Kulturdezernentin Dr. Birgit Schneider-Bönninger ist voller Tatendrang und zuversichtlich, dass auch schwierige Themen gelöst werden können. In ihrer neuen Heimat Bonn ist sie dabei schon angekommen: „Ich bin mittendrin im Leben und in den Themen.“ Mit einer positiven Ausstrahlung, viel Optimismus und dem unbändigen Willen zu tragfähigen Kompromissen will die neue Frau in der Spitze der Stadtverwaltung das schier Unmögliche möglich machen und Sport und Kultur in Bonn zusammenbringen. Dabei ist sich die 55-jährige neue Beigeordnete bewusst, dass sie vor einer Herkulesaufgabe steht: Sie muss nicht nur den gewaltigen Sanierungsstau, der in beiden Bereichen herrscht, auflösen, sondern gleichzeitig die tiefen Gräben überwinden, die sich zwischen Sportlern und Kulturschaffenden über Jahrzehnte hinweg aufgetan haben. Trotzdem geht sie voller Vorfreude an ihre Aufgaben: „Bonn hat ein Megaentwicklungspotenzial in beiden Themenbereichen. Es macht richtig Spaß“, betont Schneider-Bönninger im Gespräch mit der Redaktion der Bonner Rundschau. „Viele strategische Entscheidungen und Weichenstellungen stehen an, die uns bewegen.“ Sport und Kultur müssten künftig zusammen gedacht und produktiv zusammengebracht werden. Dafür sei intern eine Arbeitsgruppe eingerichtet worden.

Gemeinsamkeiten

„Da gibt es viele Anknüpfungspunkte, weil Sport und Kultur für den sozialen Zusammenhalt in einer Stadtgesellschaft wichtig sind und beide für Teilhabe, Toleranz und Talente stehen. Es ist ja auch normal, dass ein Mensch beides lebt“, meint die Dezernentin, die bei ihren früheren Stationen in Wolfsburg und Stuttgart auch immer wieder „Cross-over-Projekte“ zwischen Sport und Kultur betreut hat. „Kultur und Sport sind absolute Zukunftsfaktoren und Entwicklungstreiber für die ganze Stadt.“ Die Sanierung der Sportstätten und der Kulturgebäude sei die „Jahrhundertaufgabe für Bonn“. In der Politik sei ein Wille erkennbar, etwas zu tun und zudem ein Verständnis dafür da, dass es fünf vor zwölf sei. „Ich denke, allen ist klar, dass investiert werden muss. Auch da bin ich mal grundoptimistisch.“ Bonn habe als UN-Klimastadt zudem die besondere Verpflichtung, die 17 Nachhaltigkeitsziele zu leben. „Das wird auch im Sport und in der Kultur ein großes Thema werden, wenn wir bauen. Auch beim Kunstrasen werden wir nach alternativen Materialien schauen.“

Sport

Die Affinität zum Sport wurde Schneider-Bönninger wohl schon in die Wiege gelegt: „Ich komme fast aus Dortmund und bin von klein an leidenschaftlicher BVB-Fan und passionierte Stadiongängerin.“ Heute fahre sie viel mit ihrem Dienst-E-Bike und gehe schwimmen. „In Bonn befinden wir uns mit dem Sportentwicklungsplan gerade auf der Zielgeraden. Er wird Meilensteine setzen.“ Der Plan solle auch als „Initialzündung für eine Sanierungsoffensive im Sportbereich“ genutzt werden. „Wir müssen die Politik überzeugen, denn neben Drittmitteln brauchen wir für die Maßnahmen auch Geld aus dem städtischen Budget. Wir sagen jetzt: Ran an die Hallen und die Sportstätten.“ Die seien auch eine Visitenkarte einer Stadt und wichtig für die Zukunft der Vereine. Berücksichtigt werden müsse aber auch, dass die Gesellschaft im Wandel sei und der Freizeitsport immer stärker werde. „Große Zukunftsprojekte sind die Sanierung der Stadien im Sportpark Nord und im Pennenfeld.“ Auch der inklusive Gedanke spiele eine zentrale Rolle: Mit barrierefreien Sportarealen, nationalen und internationalen Wettkämpfen mache sich Bonn auf den Weg zur „Sportstadt für alle“.

Kultur

„Wir werden irgendwann wieder vor der Frage stehen: Was machen wir mit dem Theater Bonn, mit der Oper? Deshalb brauchen wir ein Zukunftskonzept, wohin die Häuser entwickelt werden. Wir müssen auch darüber nachdenken, wie wir sie noch stärker für die Stadtgesellschaft öffnen können.“ Das Theater Bonn gehe diesen Weg schon und mache viel mit der freien Szene. Solche Synergien müssten noch mehr genutzt werden. „Ich habe fast alle Spielstätten schon besucht. Die freie Szene ist quicklebendig und hat viele Facetten.“ Es gehe aber auch um Wertschätzung. Die freie Szene habe oft das Gefühl, dass sie ganz viel mache, aber kaum wahrgenommen werde. Schneider-Bönninger will sich für Förderungen durch die Stadt einsetzen. „Wir müssen uns auch neue Förderinstrumente überlegen, um das flexible Arbeiten in der freien Szene zu ermöglichen. Am besten zapfen wir dafür neue Töpfe an, vielleicht muss aber auch Geld umgeswitcht werden.“

„Geht nicht“, meint die Dezernentin kurz und knapp auf die Frage, ob es möglich ist, wie geplant ab 2023 jährlich 3,5 Millionen Euro im städtischen Kulturetat einzusparen. „Das Theater Bonn ist schon sehr geschrumpft worden, mehr geht einfach nicht.“ Die Qualität müsse stabil gehalten werden. „Auch das wird ein Thema in den Haushaltsberatungen.“ Die Dezernentin macht auch klar: „Bonn braucht eine Oper, keine Fusion mit Köln. Der Ansatz ist, die Oper weiterzuentwickeln und neue Zielgruppen zu erschließen. Das Theater macht das ja schon und überlegt jetzt, auch in die Stadtteile zu gehen und die Kultur zu den Menschen zu bringen.“ Ein Vorbild könne das Beethoven Orchester Bonn (BOB) sein. „Dirk Kaftan bringt mit seinen Konzerten Klassik in die Stadtgesellschaft.“ Kaftan sei ein Glücksfall für die Stadt.

Bäder

Den laufenden Prozess für die Entwicklung eines zukunftsfähigen Bäder-Konzepts mit intensiver Bürgerbeteiligung, der nach dem Bürgerentscheid gegen das Bad in Dottendorf angestoßen wurde, sieht die 55-Jährige positiv. „Am Ende müssen wir einen Konsens erzielen.“ Bislang hätten die Bäder kein Profil. Die Stadt brauche unter anderem ein Sportschwimmbecken für Wettkämpfe, ein Familienbad und ein Gesundheitsbad mit Sauna und Wellness. „Schulschwimmen ist ein großes Thema. Viele wünschen sich zudem ein wohnortnahes Angebot. Wie wir das am Ende zusammenbringen, müssen wir sehen. Man muss schauen, was Sinn ergibt.“

Beethovenjahr 2020

„Ein Riesen-Beethovenjahr liegt vor uns, das Jubiläumsjahr 2020. Es wird ein Feuerwerk von Veranstaltungen geben.“ Sorge, dass Besucher bei der Masse von Veranstaltungen den Überblick verlieren könnten, hat die neue Dezernentin nicht: „Das gehört zu einem großen Fest, und dann ist auch für jeden Geschmack etwas dabei.“ In der Verwaltung mache man sich schon Gedanken, wie es mit der Marke Beethovenstadt nach 2020 weitergehen soll.

Rundschau abonnieren