Seit 1994 verschwundenZwielichtiger Hinweisgeber im Fall Hagen

Lesezeit 3 Minuten
Symbolbild.

Symbolbild.

BONN – Ein ehemaliger Privatdetektiv bringt den Fall Hagen wieder ans Licht der Öffentlichkeit. Der 68-jährige Helmut P. hat sich beim Bonner „Express“ gemeldet und behauptet, er besitze einen Teppich aus dem Haus der Eheleute Wilfried und Doris Hagen aus dem kleinen Ort Heidebergen, die seit dem 13. Juli 1994 spurlos verschwunden sind. Wenn die Geschichte des Mannes stimmt, könnte sie Bewegung in eine der mysteriösesten Kriminalgeschichten Bonns bringen.

Doch Helmut P. ist eine zwielichtige Person. Er hat mehr als vier Jahrzehnte die Kölner Justiz beschäftigt, immer wieder stand der Ex-Boxer vor Gericht, auch wegen Gewaltdelikten. 1974 schlug er im Gerichtsgebäude am Reichensbergerplatz in Köln mit einem Komplizen zwei Wachmänner nieder und flüchtete. 1993 sprang er während einer Verhandlung im Landgericht aus einem gesicherten Glasfenster und haute wieder ab. Der vom Boulevard „Ausbrecherkönig“ genannte Kriminelle wurde im Jahr 2000 verurteilt, weil er unter anderem einen ehemaligen Müllunternehmer, einen Finanzkonzern und eine prominente CDU-Politikerin mit angeblich brisanten Beweismitteln um mehr als 100.000 Mark erleichtert hatte. Doch auf den von ihm als Beweis vorgelegten Videokassetten und Tonbändern war nichts zu sehen und zu hören.

„Ich schieß dir die Birne weg“

Im Mai 2012 stand P. erneut in Köln vor Gericht, wieder wegen Betrugs sowie Beleidigung mit Nötigung. Er soll einen über 80-Jährigen um Geld betrogen haben; diese Anklage wurde aber fallengelassen. Verurteilt wurde P. nur wegen Beleidigung unter anderem von Kölner Richtern sowie eines Redakteurs der Kölnischen Rundschau, dem er gedroht hatte, „ich schieß dir die Birne weg“, wenn ein Foto von ihm erscheine. P. bekam elf Monate Haft auf Bewährung und kündigte danach an, in Rente zu gehen.

Doch wie er dem „Express“ jetzt berichtete, habe ihn der Fall Hagen nicht losgelassen, und über Kontakte nach Russland habe er von jenem Teppich gehört, der aus dem Haus des Ehepaars mitgenommen worden war. Über Mittelsmänner sei der Seidenteppich nach Leverkusen gebracht worden, wo er ihn erworben habe.

Nie sei was dran gewesen

Oberstaatsanwalt Robin Faßbender, der Sprecher der Bonner Staatsanwaltschaft, sagte auf Anfrage, der Hinweisgeber sei hinlänglich bekannt. „Wir warten jetzt auf die Übergabe des Teppichs. Wenn er nicht kommt, werden wir uns mit ihm in Verbindung setzen.“ P. soll sich, so war aus Ermittlerkreisen zu erfahren, mehrmals mit angeblichen neuen Spuren beim Kriminalkommissariat 11 der Bonner Kripo, das den Fall Hagen bearbeitet, gemeldet haben, doch nie sei was dran gewesen.

Das Millionärsehepaar, er 49, sie 47 Jahre alt, wollte an jenem 13. Juli 1994 nach Workum am Ijsselmeer fahren, wo seine Yacht lag, kam dort aber nie an. In der Garage des Hauses in Heidebergen standen Autos und Reiseutensilien. Verschwunden war unter anderem der Seidenteppich. Zunächst war der Sohn in Verdacht geraten, der erst einen Monat später, am 16. August 1994, Vermisstenanzeige erstattet hatte. 1999 wurde das Verfahren gegen den Sohn eingestellt, 2005 ließ er die Eltern für tot erklären.

Die Mordermittlungen indes ruhen nicht, bei der Staatsanwaltschaft liegen rund 40 Aktenordner zum Fall Hagen. Für die Aufklärung ist bereits in den 90er Jahren eine Belohnung von einer Million Mark ausgesetzt worden.

Rundschau abonnieren