Training jetzt in BonnÜberschlag ist das Ziel – das ist die Sportart Kiiking

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Hoch hinaus und einmal ganz rum – darum geht’s beim Kiiking wie hier in der Bonner Rheinaue.

Hoch hinaus und einmal ganz rum – darum geht’s beim Kiiking wie hier in der Bonner Rheinaue.

Bonn – Ein bisschen schnauft und stöhnt Jonas Schöne beim Schwungholen schon. Immer wieder geht er in die Knie und streckt seinen Körper, um die Riesenschaukel aus Stahl in Bewegung zu setzen.

Dann endlich gelingt der angepeilte Überschlag. In diese Moment befinden sich Jonas’ Füße in einer Höhe von elf Metern. Applaus von den Kollegen brandet auf.

Kiiking nennt sich diese neue Sportart, die nicht nur Schöne für sich entdeckt hat. Die German Kiiking Association (GKA), die ihre Aktivitäten bei Facebook vorstellt, zählt 15 Mitglieder. Gemeinsam frönen sie der estnischen Nationalsportart in der Rheinaue direkt hinter dem Labyrinth.

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Beim Durchschalten der Fernsehprogramme landete Jonas Schöne auf Arte. Der Kultursender zeigte gerade einen Bericht über Estland und das Kiiking, das keiner so gut beherrscht wie Weltmeister Ants Tamme. Das Interesse war geweckt. Der Bonner trommelte seine Freunde zusammen, die seine Begeisterung schnell teilten.

28 Stunden auf einem Boot

Die Gruppe machte Nägel mit Köpfen und erstand ein Gerät in Estland für 5000 Euro, natürlich vom Weltmeister persönlich: „Wir sind mit der Fähre von Travemünde nach Liepaja gefahren. 28 Stunden mit Truckern auf einem Boot zu verbringen, war schon ein spezielles Erlebnis“, erinnert sich Schöne.

In Estland erhielten er und seine Begleiter eine Einweisung in Auf- und Abbau der Riesenschaukel, außerdem absolvierte er einen Lehrgang zum Sicherheitsbeauftragten.

Denn „Safety first“ heißt es, wenn sich das „Ungetüm“ mit einem Radius von bis zu zwölf Metern in Bewegung setzt. Spanngurte sichern die Füße, die Hände greifen in zwei Schlaufen. So geht das Verletzungsrisiko gegen null. Sportlichkeit ist die einzige Voraussetzung für Anfänger. Schöne ist Triathlet und Mountainbiker: „Etwas Ausdauer kann nicht schaden“, rät er.

Die ersten Erfolge sind schnell geschafft, darum zählt die Gruppe in der Rheinaue mittlerweile einige Schaukelfreunde. Sie stellen das Gerät mit wenigen Handgriffen auf die gewünschte Höhe ein: „Je größer der Radius ist, desto anstrengender wird ein Überschlag“, erklärt Schöne. Seine persönliche Bestleistung liegt bei 5,30 Meter, der Weltrekord bei unglaublichen 7,35 Metern.

Bei 4,00 Metern schaffte Schöne kürzlich 50 Überschläge. Damit bei solchen Anstrengungen das Verzehrte auch wirklich im Magen bleibt, richtet der Schaukler seinen Blick auf die Spindel im oberen Bereich: „Dann wird mir nicht schlecht.“ Die Zielgruppe der GKA sind die 18- bis 25-Jährigen. Gegen eine kleine Spende kann jeder sein Glück versuchen. Meistens findet das Training samstags und sonntags ab 13 Uhr statt. Weitere Infos gibt es auf der Facebook-Seite.

„Beim Schwingen kann ich alles vergessen und mich voll auf den Moment konzentrieren. Das macht für mich den Reiz aus neben dem Adrenalin-Kick“, sagt Leon Fiehn. Der Rekord des 17-Jährigen, der ursprünglich vom Rudern und Karate kommt, liegt bei 4,35 Metern.

Diese Marke will er bald knacken – unter den Anfeuerungsrufen der Kameraden, die jedem eine Verbesserung gönnen. So wie Schöne, der noch an diesem Tag die 5,50 Meter schafft. Inzwischen hat er im Hofgraten die 6-Meter-Marke geknackt. Das ist deutscher Rekord.

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