StadtratDie Jamaika-Koalition steht

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Dicht gedrängt saßen grüne Parteimitglieder und ihre Gäste am Samstag beim Parteitag im Saal der Studentengemeinde.

Dicht gedrängt saßen grüne Parteimitglieder und ihre Gäste am Samstag beim Parteitag im Saal der Studentengemeinde.

Bonn – Die Koalition steht, CDU, FDP und Grüne haben sich am Samstag auf Parteitagen für ein Bündnis im Stadtrat entschieden. Aus Bonn wird jetzt Jamaika.

Bei CDU und FDP war schon vorher klar, dass sie ein gemeinsames Boot besteigen wollen, ihre Parteitage – noch dazu am gleichen Ort, nämlich im Maritim-Hotel – daher Formsache. Von 50 FDP-Mitgliedern stimmten 48 nach gut zweistündiger Debatte für den Koalitionsvertrag; es gab ein Nein und eine Enthaltung. Die Jamaika-Koalition (so benannt nach den Parteifarben, schwarz, gelb, grün, die auch in der Flagge des Inselstaates zu sehen sind) biete die Chance, der Kommunalpolitik wieder eine stärkere liberale Handschrift zu geben, warb der Partei- und Fraktionsvorsitzende Werner Hümmrich für das Bündnis.

In der CDU war die Zustimmung ähnlich breit: Von 100 Christdemokraten votierten nur neun dagegen, drei enthielten sich.

Schwere Entscheidung für die Grünen

Die Grünen aber taten sich schwer, an Bord zu gehen. Zwar beauftragte die Mitgliederversammlung am 10. Juni, gut zwei Wochen nach der Kommunalwahl, eine Sondierungsgruppe mit Koalitionsverhandlungen, Parteivorsitzender Martin Heyer wollte aber nicht mitziehen und trat zurück.

Die Gespräche in den elf Arbeitsgruppen der Parteien dauerten, und als am 27. Oktober endlich das gut 50 Seiten dicke Vertragspapier vorlag, gab die Grüne Fraktion keine Empfehlung ab, nun musste der Parteitag am Samstag entscheiden.

Der trat im viel zu kleinen Saal der Evangelischen Studentengemeinde in der Königstraße zusammen, in den sich über 100 „liebe Freundinnen und Freunde“ plus Gäste quetschten. Darunter war auch der Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Georg Fenninger. „Wir haben einen langen Tag vor uns“, sagte Kreisvorsitzende Julia Mayer zu Beginn. Petra Moser von der Fraktionsgeschäftsstelle holte schon mal das Strickzeug heraus.

Fraktionsgeschäftsführer Tom Schmidt, ein Befürworter der Koalition, hatte einen Handzettel vorbereiten lassen, auf dem unter der Überschrift „Was auf dem Spiel steht“ Auszüge aus dem Vertragsentwurf nachzulesen waren. Sicherheitshalber aber trug ein Mitglied jeder Arbeitsgruppe das Verhandlungsergebnis in Redebeiträgen von je drei Minuten vor. Danach durfte gefragt werden, und die Referenten hatten dann jeweils eine Minute Zeit, die Fragen zu beantworten. So wollte eine Frau vom Verein Lebenswerte Siebengebirgsregion wissen, warum der Ennertaufstieg nicht ausdrücklich ausgeschlossen werde. Planungsexperte Rolf Beu antwortete, nirgendwo stehe in dem Vertragsentwurf, dass eine neue Straße gebaut werde.

Klare Aussage auch zum Festspielhaus: „Wir werden auf jeden Fall dagegen stimmen“, sagte Ros Sachsse-Schadt, die neue kulturpolitische Sprecherin der Fraktion. Die Antwort auf den Zwischenruf „Dann stimmt ihr also auch gegen den Haushalt“, ging im allgemeinen Gemurmel unter.

Denn inzwischen war die Luft im Saal stickig geworden, viele gingen rein und raus, um mal durchzuatmen. Doch die Aussprache dauerte noch Stunden.

Deutliche Zustimmung am Ende

Am Ende wurde dem Koalitionsvertrag deutlich zugestimmt: Von allen 101 Anwesenden waren 61 dafür, 37 dagegen, drei enthielten sich. Heruntergebrochen auf die 75 stimmberechtigten Parteimitglieder sah das Votum so aus: 46 Ja, 28 Nein, 1 Enthaltung. Die neue Koalition (CDU: 27 Stadtverordnete, Grüne 16, FDP 7) hat im 86-köpfigen Rat eine stabile Mehrheit von 50 Sitzen.

Die Linken kündigten gestern eine „scharfe Opposition“ an. Jamaika habe „schlicht keine Ideen für die Zukunft der Stadt“, kritisierte der Linke Fraktionsvorsitzende Michael Faber. Der Vertrag sei „ein Sammelsurium von abstrakten Zielvorstellungen, Allgemeinplätzen und wolkigen Plattitüden“.

Kritik kam auch vom Radfahrerclub ADFC Bonn/Rhein-Sieg: Dessen verkehrspolitischer Sprecher Werner Böttcher bedauerte, dass das Ziel „Fahrradhauptstadt“gestrichen worden sei und der Radverkehr „nur mit elf Zeilen“ im Koalitionsvertrag auftauche.

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