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Mitten in der Erdbeerernte20 Corona-Infizierte auf dem Obsthof in Swisttal

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Gewächshäuser, so weit das Auge reicht. Derzeit dürfen auf dem Fruchthof in Mömerzheim keine Erdbeeren mehr geerntet werden.

Gewächshäuser, so weit das Auge reicht. Derzeit dürfen auf dem Fruchthof in Mömerzheim keine Erdbeeren mehr geerntet werden.

Swisttal-Mömerzheim – Von den 323 zumeist rumänischen Erntehelfern auf dem Obsthof Hensen in Mömerzheim sind 19 mit Corona infiziert. Krankheitssymptome zeigt niemand, aber die Abstrich-Tests, die am Samstag vom Gesundheitsamt des Rhein-Sieg-Kreises gemeinsam mit den Maltesern aus Rheinbach durchgeführt worden waren, sind eindeutig. Die Tests waren vom Kreis angeordnet worden, nachdem eine Mitarbeiterin auf dem Hof – eine Mittelsperson zu den aus Rumänien kommenden Arbeitern – wegen eines Schlaganfalls im Krankenhaus untersucht und positiv auf Corona getestet worden war.

Somit sind nun 20 Infektionsfälle auf dem Hof bekannt, der seit Freitagabend unter Quarantäne steht. Es dürfen keine Erdbeeren gepflückt und keine abgepackt werden. Derzeit wird auf dem Betriebsgelände alles getan, um die vermeintlich Gesunden von den sicher Infizierten zu trennen. Niemand darf den Hof verlassen oder Kontakt mit der Außenwelt haben, weil das Virus durchaus noch kurz vor den Tests übertragen worden sein könnte.

Am Donnerstag muss erneut getestet werden

„Die Tests sind nur eine Momentaufnahme. Sie können uns lediglich zeigen, wer aktuell das SARS-Virus im Rachen hat“, sagte Dr. Rainer Meilicke, der Leiter des Kreisgesundheitsamtes: „Antikörper-Tests sind erst in der Entwicklung.“ Darum müsse am Donnerstag erneut getestet werden, ob von den nun in Quarantäne genommenen Arbeitern vielleicht weitere infiziert sind. Am Samstag sollen die Ergebnisse vorliegen. 16 Personen wohnen außerhalb des Hofs. Ihnen wurde per Einzelverfügung jeglicher Kontakt mit der Außenwelt untersagt. Das heißt sie müssen zu Hause bleiben und auch mit der eigenen Familie den Kontakt vermeiden. „Eines der Probleme ist, dass wir wegen der Schreibweise ihrer Namen nicht alle Personen erfassen konnten“, so Meilicke. Darum seien letztlich alle unter Quarantäne gestellt worden – Infizierte und Kontaktpersonen.

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„Der Betrieb ist von Anfang an sehr kooperativ. Wir hatten auch einen sehr guten Eindruck vom dortigen Hygienekonzept. In den Wohncontainern leben immer nur zwei Personen zusammen“, sagte Kreisdirektorin Svenja Udelhoven. „Aber letztlich hat es nicht gereicht, obwohl Masken und Desinfektionsmittel genutzt wurden.“

Die meisten Erntehelfer waren frisch getestet ganz offiziell mit einer Chartermaschine in Deutschland eingetroffen. Doch der Betrieb habe weitere Helfer benötigt, und jetzt seien auch polnische und rumänische Autokennzeichen auf dem Hof zu sehen gewesen. „Wir vermuten, dass über diesen Weg das Virus eingetragen wurde.“ Die Frau, bei der Corona im Krankenhaus festgestellt worden war, befand sich schon seit Wochen in Deutschland und war vorher mit einem Negativ-Test eingereist.

Am Rande ...

Mit dem Auto zur Telefonkonferenz? Das ist laut Rhein-Sieg-Kreis viel praktischer, weil dann die Telefon-Gesprächspartner für die Presse beisammensitzen können. Eine Stunde Anreise genügte aber gestern für die Delegation, die um 12.50 Uhr das Haus in Swisttal verlassen hatte, nicht. Es war Stau. Kurzfristig musste die Konferenz eine halbe Stunde verschoben werden. (mfr)

Das Betreiber-Ehepaar des Hofs ist laut Gesundheitsamt nicht infiziert. Die Gemeinde will helfen, wo sie kann, „denn es ist ein großer, wichtiger Betrieb für uns“, so Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner. „Vordringlich wollen wir denen helfen, die eigentlich an diesem Wochenende schon abreisen wollten.“ Abreisen darf aber nur, wer auch beim zweiten Test an diesem Donnerstag ein negatives Ergebnis hat.

Ein weiteres Problem ist die verderbende Ernte. „Bereits verkaufte Erdbeeren sind nicht verdächtig, und seit der Allgemeinverfügung, die wir am Freitag erlassen haben, sind auch keine Erdbeeren mehr verpackt worden“, sagte Meilicke. Petra Kalkbrenner: „Der normale Weg wäre, die Früchte unterzupflügen. Die Familie Hensen überlegt jedoch, ob sie sie für die Bevölkerung freigeben kann, etwa gegen eine Spende.“ Grundsätzlich spräche nichts gegen die weitere Ernte, doch seien keine Erntehelfer zu bekommen.

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