Moderator Dirk „Lü“ Lüssem„Karneval ist mir in die Wiege gelegt worden“

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Besonders stolz ist Dirk Lüssem auf den Verdienstorden in Silber des Festkomitees Kölner Karneval plus Urkunde.

Besonders stolz ist Dirk Lüssem auf den Verdienstorden in Silber des Festkomitees Kölner Karneval plus Urkunde.

  • Für Jecke ist es eine harte Session. Corona-bedingt keine Sitzungen, keine Züge, kein Spaß im Saal und auf der Straße.
  • Die Rundschau schaut mit der Serie „Jecke Historie“ in die Geschichte der Narretei in der Region.
  • Heute: Sitzungspräsident und Moderator Dirk „Lü“ Lüssem.

Swisttal-Ludendorf – Es gibt wohl keinen Karnevalisten im linksrheinischen Teil des Rhein-Sieg-Kreises, der den „Lü“ nicht kennt. Schließlich ist Dirk „Lü“ Lüssem nicht nur als Sitzungspräsident und Moderator auf den Bühnen der Region aktiv. Er sorgt seit mehr als einem Jahrzehnt als Chef der Karnevalsagentur „Swist Event“ auch hinter den Kulissen für tolle Stimmung bei den Prunksitzungen der hiesigen Karnevalsvereine.

„Der Karneval ist mir in die Wiege gelegt worden“, gibt Lüssem schmunzelnd zu. Sowohl seine Großeltern Maria und Jakob Krämer als auch seine Eltern Christa und Karl-Heinz Lüssem waren nämlich Prinzenpaare in ihrem Heimatort Dünstekoven, wo auch „der Lü“ geboren wurde. Schon mit sechs Jahren war er zum ersten Mal beim Karnevalszug dabei, in Lüftelberg fuhr er als Mini-„Robin Hood“ auf dem Wagen mit. So war es nur folgerichtig, dass auch Dirk Lüssem 1993 mit Britta Simons zusammen das närrische Zepter in Dünstekoven schwang. „Damals war es auch eine merkwürdige Karnevalszeit, denn in den Jahren zuvor war der Rosenmontagszug wegen einer Sturmwarnung und wegen des Golfkrieges abgesagt worden.“

Volle Bühne: Die „Ludendorfer Jonge“ sind mit Sitzungspräsident Dirk Lüssem Gastgeber der größten Sitzungen im Swisttaler Karneval.

Volle Bühne: Die „Ludendorfer Jonge“ sind mit Sitzungspräsident Dirk Lüssem Gastgeber der größten Sitzungen im Swisttaler Karneval.

Mittlerweile lebte Lüssem in Ludendorf und war auch bei der Gründung der „Ludendorfer Jonge“ im Jahre 1991 dabei wurde direkt zum Präsidenten gewählt. Schon ein Jahr später leitete er als Sitzungspräsident den „Bunten Abend“ der „Junge“. „Damals wurde ich wurde überhaupt nicht gefragt, ob ich das machen will, denn als Präsident fiel mir diese Aufgabe automatisch zu“, erinnert er sich schmunzelnd an seinen allerersten Auftritt auf der Karnevalsbühne. „Das klappte anscheinend ganz gut, und ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich das gut hinbekomme.“ So dauerte es nicht lange, bis er auch aus den Nachbarorten Strassfeld und Morenhoven als Sitzungspräsident angefragt wurde, zunächst als Vertretung für erkrankte Kollegen und später dann auch als etatmäßiger Moderator in verschiedenen anderen Dörfern.

Vieles ist improvisiert

Seine Texte, sagt er, formuliert er vorher nie aus, doch die Karteikarten mit Stichworten zu Namen und Funktionen der Gastvereine und auftretenden Künstler sind unabdingbar. Man wolle sich ja schließlich nicht blamieren. „Die Kunst ist es, die Stimmung im Saal lesen zu können“, weiß er, und dazu trage auch die passende Programmzusammenstellung bei, denn jeder Karnevalsverein habe ein anderes Publikum. Während die jüngeren Besucher mehr auf Party-Stimmung stehen, bitten sich die älteren mehr traditionelle Programmpunkte aus. Man müsse eine gesunde Mischung aus beiden zusammenstellen. Auch er selbst ist der Meinung: „Tradition muss im Karneval immer vertreten sein, zu jeder Sitzung gehört der Auftritt eines Korps dazu, ebenso eine Tanzgruppe und eine gute Mischung aus Rede und Musik.“

„Als Sitzungspräsident wird es nie langweilig, denn jede Veranstaltung hat ihren eigenen Charakter“, weiß Lüssem. Trotz minuziöser Planung wisse man nie, wie der Abend am Ende ausgehe, denn in vier bis fünf Stunden könne schon eine ganze Menge passieren. Häufiges Problem seien Verspätungen bei den eingeplanten Künstlern, da gelte es, hinter den Kulissen schnell zu reagieren und die Telefone heißlaufen zu lassen. Deshalb müsse man auch immer die Programme der Sitzungen in der Umgebung kennen, um auf die Schnelle „Tauschgeschäfte“ zu organisieren.

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Mittlerweile ist sein gutes Händchen bei der Zusammenstellung eines Karnevalsprogramms bis nach Köln durchgedrungen, denn das Traditionskorps „Treuer Husar Blau-Gelb von 1925 Köln“ hat ihn vor sechs Jahren zum Literaten ernannt, der etwa zehn Veranstaltungen pro Session, jeweils mit anderem Programm, zusammenstellen soll. In der Gesellschaft ist es seit einiger Zeit aktiv, zunächst im Korps á la Suite der KG. Mittlerweile hat er sich zum Rittmeister hochgearbeitet und ist seit 2015 als Literat auch Mitglied des erweiterten Vorstandes. In dieser Funktion gestaltet er seither unter anderem die große Prunksitzung der treuen Husaren im Gürzenich, das Mekka des Kölner Karnevals. Da treten auch schon mal die Höhner, die Paveier und Bernd Stelter in seinem Auftrag auf. „Die Nervenanspannung ist da schon deutlich höher als bei einer normalen Sitzung“, gibt Lüssem zu. Da dürfe es keine Überraschungen geben, denn das Programm sei bis auf die Minute genau getaktet. „Wenn dann der letzte Künstler auf der Bühne steht und alles glatt gegangen ist, genehmige ich mir das erste Kölsch – und das ist nicht das letzte an diesen Abend.“ Wenn die Spannung abfalle, gehe man nach so einer Veranstaltung nicht direkt nach Hause, sondern sitze noch mit den Verantwortlichen eine Zeit lang zusammen. Und natürlich übernachtete er dann in einem Hotel in Köln, denn an einer Heimfahrt nach Ludendorf sei nicht mehr zu denken, schmunzelt er.

Teilnahme am Kölner Rosenmontagszug unvergessen

Doch am stärksten in Erinnerung geblieben ist ihm seine erste aktive Teilnahme am Kölner Rosenmontagszug auf dem Präsidentenwagen der KG Treuer Husar: „Ein unglaublicher Moment, wenn du durch den Torbogen fährst und dir dann viereinhalb Stunden lang über eine Million fröhliche Menschen am Straßenrand zuwinken und zujubeln.“ Allerdings habe man im Anschluss „vom Kamellewerfen auch einen Tennisarm“. Doch das nimmt man gerne in Kauf, versichert Lüssem, ohnehin ist er nur jedes zweite Jahr dabei. Mittlerweile kann „der Lü“ eine stattliche Anzahl an Karnevalsorden vorweisen, mehr als 1000 aus der ganzen Region seien es, schätzt er. Einen Orden hält er ganz besonders in Ehren: Den „Verdienstorden in Silber“ des Festkomitees Kölner Karneval. Überreicht wurde sie ihm bei der Herrensitzung 2016 der „Ludendorfer Jonge“ im „Wellblechpalast“ anlässlich seines 25-jährigen Präsidenten-Jubiläums beim Ludendorfer Brauchtumsverein. Zur Verleihung war Uwe Brüggemann, Vorstandsmitglied des Festkommitees Kölner Karneval, extra nach Ludendorf gekommen. (jst)

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