Pfarrgemeinderat brüskiertKirchenvorstand gibt einstimmig Pfarrzentrum auf

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Das geflutete Zentrum von St. Kunibert ist aufgegeben.

Swisttal – Das von der Flut zerstörte Pfarrzentrum von St. Kunibert in Heimerzheim wird nicht wieder aufgebaut. Vielmehr soll es in „der Villa“ an der Kölner Straße neu entstehen, in der bislang der Kindergarten zu Hause ist.

Das heißt aber nicht, dass es ein Pfarrzentrum erst wieder geben kann, wenn der Kindergarten in einen Neubau umgezogen und die Villa frühestens 2024 kernsaniert sein wird.  Vielmehr ist eine Übergangslösung im sanierten Pfarrhaus sowie im ehemaligen Gemeindehaus vorgesehen.

Pater Marek in der Zwickmühle

Der Kirchenvorstand hat die Entscheidung einstimmig getroffen. Letztlich sah er trotz aller Emotionen, die mit dem bisherigen Pfarrzentrum verbunden sind, keine andere Möglichkeit. Wiederaufbauauflagen und Klauseln einer Erbschaft gaben den Weg praktisch vor, bei dem sich Pater Marek als Pfarrverweser und Vorsitzender besonders schwertat.

Mit seiner Enthaltung bei der Abstimmung trägt er die Entscheidung letztlich jedoch mit, obgleich sein Herz nach wie vor für das Pfarrzentrum am alten Ort schlägt, wie er betont. Viele Heimerzheimer haben in dem verklinkerten Gebäude zwischen Kirche und Bach ihre Hochzeiten und Geburtstage gefeiert. Nach der Flut war hier ein bedeutender Treffpunkt für Sozialschwache und Betroffene.

Marek verweist auf Geschäftsführer

Pater Marek will sich wohl darum auch nicht als Vorsitzender äußern und verweist an den Geschäftsführer Georg Rheindorf, dieser wiederum an den Kämmerer, denn der Grund für die einstimmige Entscheidung ist von Zahlen dominiert.

Kämmerer Oliver Weiler bringt sie so auf den Punkt: „Wenn wir das Pfarrzentrum weiter betreiben wollten, müssten wir den Keller zuschütten und die Toiletten behindertengerecht nach oben verlegen, wodurch wir einen Versammlungsraum verlieren würden. Außerdem müssten wir die Villa an den Erblasser zurückgeben, von dem wir sie erhalten haben, wenn sie von uns nach dem Auszug des Kindergartens nicht mehr gemeinnützig genutzt würde.“

„Das Pfarrzentrum gehört zur Kirche“

Pater Marek steckt also in der Zwickmühle, weil sich der Pfarrgemeinderat und der Soziale Dienst der Pfarrei noch im April ausdrücklich für den Wiederaufbau ausgesprochen hatten, der auch ihm am Herzen liegt. Etwa weil „das Pfarrzentrum zur Kirche gehört“ und „wir viele Menschen verlieren, wenn wir nicht in unmittelbarer Nähe unsere Feste feiern können“, heißt es in der Erklärung des Pfarrgemeinderates.

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Zudem würden sich Elektriker, Gärtner und Köchinnen, die nach der Flut für die Gemeinschaft aktiv wurden, weiter engagieren, etwa für eine Lebensmittelausgabe – aber eben nur an diesem Ort. Der Pfarrgemeinderat gab zu bedenken, dass der Infopoint für Flutbetroffene eingeschlafen sei, nachdem er den Standort gewechselt habe.

Villa biete laut Gremium zu wenig Platz

Das Gremium ist zudem der Überzeugung, dass in der Villa nicht genügend Platz für die Aktivitäten in der „jungen und lebendigen Gemeinde“ sei. Mehr als 40 Kinder hätten mit ihren Eltern und Großeltern an den Veranstaltungen teilgenommen, und – im Vorgriff auf eine Zusammenlegung – kämen viele Rheinbacher zu den Veranstaltungen.

Allerdings ist die zu erwartende Zusammenlegung für den Kirchenvorstand gerade ein Grund zu der Annahme, dass die viel stärkere katholische Gemeinde Sankt Martin in Rheinbach sich durchsetzen werde. In Heimerzheim gebe es „sehr viel mehr als das  an den Gläubigen zu bemessende Kontingent“ an Raum für Veranstaltungen, wie Weiler ausführte: „St. Kunibert hat noch etwa 2300 Gläubige, Tendenz stark abnehmend.“

Pfarrgemeinderat fühlt sich "nicht ernst genommen"

Die Hochwassergefahr am bisherigen Standort schätzt der Pfarrgemeinderat als „nicht so schlagkräftig“ ein. Dies machte das Gremium daran fest, dass Gewerbebetriebe im Ort ebenfalls aufbauten und es Fördergelder für Schutzmauern und wasserdichte Fenster gebe. Das Gremium hat zudem Zweifel an den laut Kirchenvorstand notwendigen Bewirtschaftungskosten. Da könne noch gespart werden, fand der Pfarrgemeinderat um Elisabeth Wilhelmi-Dietrich.

Als nun die Entscheidung des Kirchenvorstands öffentlich wurde, fühlte sich der Pfarrgemeinderat „nicht ernstgenommen“, wie Wilhelmi-Dietrich sagt: Sie hatte wegen einer besseren Wirtschaftlichkeit am alten Standort bereits mit neuen möglichen Nutzern und der Zivilgemeinde verhandelt.

Die Entscheidung sei aus ihrer Sicht „intransparent“ und zeige, dass sich der Kirchenvorstand mit den Argumenten für einen Erhalt des Zentrums nicht auseinandergesetzt habe. Rainer Schmitz, der eine Petition für den alten Standort angestoßen hatte, zeigte sich resigniert: „Das ist Demokratie!“

„Zentrum“ am Ortsrand sei undenkbar

Die Sozialen Dienste hatten ebenfalls ein Plädoyer  zugunsten des bisherigen Pfarrzentrums abgegeben. „Wenn wir wollen, dass aus unserer Mitte heraus Leben wächst, müssen wir um die Kirche herum Räumlichkeiten schaffen“, heißt es darin. In der Kirche werde der Glaube gefeiert, im Pfarrzentrum gelebt – eine Verbindung, die nicht getrennt werden dürfe. Ein „Zentrum“ könne nicht am Ortsrand liegen.

Ganz so weit sei es bis zur Villa an der Kölner Straße aber nicht, findet Weiler. Als Kämmerer hat er versichert, dass der Gemeinde beim Umzug die Fluthilfemittel für den Wiederaufbau nicht verloren gingen. Es gebe eine „Ersatzbauregelung“, wodurch auch ein Wiederaufbau in einem flutsicheren Gebiet finanziert werden dürfe. „Die Villa war bei der Flut sicher, und da könnte das Geld dann reinfließen“, sagte Weiler.

Gutachter legt Schadenssummer erst fest

Wie viel Geld es überhaupt gibt, wird sich an diesem Dienstag ergeben, denn dann kommt der Gutachter. Die Gebäude seien alle über die Kirche „eigenversichert“, und weil dadurch praktisch keine Flutversicherung besteht, aber die Gebäude der Allgemeinheit dienten, zahle der Staat den vollen Satz.

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