Sagenumwobene TourFrühlingswanderung zum Eisernen Mann im Kottenforst

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Begegnungen im Wald: Der Schäfer Josef Burbach aus Duisdorf durchquert den Wald gelegentlich mit seiner Herde. Im Januar war er mit etwa 400 Mutterschafen und 100 Ziegen von einer Weide bei Buschhoven aus in Richtung Heimerzheim gezogen.

Begegnungen im Wald: Der Schäfer Josef Burbach aus Duisdorf durchquert den Wald gelegentlich mit seiner Herde. Im Januar war er mit etwa 400 Mutterschafen und 100 Ziegen von einer Weide bei Buschhoven aus in Richtung Heimerzheim gezogen.

Swisttal – Der Eiserne Mann steht mitten im Kottenforst, an einer Wegekreuzung auf Swisttaler Gebiet. Die Frauen der Familie von Wilckens aus Buschhoven sind sich aber einig: Niemals würden sie sich nächtens und völlig alleine auf den Weg zu ihm begeben, um die dort aus dem Boden ragende Eisenstele zu küssen.

Nicht einmal, wenn sie auf diese Weise den Mann fürs Leben finden würden, wie es die örtliche Überlieferung verspricht, noch einfach so aus Spaß an der Freude. „Wir haben früher viele verrückte Sachen gemacht, aber so etwas nicht“, erklärt Annette von Wilckens. Die zwölfjährige Tochter Christina schüttelt ebenfalls den Kopf: „Ich würde das nicht tun.“ Selbst ihre Großmutter Karin von Wilckens hat in ihren immerhin 82 Jahren noch niemanden getroffen, der sich auf ein solches Unterfangen begeben hat, sie selbst inbegriffen.

Um die bis heute nicht vollständig geklärte Geschichte des vor Jahrhunderten in Barrenform gegossenen Stücks Roheisen im Kottenforst zwischen Buschhoven, Dünstekoven, Heimerzheim und Alfter ranken sich viele Erzählungen und gar Bräuche. Ein ins Mystische gehender Ratschlag an junge ledige Frauen, dreimal um Mitternacht den Pfahl zu umkreisen und diesen dann zu küssen, um einen Ehemann zu finden, wird ausgerechnet von der weiblichen Bevölkerung als sehr abstrus empfunden.

Nach Däniken eine Landemarke Außerirdischer

Dass es aber funktionieren soll, habe ihm bereits seine Oma erzählt, erklärt der Ur-Buschhovener Wilfried Graff mit Überzeugung. Und die habe es wissen müssen, schließlich kam sie, wie ihr Mann, aus dem kleinen Swisttaler Wallfahrtsort. Auf seiner, wie Graff betont, „inoffiziellen“ Internetseite über Buschhoven, führt der 66 Jahre alte Pensionär ebenso die Theorie des Schweizers Erich von Däniken an, nach dem der Eiserne Mann eine Landemarke Außerirdischer sein soll.

Siebenschuss

1888 im Herbst wurde im Kottenforst eine Treibjagd veranstaltet. Die Treiber machten viel Lärm, um die Hasen und andere Tiere aus ihrem Versteck herauszutreiben. Wie berichtet wird, standen sich plötzlich sieben Jäger mit erhobenen Flinten und ein einzelner Hase gegenüber. Jeder der Jäger versuchte, den Hasen zu treffen. Als der erste Schuss daneben ging, sprang der schlaue Hase auf die Jäger zu, flitzte zwischen ihren Beinen hindurch und schlug Haken um Haken, bis auch der siebte Schuss sein Ziel verfehlte. Das Langohr rettete sich ins dichte Unterholz und verschwand unter dem spöttischen Gelächter der Treiber. Damals stand an der Stelle ein Grenzstein, auf den ein Unbekannter einen Hasen malte, der Männchen macht. Er schuf damit das erste Hasendenkmal, im Volksmund bald „Siebenschuss“ genannt. Als der Stein bei Schachtarbeiten verschwand, fertigte der Bildhauer Herbert Höhmann einen neuen an, der 1979 an derselben Stelle aufgestellt wurde. Der alte Stein tauchte wieder auf und ist heute in der Wand des Forsthauses in Buschhoven zu sehen. Er betont die Bedeutung des Kottenforsts als Jagdrevier. (Heimat- und Verschönerungsverein Buschhoven)

Der umstrittene Bestseller-Autor zog Anfang der 1970er Jahre Parallelen zu einem Eisenstab in einem indischen Tempel. Doch das geht Graff, der in Buschhoven geboren wurde, zu weit. „Ich finde diese Theorie nicht überzeugend.“ Zumal die ihm wohl bekannte heimische Eisenstele keinerlei Ähnlichkeit mit der in Delhi aufweise, die er schon besuchte: „Die sieht ganz anders aus und ist länger.“

Grenzstein zwischen den Gemeinden Alfter und Heimerzheim

Gemäß der wahrscheinlichsten Theorie ist der Eiserne Mann, erstmals 1625 erwähnt, ein Grenzstein zwischen den Gemeinden Alfter und Heimerzheim gewesen. Diese Funktion soll er noch 1717 erfüllt haben, wie auf einer vom Heimat- und Verschönerungsverein Buschhoven aufgestellten Tafel zu lesen ist. Als Quelle wird das 1978 erschiene Buch „Der Eiserne Mann im Kottenforst“ des in Morenhoven beheimateten Archäologen Klaus Grewe angegeben. Der Wissenschaftler hatte das Eisenstück vor Jahrzehnten ausgraben lassen und belegt, dass es ein Vermessungspunkt im Schneisensystem im Kottenforst des Kurfürsten Clemens August war, das dieser ab dem Jahr 1727 im Kottenforst bauen ließ. Die überirdisch nur 120 Zentimeter hohe Stele mit ihrer porigen Oberfläche, unzähligen Rissen und eingeritzten Buchstaben ist keine Schönheit. Unauffällig fügt sich das insgesamt 2,18 lange und unter der Erde in T-Form gegabelte Stück Roheisen wegen seiner bräunlich-rostroten Färbung in die Umgebung des Waldes.

Es bleibt darum die Frage, wieso der Pfosten trotz aller wissenschaftlicher Erklärungen geheimnisumwittert und voller Mystik bleibt, selbst im Ausland als Sehenswürdigkeit gilt und weiterhin beliebter Treffpunkt zahlreicher Ausflügler ist. Die Ursache liegt wohl darin, dass die Herkunft des Eisenpfahls so lange unbekannt war. Für Wilfried Graff hat vor allem der Standort des Eisernen Manns mitten im Wald ausgesprochen mystischen Charakter, wenngleich es auf der Lichtung heute ganz anders aussehe als früher: „Vor 40 Jahren war alles völlig zugewachsen, es war sumpfig und im Sommer voller Mücken“, erinnert er sich. Außerdem habe es noch keine Hütte gegeben, aber eine Feuerstelle, die später wegen der Brandgefahr abgebaut worden sei. „Für mich ist es ein Ort, an dem man den Alltag vergessen kann.“ Mit seiner Begeisterung ist Graff nicht alleine. Die Waldville wird selbst bei Wind und Regen von vielen Wanderern besucht.

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Nur etwa 30 Minuten dauert der zwei Kilometer lange Spaziergang vom Parkplatz am Dünstekovener Sportplatz aus, vorbei an einer Kiesgrube und Waldteichen zum Eisernen Mann. Auf dem Rückweg steht der „Siebenschuss-Stein“. Von Buschhoven ist der Weg bis zu 2,5 Kilometer länger, kann aber über ausgebaute Wege leicht per Fahrrad zurückgelegt werden. Die längste Strecke führt von Roisdorf sieben Kilometer durch den Wald.

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