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Urteil gesprochenZwei Männer zünden Bonner Flüchtlingsunterkunft an

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Bei dem Feuer in der Flüchtlingsunterkunft war am 5. August ein Schaden von 120 000 Euro entstanden.

Bei dem Feuer in der Flüchtlingsunterkunft war am 5. August ein Schaden von 120 000 Euro entstanden.

Bonn – Diese Tat vom 5. August 2019 konnte das Gericht gleichsam live nachverfolgen, denn die zwei Angeklagten haben die Brandstiftung in Zimmer 736 der Flüchtlingsunterkunft in der Deutschherrenstraße gefilmt, zudem gibt es Aufnahmen aus Überwachungskameras, die in und um das Gebäude installiert sind. Entsprechend leicht fiel der 2. Großen Strafkammer des Bonner Landgerichts in dem Prozess die Beweisführung. Nach der gab es am Dienstag folgendes Urteil: Ein 25-jähriger Albaner muss für vier Jahre ins Gefängnis, sein Kumpel (26) für dreieinhalb Jahre. Beide haben sich der gemeinschaftlichen schweren Brandstiftung schuldig gemacht.

Die jungen Männer waren unabhängig voneinander im April vorigen Jahres aus ihrer albanischen Heimat per Bus nach Deutschland gekommen, wo sie sich ein besseres Leben erhofften, doch ihre Asylanträge wurden innerhalb weniger Tage abgelehnt. Sie kamen im Mai in das Muffendorfer Heim, in dem vor allem Asylbewerber aus dem Balkan leben, im letzten Sommer 250, darunter 43 Kinder.

Bonn: Gebäudeteil der Flüchtlingsunterkunft bis heute nicht nutzbar

Auslöser der Wahnsinnstat war nicht nur der Frust über die abgelehnten Asylanträge, sondern vor allem Stress mit der Security. Sicherheitsmänner hatten den Jüngeren am 3. August kurz vor Mitternacht zur Ordnung gerufen, weil er zu laut telefoniert habe. Landsleute scharten sich um ihn, er rief über Notruf die Polizei, die dem Vorfall aber keine große Bedeutung beimaß. Zwei Tage später, am 5. August, bat der 25-Jährige die Hausleitung, ihn zu verlegen, weil er bedroht werde; das Gesuch wurde abgelehnt. Vorsitzender Richter Wolfgang Schmitz-Justen: „Da sann er auf Rache“, er beschloss nämlich, sein Zimmer anzustecken. Der ein Jahr ältere Landsmann ließ sich überreden, mitzumachen, nämlich die Brandstiftung zu filmen. Beide packten ihre Habseligkeiten in Sporttasche und Koffer und verstauten sie eine Etage höher im Zimmer eines Freundes.

Um 13.25 Uhr drückt der 26-Jährige für drei Minuten und 48 Sekunden die Videotaste seines Smartphones. Anfangs spricht der 25-Jährige in die Kamera: „Ich bin gekommen, um hier mal auszugehen“. Dann stapelt er Bettzeug auf den Tisch, ein Arm des Kameramanns kommt ins Bild, wie er eine Matratze auf den Haufen wirft. Es folgen nationalistische und auch deutschfeindliche Sprüche des Zündlers. Staatsanwalt Sebastian Buß nannte das Video „widerlich“, eine Einschätzung, der sich das Gericht anschloss. Um 13.28 Uhr dreht der 26-Jährige einen zweiten Film, drei Minuten lang. Dann gehen die Männer.

Bonn: Überwachungskameras halten Straftat fest 

Das weitere Geschehen haben Überwachungskameras festgehalten. Um 13.32 Uhr gibt es eine Verpuffung, die Fensterscheibe von Zimmer 736 zerplatzt, um 13.38 stehen zwei Kinder vor der Tür des brennenden Raums, ein Bewohner öffnet sie, Rauch quillt raus. Der Richter: „Das war lebensgefährlich“. Väter hasten in das Haus, um ihre Kinder zu holen. Um 13.40 Uhr kommt die Feuerwehr und hat den Brand schnell unter Kontrolle.

In der Zwischenzeit hat der 26-Jährige das Video an Verwandte und eine Freundin in Albanien gepostet, wo es gleich in Youtube hochgeladen wird. Um 14 Uhr stellt sich der Brandstifter der Polizei und gesteht, der Mittäter wird zwei Stunden später festgenommen. Seitdem sind sie in Untersuchungshaft.

Die Hausbewohner werden in eine Unterkunft nach Sankt Augustin untergebracht, der betroffene Gebäudeteil an der Deutschherrenstraße ist auch heute nicht nutzbar. Der Schaden wird auf 120 000 Euro geschätzt.

Die Angeklagten, die eine geringe Bildung haben, hätten „nicht überblickt, wie gefährlich die Tat war“, so Schmitz-Justen, „aber keiner versteht, dass Sie ein Gebäude anstecken, wenn Sie Stress mit der Security haben“.

Die Männer auf der Anklagebank wirkten während der Urteilsbegründung niedergeschlagen. Es ist nicht auszuschließen, dass sie nach der Hälfte der Haftzeit abgeschoben werden. „Wenn Sie nach Deutschland zurückkehren, werden Sie einkassiert“, warnte der Richter vor einer erneuten Einreise.

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