Vor dem AbrissGemeindeentwicklungsausschuss befasst sich mit Haus Höckling

Lesezeit 4 Minuten
Ob die Substanz so schlecht ist, dass ein Abriss die einzige Lösung ist, muss nun die Gemeinde entscheiden.

Ob die Substanz so schlecht ist, dass ein Abriss die einzige Lösung ist, muss nun die Gemeinde entscheiden.

Alfter – Der Besitzer von Haus Höckling hat bei der Gemeinde Alfter die Aufhebung des Denkmalschutzes beantragt. Ziel ist der Abriss. Das geht aus der Tagesordnung für die nächste Sitzung des Gemeindeentwicklungsausschusses hervor. Allerdings ist die Debatte „nichtöffentlich“. Vor der Sitzung will die Gemeinde zu dem privaten Vorhaben keine Stellung nehmen.

Im Jahr 2011 ist der markante und wohl mehr als 200 Jahre alte Bau im Knick der Kronenstraße noch vom Heimatverein in seiner Schrift „Unser Alfter“ als „noch immer das repräsentativste und schönste Gebäude im Kern des alten Dorfes“ bezeichnet worden. Mit drei hohen Geschossen überragt das Haus die Umgebung, den benachbarten „Kronensaal“, den die Gemeinde derzeit Vereinen zur Untermiete überlässt, sowieso.

Massive Bauweise

Der Autor von 2011 rühmte die massive Bauweise und die ungewöhnlich großen, mit behauenem Naturstein eingefassten Fenster. „Rüttchen“ (Rauten) nannte er die Fenstersegmente, von denen es besonders im ersten Obergeschoss auffallend viele gab. Toni Dünnwald hat sie in einer Zeichnung für einen Kalender der Raiffeisenbank quadratisch dargestellt. Die später eingebauten Kunststofffenster haben indes neben einer senkrechten Teilung bloß waagerechte Segmente: fünf in der ersten Etage, drei im Erdgeschoss und im zweiten Obergeschoss. Vor zehn Jahren waren dem Heimatverein schon keine Baupläne, Inschriften oder Urkunden mehr bekannt, die über die Entstehung des Hauses hätten Auskunft geben können, doch er vertraute dem Volksmund.

Demnach sei das Gebäude, als das Rheinland zu Frankreich gehörte, aus Bauteilen errichtet worden, die dem Jagdschloss „Herzogsfreude“ auf dem Röttgen entnommen worden seien. Dieses Jagdschloss war vom damaligen Kurfürsten Clemens August 1754 erbaut worden, aber von den Franzosen 1810 auf Abbruch versteigert worden. Fast 100 Zimmer und Säle soll das Schloss gehabt haben. Die Wiederverwendung für den Bau an der Kronenstraße brachte also fürstliche Dimensionen ein. So mondän der Bau aber durch die Fenster wirkte: Im Innern war er wie viele rheinischen Bauernhäuser vor ihm aufgeteilt. Eine zweiteilige Gartentür versperrte den direkten Zugang zum Haus. Doch statt einer schmalen Stiege führte eine schwere Eichentreppe zum Obergeschoss.

Einstige Bewohner sind Thema

Sogar von einstigen Bewohnern erzählten sich die alten Alfterer noch lange. Etwa von einem Kölner namens Meurer, der die Tochter eines Alfterer Mühlenpächters heiratete, mit einer Brauerei im Haus sowie der Landwirtschaft keinen Erfolg hatte, aber wohl mit den medizinischen Erkenntnissen eines nachgeholten Studiums, so dass er sich wohlhabend in Bonn zur Ruhe setzen konnte. Und wie die Alten weiter berichteten, habe der „Doktor“ an einen Gerber mit Namen „Maas“ verkauft, der vom benachbarten Görresbach profitierte. Auch dieser Mann blieb in Erinnerung, da er nämlich sehr fest im katholischen Glauben verwurzelt war, während seine Frau eine nicht minder überzeugte Protestantin gewesen sei – mit entsprechendem Zwist bei jeder Kindstaufe.

1920 ging das Haus an Tillmann Höckling, dem es seinen heutigen Namen verdankt. Höckling war Landwirt und stellte die Räume schon am 4. Mai 1920 zur Gründung der „Bezugs- und Absatzgenossenschaft Vorgebirge“ durch Dechant Wilhelm Bergené zur Verfügung. Bald waren hier das erste Büro und auch das Lager der Genossenschaft eingerichtet. Aus dieser Gemeinschaftsaktion erwuchs der Zentralmarkt Roisdorf. Letzte Bewohnerin der Familie Höckling war laut Heimatverein Nelli, verheiratete Büns.

Nach dem Verkauf im Jahr 1993 an den Unternehmer Theo Forst zog die Frau in die Mirbachstraße um. Zwei Jahre später erfolgte die Renovierung. Laut „Unser Alfter“ erhielt das Haus vom Landeskonservator einen komplett neuen Dachstuhl samt Eindeckung – mit einem Wetterhahn auf der Spitze über dem Krüppelwalm an der Straßenfront. Doch inzwischen ist das Haus vergammelt. Stützen halten an einer Stelle verfaultes Gebälk. „Es war wohl der falsche Putz auf dem Holz“, vermutet Nachbar Wilhelm Unkelbach vom Hotel „Zur Krone“. Von Abrissgerüchten hat er schon vor einem Jahr gehört. „Es wäre schade, aber so ein Denkmal kostet einen Haufen Geld, jetzt ist die Bausubstanz im Eimer.“

Rundschau abonnieren