Fleischermeister aus Wachtberg berichtet„Eine entspannt beunruhigenden Lage“

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Metzgermeister Adalbert Wolf hat die Hygienestandards in seinem Betrieb angesichts der Corona-Krise noch einmal erhöht.

Metzgermeister Adalbert Wolf hat die Hygienestandards in seinem Betrieb angesichts der Corona-Krise noch einmal erhöht.

Wachtberg – Metzgermeister Adalbert Wolf war fassungslos: „Am Morgen habe ich an der Eingangstür vor meinem Geschäft ein Schild mit den Verhaltensregeln angesichts der Corona-Krise aufgestellt und eine Flasche Desinfektionsmittel dazu, damit sich die Kunden vor Betreten des Geschäftes die Hände desinfizieren können. Es hat nur bis Mittag gedauert, dann war die Flasche mit Desinfektionsmittel schon gestohlen.“ Der Dieb habe rücksichtslos und respektlos gehandelt, „ich kann das absolut nicht nachvollziehen“.

Unterschied zwischen Handwerk und Handel

Als Landesinnungsmeister des Fleischerhandwerks und Obermeister im Rhein-Sieg-Kreis ist der Pecher allerdings Probleme gewöhnt, auch im Zusammenhang mit Corona. Leider kämpfe man nach wie vor gegen Windmühlen, wenn es darum gehe, der Politik den Unterschied zwischen Handwerk und Handel klar zu machen, auch der Landtag in Düsseldorf habe da wenig Fachwissen an den Tag gelegt, kritisiert Wolf in seiner Eigenschaft als Handwerksfunktionär. In der aktuellen Situation allerdings sei die Zusammenarbeit gut, die notwendigen Informationen würden stets schnell weitergeleitet. Mittlerweile gebe es sogar eine eigene App für das Handy, auf der die aktuellsten Entwicklungen den Mitgliedsbetrieben direkt mitgeteilt würden. Die Arbeit in seiner Pecher Metzgerei, die er in dritter Generation leitet, hat sich indes teilweise verändert. In der Produktion sei alles wie immer, da gebe es ja auch keinen Grund, etwas zu ändern. An der Theke jedoch hat sich einiges getan.

Die Hygienestandards im Geschäft am Fuße des Huppenbergs seien schon immer sehr hoch gewesen, dennoch habe man noch einmal eine Schippe draufgelegt. Jetzt werden nach jedem einzelnen Kunden die Hände gründlich desinfiziert. „Außerdem achten ich und meine Mitarbeiterinnen stets mit Argusaugen darauf, dass höchstens drei Kunden zugleich im Laden stehen.“ Dabei hat sich die Nachfrage nach Wolfs Fleisch und Wurst seit Beginn der Krise deutlich verändert. „Wir haben sehr viel mehr Kundschaft“, und der Pecher glaubt auch, den Grund dafür zu kennen: Viele Beschäftigte seien ins Homeoffice gewechselt und verbrächten so, anders als bisher, den ganzen Tag zu Hause. „Das hat zur Folge, dass auch wieder sehr viel mehr am Abend selbst zu Hause gekocht wird, dafür brauchen die Leute natürlich frische Zutaten. Und die bekommen sie bei uns.“

Wichtigkeit der Branche in neuem Licht

Was auch weitere positive Auswirkungen habe, denn das Fleischerhandwerk sei bislang immer so ziemlich in der untersten Schublade eingeordnet gewesen. Doch mittlerweile hätten viele Menschen gemerkt, wie wichtig die Branche sei und dass der Lebensmitteleinzelhandel systemrelevant sei.

Seit auch die Restaurants schließen mussten, sei der Ansturm noch größer geworden, vor allem die „heiße Theke“ sei überaus beliebt. „Wir sind in einer entspannt beunruhigenden Lage. Die Leute gehen sehr gut mit der Situation um und halten sich im Großen und Ganzen an die Verhaltensvorschriften.“

Grundsätzlich glaubt Wolf nicht, dass nicht so schnell wieder Normalität einkehren wird. „Danach wird vieles anders werden. Das Rad wird sich in manchen Dingen nicht mehr zurückdrehen lassen.“ Er hoffe, dass die alten Werte wie Respekt, Hilfsbereitschaft und Rücksicht wieder aufleben, „denn wir brauchen künftig wieder vernünftige Regeln des Zusammenlebens“.

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