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Drohende EnteignungWie ein Landwirt aus Lützerath gegen die RWE kämpft

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Nachbarhäuser von Heukamp in Lützerath wurden bereits Anfang des Jahres abgerissen. 

Nachbarhäuser von Heukamp in Lützerath wurden bereits Anfang des Jahres abgerissen. 

Erkelenz – Zum Hof von Bauer Eckhard Heukamp in Erkelenz-Lützerath geht es vorbei an einer Erntemaschine im Torbogen. Schlepper und Anhänger stehen in Scheunen, dahinter Bäume durch die bereits der Tagebau Garzweiler zu sehen ist. „400 Meter sind es bis zur Abrisskante“, erklärt Heukamp. Die Bagger kommen näher. RWE will auch die Kohle unter Heukamps Hof, sowie die unter seinem Elternhaus, zwei Landarbeiterhäusern und einem abgebrannten Haus, die ihm ebenfalls gehören.

Heukamp will bleiben. Sein ganzes Leben hat er im Rheinischen Revier verbracht. Bis zum dritten Lebensjahr in Keyenberg, dann in Lützerath, von 2000 bis 2015 in Erkelenz-Borschemich. Hier musste er dem Tagebau weichen.

„Ich verlange eine akzeptable Entschädigung“, sagte Heukamp am Freitag. Er betreibt Ackerbau, braucht guten Boden, den RWE ihm nicht bieten könne. Altland solle es sein, rekultivierte Böden bieten nicht den gleichen Ertrag - auch nach zehn Jahren nicht, in denen RWE die Böden bewirtschaftet. Und auf Land in der Nähe des Tagebaus fehle es an Wasser, weil das Grundwasser wegen des Tagebaus abgesenkt werde.

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Der letzte Altbewohner von Lützerath

Heukamp ist der letzte Altbewohner von Lützerath. Er hat zuletzt aber neue Nachbarn bekommen. Etwa 20 Aktivisten leben hier dauerhaft und wollen die Braunkohleverstromung stoppen. Der hohe CO2-Ausstoß dabei schädigt das Klima massiv. Lützerath ist für sie ein Symbol wie es auch der Hambacher Forst ist. „Lützerath lebt“, sagt eine von ihnen und „Lützerath bleibt“. Heukamp, der sich weigert an RWE zu verkaufen, kommt in eine Heldenrolle. Es gibt sogar einen Protestsong über ihn. Darin wird auch thematisiert, was ihm droht: Zwangsräumung durch Polizei und Gerichtsvollzieher.

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Seit Mitte Dezember gibt es einen Grundabtretungsbeschluss der in Bergbau-Angelegenheiten zuständigen Bezirksregierung Arnsberg. Gegen die Zwangsenteignung wehrt sich Heukamp vor dem Verwaltungsgericht Aachen. Die Enteignung sei rechtswidrig, argumentiert sein Anwalt Michael Terwiesche. Das Land Heukamps sei etwa nicht unverzichtbar für RWE. Kohleausstieg bis 2038, Verkleinerung von Garzweiler II und neue Leitentscheidung der NRW-Regierung hätten die Sachlage verändert. Noch höhere Hürden gebe es für die von RWE beantragte vorzeitige Besitzeinweisung und sofortige Vollziehung, gegen die man sich ebenfalls vor Gericht wehren werde, würden sie denn beschlossen.

Terwiesche hat ein Gutachten, nach dem die von RWE für nötig gehaltenen 600 Millionen Tonnen Braunkohle gefördert werden könnten, ohne Hof und Häuser von Heukamp anzutasten. Auch Kuckum, Keyenberg, Berverath sowie Ober- und Unterwestrich könnten erhalten bleiben. Sicherheitsstreifen würden aber eingeschränkt.

Lützerath würde dann zur Halbinsel. Das sei akzeptabel, so Heukamp. Er könnte bleiben, lebt aber an drei Abrisskanten.

Protestcamp muss geräumt werden

Das Protestcamp am Hambacher Forst muss geräumt werden. Eine entsprechende Räumungsverfügung des Kreises Düren vom November 2018 sei rechtmäßig, entschied das Verwaltungsgericht Aachen am Freitag. Demnach muss der Eigentümer der Wiese sämtliche bauliche Anlagen entfernen und darf keine neuen Bauten errichten lassen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (AZ: 5 K 3922/18)

Der juristische Streit zwischen dem Eigentümer und dem Kreis Düren schwelt schon seit Jahren und hat schon mehrere Instanzen bis hin zum Bundesverfassungsgericht beschäftigt. Auch mit dem Urteil im aktuellen Verfahren bestätigt das Verwaltungsgericht die Position des Kreises, der sich auf das gesetzlich verankerte Verbot von Bauten im Außenbereich stützt.

Der Kläger könne sich zur Umgehung dieses Verbots nicht auf das Grundrecht der Versammlungsfreiheit berufen, da dieses nur friedliche Versammlungen ohne Waffen schütze. Davon könne aber angesichts zahlreicher Straftaten und gewalttätiger Aktionen im Hambacher Forst keine Rede sein, befand die Kammer.

Gegen das Urteil ist Berufung beim Oberverwaltungsgericht möglich. Bis zur Rechtskraft darf das Camp voraussichtlich stehenbleiben. (dpa)

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