„Das coolste Projekt in Deutschland“Kölner Wirtschaftsförderung stellt sich neu auf

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Mitarbeiter finden, Strukturen etablieren: Manfred Janssen baut die Wirtschaftsförderung neu auf.

Mitarbeiter finden, Strukturen etablieren: Manfred Janssen baut die Wirtschaftsförderung neu auf.

Köln – Im neuen Büro hängt ein „Herzlich Willkommen“, aus seinem alten Job im Münsterland wurde er mit Kölsch verabschiedet – freundliche Startvoraussetzungen für Dr. Manfred Janssen (47), den Geschäftsführer der Köln Business Wirtschaftsförderungs-GmbH (KBW).

Seit 1. April ist er in Köln, viel Zeit zum Einarbeiten hat er nicht. Ein Berg von Aufgaben steht vor ihm. Mit der Rundschau sprach er über seine Pläne, die besonderen Herausforderungen in Köln und darüber, was ihn aus Rheine an den Rhein gezogen hat.

Aufbau von ganz neuen Strukturen

„Das ist im Bereich Wirtschaftsförderung das coolste Projekt, das es in Deutschland gibt“, sagt Manfred Janssen. „Dass eine Millionenstadt, die auch international Schlagkraft hat, ihre Wirtschaftsförderung neu aufstellt, gibt es alle zwanzig Jahre mal.“ Neue Strukturen, neu denken, was macht Sinn, was geht anders besser – noch ist die KBW ein unbeschriebenes Blatt, das gefüllt werden will.

Allerdings hat es lange gedauert, bis es überhaupt so weit war. Schon Ende 2017 hatten CDU, Grüne und FDP im Rat beschlossen, die Wirtschaftsförderung in eine privatwirtschaftliche Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) umzuwandeln. Der allerletzte Ratsbeschluss wurde im Dezember 2018 gefasst, wieder mit der Mehrheit von CDU, Grünen und FDP. Offiziell gegründet wurde die GmbH im Februar 2019, sie gehört der Stadt, wird mit 13,475 Millionen Euro ausgestattet.

Zur Person

Dr. Manfred Janssen (48, parteilos) ist seit April hauptamtlicher Geschäftsführer der KölnBusiness Wirtschaftsförderungs-GmbH. Davor war er knapp elf Jahre lang Chef der Wirtschaftsförderungs-GmbH in Rheine (Münsterland). Er hat außerdem für Außenwirtschafts- sowie eine Stategieberatung gearbeitet und als Geschäftsführer einer interkommunalen Entwicklungsgesellschaft im Ruhrgebiet Zechenbrachen reaktiviert und vermarktet. Dr. Manfred Janssen ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Manfred Janssen hat gerade viele Déjà-vu-Erlebnisse: In Rheine war die Situation ganz ähnlich, als er dort 2008 als Chef der Wirtschaftsförderung anfing – wenn auch in einer anderen Größenordnung als in der Millionenstadt Köln. Eine GmbH ist für ihn eine Ideallösung in der Wirtschaftsförderung: „Die Freiheitsgrade sind größer außerhalb der Verwaltung, die Entscheidungsfindung kann schneller funktionieren“, sagt Manfred Janssen.

Voraussetzungen: Die Rahmenbedingungen sind gesetzt, die Politik unterstützt und begleitet. Innerhalb der Verwaltung gibt es eine „Stabsstelle Wirtschaftsförderung“, die zentraler Ansprechpartner für die GmbH ist: „Ohne die Kollegen in der Verwaltung ist die Wirtschaftsförderung ein zahnloser Tiger.“

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Im Idealfall bereiten die Förderer die Wirtschaftsangelegenheiten in enger Abstimmung mit der Verwaltung bis nah an die Genehmigungsreife vor und sind für die Unternehmen der Kümmerer und das „Gesicht nach außen“, erklärt Manfred Janssen.

Förderer-Kollegen dringend gesucht

Rund 70 Stellen gibt es bei der KBW. Nach der Gründung waren plötzlich 45 Stellen unbesetzt, weil ein Großteil der Beamten nicht mitkommen wollte in die neue Gesellschaft. Besonders betroffen ist der Unternehmensservice, der zum Kerngeschäft der Wirtschaftsförderung zählt. „Da haben wir noch eine sehr große Baustelle“, gibt Manfred Janssen zu.

Derzeit werden erste neue Mitarbeiter rekrutiert, die Initiativbewerbungen geschickt hatten. Das Gehalt dürfte sie nicht unbedingt dazu bewogen haben. Der Rat hat am 18. Dezember bestimmt, dass die Tarifstruktur aus dem früheren Amt für Wirtschaftsförderung auch in der neuen Gesellschaft gilt. Gute Fachkräfte sind derzeit generell schwer zu finden.

Improvisieren mit 20 Leuten

„Wir müssen uns auch am Markt behaupten“, erklärt der Geschäftsführer. „Aber wir haben ein öffentliches Start-up und können mit Aufbruchstimmung und großen Gestaltungsspielräumen punkten.“ In drei Wellen sollen neue Kollegen in die GmbH gespült werden. Im Anschluss an Gespräche mit Initiativbewerbern werden zeitnah Stellen für die Unternehmensbetreuung und ausgewählte weitere Bereiche ausgeschrieben, schließlich wird „gezielt nachgefasst“, sobald künftige Leitmärkte und Branchen festgelegt sind. Ende 2020 wird es wohl mindestens werden, bis die gewünschte Personalstärke erreicht ist.

„Es ist mein persönliches Ziel, dass es sehr gut wird. Aber im Moment ist die allergrößte Herausforderung, mit den wenigen Kollegen das Tagesgeschäft aufrecht zu halten“, sagt Manfred Janssen. „Wir können den Unternehmen ja nicht sagen, sie sollen warten, bis wir fertig sind.“ Das Tagesgeschäft läuft weiter, bisweilen wird improvisiert. Und dann steht ja im Herbst noch ein Umzug vom Stadthaus in die renovierten Räume am Börsenplatz an. Und die neuen Strukturen müssen auch noch etabliert werden.

Schwerpunkte für die Zukunft

Ein neuer strategischer Rahmen. Abteilungen, die es noch nicht gegeben hat. Schwerpunkte, die anders aussehen als in der Vergangenheit. „Wir müssen uns Gedanken machen, wer wir eigentlich sein wollen.“ Es sei „völlig unsinnig“ in alten Strukturen zu denken oder angesichts des immer schnelleren wirtschaftlichen Wandels jetzt Strukturen aufzubauen, „die für die Ewigkeit gedacht sind“. Stattdessen soll es projektorientierte, flexible Organisationsformen geben, mit der Kundenorientierung im Mittelpunkt. Internationales und Leitmärkte könnten verstärkt zu den neuen Schwerpunkten der KBW zählen, auch die Start-Up-Unit soll zum Beispiel ausgebaut werden.

Unternehmen schaffen Arbeitsplätze, zahlen Steuern, generieren Kaufkraft. „Wir brauchen einen ausgewogenen Mix an gewerblich genutzten Flächen, Büroflächen, Wohnflächen und Infrastruktur“, sagt Manfred Janssen. „Das Zusammenspiel muss funktionieren.“ Die spannende Frage lautet für ihn: „Wo will die Stadt Köln als Wirtschaftsstandort hin und welche Rolle hat dabei die Wirtschaftsförderung?“ Aktuell ist nicht nur Wohnraum knapp, auch für Unternehmen gibt es kaum noch freie Flächen. „Ich glaube, da können wir mehr machen als in der Vergangenheit.“

Allerdings hat die Stadt eine Hürde aufgebaut: Die Wirtschaftsförderung ist im Dezernat Stadtentwicklung, Planen und Bauen von Markus Greitemann angedockt. Die Liegenschaften hingegen sind im Wirtschaftsdezernat, das vertretungsweise von Verkehrsdezernentin Andrea Blome geleitet wird. „Ich hätte aus Sicht der Wirtschaftsförderung gerne Zugriff auf konkrete Gewerbeflächen“, sagt Manfred Janssen. Andererseits will er als Alternative auch den Blick auf Bestandsimmobilien richten. Angesichts der knappen Flächen müsse nicht jedes Unternehmen, das investieren möchte, gleich neu bauen – möglicherweise findet sich auch ein passende Bestandsimmobilie Gebäude.

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