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„Das Hospiz war ein Ort der Freude“Christoph Maria Herbst liest Texte von Sterbenden

Lesezeit 5 Minuten
Christoph Maria Herbst sieht sich als Türöffner für sperrige Themen wie Tod und Sterben.

Christoph Maria Herbst sieht sich als Türöffner für sperrige Themen wie Tod und Sterben.

Christoph Maria Herbst ist seit sechs Jahren Botschafter für ein Hospiz in Olpe. Jennifer Wagner hat mit ihm über sein Engagement,seine Filme und über  den Tod   gesprochen. 

Herr Herbst, was verbinden Sie mit einem Hospiz?

Mit einem Hospiz verband ich erst einmal einen Ort der Trauer, des Schreckens und des Sterbens. Ein Ort, um den man einen Bogen macht. Aber als ich die Schwellenangst überwunden habe und mir vor einigen Jahren das Hospiz in Olpe angeschaut habe, wurde ich eines Besseren belehrt. Das Hospiz dort war ein Ort des Lichts und der Freude. Natürlich wird dort gestorben, aber dort steht der Tod eben nicht im Mittelpunkt. Genau das ist auch das Thema des Konzertes „Letzte Lieder“ am Sonntag in der Agneskirche: Wir zelebrieren dort keine Todesfeier, sondern wir feiern das Leben. Dabei ist es leider so, dass das Thema Hospiz, Tod und Sterben eines der letzten Tabus in der Gesellschaft ist – so empfinde ich das zumindest.

Wie kam es dazu, dass Sie sich so für dieses Thema engagieren? Seit 2011 sind Sie Pate des Hospizes in Olpe und unterstützen eben auch das Projekt „Letzte Lieder“, bei dem Autor Stefan Weiller Musik und Erinnerungen von Menschen sammelt, die an ihrem Lebensende stehen.

Der Ausschlag für das Engagement im Hospiz war, dass mich ein Kollege ansprach, als ich damals Stromberg drehte. Er fragte, ob ich nicht Lust hätte, mir das Hospiz in Olpe anzusehen. Letztendlich war meine Neugier dann größer als meine Skepsis. Und jetzt bin ich seit sechs Jahren Botschafter und Pate. Stefan Weiller hingegen, der Künstler und Arrangeur von „Letzte Lieder“, kam einfach so auf mich zu. Wenn es Zufälle gibt, dann war das einer. Er hatte überlegt, die Texte der Sterbenden oder zu dem Zeitpunkt dann schon Verstorbenen von Schauspielerinnen und Schauspielern vorlesen zu lassen, die eben nicht nur mit den Genres Tragödie oder Drama verbunden sind. Wir stehen erst einmal von Haus aus für etwas anderes – und dieses Konzept funktioniert seit vielen Jahren und es war eine gute Idee. Die Kolleginnen und Kollegen und ich sind für das sperrige Thema ein Türöffner. Und für Köln ist es uns gelungen, Anette Frier an den Start zu bringen.

Gibt es eine Erinnerung von Ihren Besuchen im Hospiz oder von einer Ihrer Veranstaltungen, die Ihnen noch besonders deutlich vor Augen ist?

Einen bestimmten Schlüsselmoment habe ich nicht, aber es fasst mich und berührt mich immer zutiefst, wenn ich dort mit Kindern und Jugendlichen zu tun habe, die an einer lebensverkürzenden Krankheit leiden und man nicht weiß, ob sie diesen einen Tag noch überleben. Gleichzeitig ist es faszinierend, mit welcher unfassbaren Hingabe sich ehrenamtliche Helfer mit diesen kleinen Menschen auseinandersetzen, sie betreuen und mit ihnen auf Augenhöhe ihre Lebensreste leben. Für die Familien ist es im Hospiz eine große Entspannung, weil sie während des Aufenthalts, der auch wochenweise stattfinden kann, auch selbst einmal durchatmen können. Ein solches Kind zu betreuen, ist eine Lebensaufgabe.

Müssen die meisten von uns denn anders mit dem Tod umgehen?

Wir müssen uns erst einmal fragen, wie wir überhaupt mit dem Tod umgehen. Bei uns persönlich ist es doch meist so, dass man bei Familie, Freunden und Bekannten das Thema umschifft und lieber über etwas anderes spricht. Dabei ist es doch so, wie es in der großen Literatur immer heißt, dass der Tod der große Gleichmacher ist. Am Ende haben wir alle damit zu tun und es kann nur förderlich sein, sich des Sterbens und des Tods bewusst zu sein.

Sie sind vor allem als Komiker bekannt. Warum thematisieren Sie nicht auch ernstere Themen im Film?

Das würde ich gerne, aber ich besetze mich ja nicht selbst. Ich stehe durch das, was ich bisher gemacht habe, für ein bestimmtes Genre. Seit ich Stromberg nicht mehr spiele, kommen aber durchaus auch andere Anfragen – ich habe ja auch zum Beispiel schon in Krimis mitgespielt, aber das bekommt die breitere Öffentlichkeit nichts so mit, weil ich in einer bestimmteren Schubladen bin. Darüber lamentiere ich nicht. Als freischaffender Schauspieler kann man froh sein, dass man seine Nische gefunden hat. Ich bin aber zuversichtlich, dass ich mich in Zukunft auch anderen Genres widmen kann.

„Letzte Lieder“ präsentiert Christoph Maria Herbst am Sonntag, 29. Oktober, 19.30 Uhr, in St. Agnes, Neusser Platz 18. Dabei rezitieren er und Schauspielerin Anette Frier Texte von Menschen, die an ihrem Lebensende stehen. Musik gibt es unter anderem vom Chor „Kölner Kurrende“ und „Die Räuber“. Der Eintritt ist frei, Spenden werden zugunsten des Kölner Hospiz St. Vinzenz erbeten.

Zur Person

Christoph Maria Herbst, geboren 1966 in Wuppertal, wurde vor allem durch die Serie „Stromberg“ bekannt, in der er den exzentrischen Chef Bernd Stromberg spielte. Für die Rolle bekam er mehrere Preise, unter anderem dreimal den Deutschen Comedypreis. Im Kino war er in Filmen wir „Wo ist Fred?“, „Der Wixxer“ oder „Wicki auf großer Fahrt“ zu sehen. Herbst arbeitet auch als Synchronsprecher oder spricht erfolgreich Hörbücher wie „Er ist wieder da“ von Timur Vermes. Aktuell dreht Herbst unter der Regie von Sönke Wortmann die Adaption des französischen Films „Der Vorname“ in Köln – unter anderem mit Florian David Fitz und Caroline Peters. Der Film kommt 2018 in die Kinos.

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