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„Kein Beruf, sondern Passion“Cirque Bouffon gibt die Hoffnung in Köln nicht auf

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Manege frei für Frédéric Zipperlin: Der Zirkusdirektor des Cirque Bouffon sitzt in einem kleinen hölzernen Wohnwagen in der Mitte des Zeltes, welches vor dem Schokoladenmuseum aufgebaut wurde.

Köln – Seit einer Woche steht das Zelt des Cirque Bouffon vor dem Schokoladenmuseum. Die Proben für die neue Show „Bohemia“ haben begonnen. Doch es ist ungewiss, ob der Zirkus spielen darf. Kaja Hempel sprach mit Zirkusdirektor Frédéric Zipperlin.

Es ist noch nicht klar, ob Sie spielen können. Warum haben Sie das Zelt dennoch aufgebaut?

Zipperlin: Weil wir Langeweile haben (lacht). Wir spielen ungefähr seit 16 Monaten nicht mehr und wir haben das vermisst. Das Zelt haben wir aufgebaut, damit wir proben können. Wir machen alle zwei Jahre ein neues Stück. Normalerweise fangen wir im Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen an. Dort bauen wir das Zelt auf und im Theater haben wir ein großes Probestudio. Jetzt ist aber das Verbot in Gelsenkirchen. Daher haben wir mit dem Schokoladenmuseum gesprochen und wir konnten das Zelt früher hier in Köln aufbauen. Der Platz ist ein Privatplatz und wir haben eine sehr gute Zusammenarbeit mit dem Schokoladenmuseum. In deren Hochzeitsraum können wir die ganze Theaterarbeit machen. Alles Artistische – am Trapez, das Jonglieren – machen wir im Zelt. Für uns ist es gut, dass wir parallel arbeiten können.

Eine Premiere ohne Publikum, wie würde die aussehen?

Wir wollen eine digitale Premiere machen, also einen Livestream. Unsere Premiere war geplant für den 5. Mai, an dem Datum soll sie auch digital stattfinden. Die Tickets werden online verkauft. Das große Problem der Politik ist, dass immer gesagt wird: Wir gucken nächste Woche weiter. Aber, wenn es wieder möglich ist, können wir nicht einfach wieder anfangen. Das ist ein Riesen-Apparat. Das Zelt aufzubauen dauert allein zwei Tage mit der Tribüne und dem Set. Dann brauchen wir noch einmal drei Tage für Licht und Ton. Danach müssen wir die Show proben. Daher war unsere Idee. Die Show wird in drei Wochen fertig, die Premiere findet digital statt und dann sind wir sozusagen im Standby.

Sie haben einen Spendenaufruf für ein neues Zelt gestartet. Können Sie das kurz erklären?

„Rettet den Cirque Bouffon“ heißt der Aufruf. Wir wissen nicht, wann wir wieder spielen können und auch nicht wie. Die Idee ist, dass das neue Zelt eine Tribüne für 800 Personen hat. In unser aktuelles Zelt passen 400 Personen. Während Corona könnten wir dann mit 400 Zuschauern in das große Zelt und dadurch gut Abstand halten. Normalerweise ist unser Thema: Nah dran sein – Intimität. Das macht den Charme vom Cirque Bouffon aus, aber mit Corona ist das sehr schwierig (lacht).

Bis heute Morgen wurden schon 21.130 Euro gespendet. Wie fühlt sich das an?

Das ist toll, ich kann mich nur bei allen bedanken. Klar, das Ziel ist sehr hoch angesetzt, aber wir sind transparent und sagen, warum wir das Geld brauchen. 21.000 Euro in drei Wochen, das ist der Wahnsinn.

Bekommen Sie finanzielle Hilfen?

Bis jetzt nicht. Wir haben angefragt, aber es ist sehr kompliziert, viel Bürokratie. Theater bekommen häufig Unterstützung von der Stadt, aber Zirkus bleibt ein bisschen auf der Strecke. Wir kennen das schon lange, aber machen weiter auf unsere Art. Hier vor dem Schokoladenmuseum ist es ein bisschen, wie eine kleine Oase, wie eine kleine Insel. Wir sind hier machen unsere Proben und stören keinen. Mit unseren Künstlern haben wir ein Hygienekonzept mit Tests zwei Mal in der Woche, mit Masken und Hände waschen.

Neben dem finanziellen Aspekt, wie ist es für Sie nicht auftreten zu können?

Es ist schrecklich. Für einen Künstler ist es das schlimmste, was passieren kann. Für uns ist das kein Beruf, sondern eine Leidenschaft, eine Passion. Ich mache das schon ungefähr 45 Jahre. Das ist mein Leben und der Zirkus ist mein Kind. Für meine Frau Anja Krips und mich ist das Verbot schrecklich. Wir wissen, Corona ist schlimm und wir respektieren die Maßnahmen, aber zu sehen wie viel schief läuft mit den Impfungen, das tut uns weh. Der Kreativprozess, ist für mich immer das Schönste. Wenn die Show läuft, dann läuft sie. Normalerweise haben wir drei Wochen Probe und dann sind 50 Prozent der Show fertig. Der Rest kommt in den nächsten zwei Wochen: Das Publikum gibt uns einen Rhythmus vor – es lacht, weint, applaudiert – und wenn wir das nicht haben, ist das schade.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Publikum im Zelt (lacht). Das wünsche ich allen Künstlern vom Zirkus, Theater, Tanz. Der finanzielle Aspekt ist auch wichtig, wir kämpfen sehr und es wäre schön nach 16 Monaten mal wieder aufatmen zu können. Das ist auch ein Wunsch, aber am Ende ist es das Publikum. Dass die Zuschauer wieder ins Zelt kommen können und wir machen die Leute glücklich, dann sind wir auch glücklich.

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