„Das ist wie Börschel in Grün“Kirsten Jahn wird Geschäftsführerin der Metropolregion

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Kirsten Jahn

Kirsten Jahn

Köln – Es war eine große Überraschung, die den Landräten, Oberbürgermeistern, Kreistagsmitgliedern und IHK-Vertretern im Vorstand des „Metropolregion Rheinland e. V.“ am Montagnachmittag per Mail ins Haus flatterte. In dem Schreiben schlug der geschäftsführende Vorstand des Vereins die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kölner Stadtrat, Kirsten Jahn (42), als neue hauptamtliche Geschäftsführerin vor. Ein gut dotierter Vollzeit-Job (die Rede ist von rund 150 000 Euro pro Jahr), in dem die Ratsfrau dafür sorgen soll, die Region besser zu vernetzen und national und international bekannter zu machen.

Zuvor hatte es im geschäftsführenden Vorstand bei einer Abstimmung zwischen Jahn und einer weiteren Kandidatin ein Stimmen-Patt von 3:3 gegeben. Es wurde dadurch aufgelöst, dass die Stimme von Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos), die im März den Vorsitz von Düsseldorfs OB Thomas Geisel (SPD) übernehmen soll, stärker gewichtet wurde.

Verein Metropolregion Rheinland

11 kreisfreie Städte (Aachen, Bonn, Duisburg, Düsseldorf, Köln, Krefeld, Leverkusen, Mönchengladbach, Remscheid, Solingen und Wuppertal) sowie zwölf Kreise, die Städteregion Aachen, die Industrie- und Handelskammern der Region und der Landschaftsverband Rheinland (LVR) haben sich in der Metropolregion Rheinland zusammengeschlossen.

Alles zum Thema Henriette Reker

Ziel des im Februar 2017 gegründeten Vereins, der sich aus Beiträgen seiner Mitglieder finanziert und ein jährliches Budget von rund einer Million Euro hat, ist, die Region bekannter zu machen und im Wettbewerb zu stärken. Zentrale Themen sind Wirtschaft, Verkehr, Kultur und Tourismus.

Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker will Ende März den Vorstandsvorsitz vom Düsseldorfer OB Thomas Geisel übernehmen. Im Dezember hatte sie noch erklärt, sie stehe aus Zeitgründen nicht für diese Position zur Verfügung.

Für Kritik hatte gesorgt, dass der Verein bisher kaum in Erscheinung trat und wenig konkrete Projekte vorweisen konnte. Geschäftsführer Dr. Ernst Grigat hatte 2018 erklärt, er wolle sich neuen Herausforderungen außerhalb des Rheinlands stellen. „Der Aufbau der Geschäftsstelle ist abgeschlossen, und erste Projekte sind erfolgreich initiiert worden.“ (fu)

Schon am nächsten Tag sollte der Vorstand die Personalie beschließen – auf der turnusmäßigen Sitzung in der Geschäftsstelle im 18. Stock des Köln-Triangle in Deutz. Hier stellte sich Jahn am Dienstag als einzige Kandidatin vor. Doch ihre Bestellung ging nicht so glatt über die Bühne wie gedacht. Einige Vorstandsmitglieder fühlten sich überrumpelt, meldeten Beratungsbedarf an. Es hatte keine öffentliche Ausschreibung für die Stelle gegeben. Auch eine Personalberatung war nicht eingebunden.

Die Sitzung wurde unterbrochen, in kleinen Gruppen wurde weiterdiskutiert. Am Ende beschloss man einen Kompromiss. Eine neue Doppelspitze wird installiert. Jahn wird Sprecherin der Geschäftsführung, dazu kommt als weitere Geschäftsführerin Ulla Thönnissen (55). Die Fraktionsvorsitzende der CDU im Städteregionstag Aachen und frühere CDU-Landtagsabgeordnete sitzt bereits im Vorstand der Metropolregion. Thönnissen soll eine halbe Stelle erhalten. Die neue Doppelspitze werde den Etat des Vereins nicht zusätzlich belasten, weil eine der sechs Angestellten Ende Januar ausscheidet, hieß es.

Jahn ist Diplom-Geographin und Mutter von drei Kindern. Sie hat im Tourismusbereich und für eine grüne Landtagsabgeordnete gearbeitet, seit 2009 sitzt sie im Stadtrat. Die Grünen-Politikerin tritt die Nachfolge von Dr. Ernst Grigat (57) an. Der ehemalige Leiter des Leverkusener Chemieparks hatte die Geschäftsführung der Metropolregion Rheinland im November 2017 übernommen und bereits im Oktober 2018 seinen Abschied verkündet. Sein Vertrag läuft noch bis Ende April.

„Als beste Kandidatin qualifiziert“

Reker wies Berichte zurück, sie habe Kirsten Jahn für das Amt vorgeschlagen. Es habe „Initiativbewerbungen, unter anderem von Jahn“, gegeben. In einem Bewerbungsgespräch habe sich Jahn „als beste Kandidatin qualifiziert“. Dem Vernehmen nach soll sie vom Hauptgeschäftsführer der IHK Köln, Ulf Reichardt vorgeschlagen worden sein.

In der Stadtwerke-Affäre war Jahn voriges Jahr glimpflich davon gekommen. Obwohl sie die Pläne für die geplante Berufung von Martin Börschel (SPD) an die Konzernspitze frühzeitig kannte und mitgetragen hatte, behielt sie sowohl den Fraktionsvorsitz als auch ihren Sitz im Aufsichtsrat der Stadtwerke. Damals sagte sie: „Wir Grünen haben einmal unseren Kompass verloren. Das wird nicht wieder passieren.“ Die Empörung bei den Grünen konzentrierte sich seinerzeit auf Jörg Frank, der per Parteitagsvotum gezwungen wurde, sein Amt als Fraktionsgeschäftsführer der Grünen niederzulegen.

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Der Parteichef der Kölner Grünen, Frank Jablonski, bezeichnete Jahns Schritt als „legitim“, sofern das Verfahren transparent und sauber abgelaufen sei. Sie sei für diese Position qualifiziert, wisse, „wie die Kommunalpolitik tickt“. Dass sie als Geschäftsführerin der Metropolregion Vorsitzende der grünen Ratsfraktion bleibe, kommt für Jablonski nicht in Frage. „Das ist ein Vollzeit-Job, der sich zeitlich nicht mit dem Fraktionsvorsitz vereinbaren lässt.“

In Kreisen der Grünen wurde Kritik an dem Verfahren laut. Die Metropolregion finanziere sich zum Großteil aus öffentlichen Geldern, da sei ein transparentes Bewerbungsverfahren mit Personalberatung und Ausschreibung Pflicht. Dass Jahn jetzt mit Unterstützung von OB Reker in einer Hauruck-Aktion auf diese Stelle gehievt werde, sei nach der Stadtwerke-Affäre „überhaupt nicht vermittelbar“ und schade der Glaubwürdigkeit der Grünen, hieß es. „Das ist Börschel in Grün.“

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