„Desinformation und Verschleierung“Großmarkt-Händler beklagen Willkür der Verwaltung

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Geschäft mit ungewisser Zukunft: Wie es am Großmarkt für die Händler weiter geht ist weiterhin völlig offen.

Geschäft mit ungewisser Zukunft: Wie es am Großmarkt für die Händler weiter geht ist weiterhin völlig offen.

  • Die Kölner Verwaltung soll ihre Mietverträge für Großhändler willkürlich behandeln.
  • Die Händler beklagen Unsicherheit und Wortbruch.
  • Ein Einschreiten von Oberbürgermeisterin Reker zeigte nicht die erhoffte Wirkung.

Köln – Die Chefin hat auf den Tisch gehauen. Die Lage ist beruhigt. So schien es zumindest, als Oberbürgermeisterin Henriette Reker im vergangenen September in Sachen Großmarkt ein Machtwort gesprochen hatte. Damals waren die Händler auf die Barrikade gegangen. Viele Verträge sollten 2020 für den aktuellen Standort Raderthal auslaufen, obwohl es mit einem geplanten Neubau eines Großmarktes in Marsdorf vor 2023 auf keinen Fall etwas wird.

Mit ihrem Anliegen, die Verträge deshalb mindestens bis 2023 zu verlängern, fanden sie damals kein Gehör bei der Stadt. Bis eben Reker auf den Tisch haute. Doch der Schlag verhallte wohl sehr schnell. Jedenfalls sind die Händler erneut auf den Barrikaden. Sie beklagen Beamtenwillkür. Nicht nachvollziehbar würden manche Verträge verlängert, andere nicht.

Gutachten unter Verschluss

Geht es um den Großmarkt in Köln, ist eigentlich nur klar, dass nichts klar ist. An seinem historischen Standort in Raderthal muss er dem neuen Quartier „Parkstadt Süd“ weichen. Dafür soll er nach Marsdorf verlegt werden. Dagegen laufen Anwohner Sturm.

Alles zum Thema Henriette Reker

Weil nicht wenige davon Stammwähler der CDU sind, packt die Union und damit das Ratsbündnis das Thema nicht mehr mit der Kneifzange an. Ein Gutachten darüber, wie sich ein städtisch geförderter Großmarkt mit der EU-Gesetzgebung verträgt, liegt der Stadt vor, wird aber unter Verschluss gehalten. So purzeln Fristen wie Fallobst. Ob es jemals zur Verlagerung kommt, ist ungewiss.

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Immerhin hatten die Markthändler aber für sich erwirkt, dass die Mietverträge für Flächen und Gebäude im südlichen Kernbereich des Großmarktes bis 2023 verlängert werden. Ein Stück Sicherheit bei aller Unsicherheit. Doch wenn das stimmt, was Michael Rieke, Sprecher der Interessengemeinschaft Kölner Großhandel, berichtet, dann handelt der eine oder andere Amtsleiter der Stadt Köln wohl nach dem Motto: Mir doch egal, wer unter mir Oberbürgermeisterin ist.

Absolute Willkür bei Vertragsverlängerungen

„Miet- und Pachtverträge werden nach einem nicht nachvollziehbaren System durch das Amt für Liegenschaften willkürlich verlängert oder eben nicht.“ Das treibe teilweise bunte Blüten. Rieke nennt Beispiele: „Für eine Shisha-Bar, die nichts mit dem Kerngeschäft des Großmarktes zu tun hat, wird der Vertrag verlängert. Ein benachbartes Feinschmeckerlokal bekommt die Kündigung.“

Das Instrument für die Umgehung des OB-Machtwortes: „Es gibt bis heute keine verlässliche Definition, was unter dem südlichen Kerngebiet zu fassen ist“, sagt der IG-Sprecher. Doch für diesen Bereich hatte Reker ja die Vertragsverlängerungen zugesichert. Rieke fasst das Amtshandel aus seiner Sicht zusammen: „Desinformation, Vertuschung, Verschleierung, Täuschung.“

Verweis auf Oberbürgermeisterin

An der Verwaltungsspitze scheint das vorbeizugehen. Von der Rundschau mit den Vorwürfen der IG konfrontiert, antwortet eine Sprecherin: „Die Oberbürgermeisterin hat Planungssicherheit hergestellt. Die vorhandenen Verträge von Großmarkthändlern, deren originärer Betriebszweck den Handel mit Fleisch, Fisch, Obst und Gemüse darstellt, können laut Beschluss des Kölner Rates bis zum 31.12. 2023 verlängert werden.“

Zustände, bei denen die SPD die Hände über dem Kopf zusammenschlägt: „Die Verwaltung muss beim Thema Großmarkt auf die Tube drücken und bestehende Beschlüsse endlich umsetzen. Viel zu lange schon erleben wir eine Hängepartie“, sagt Fraktionsvorsitzender Christian Joisten.

„Die Grundstimmung der Händler kann ich gut verstehen. Ich habe den Eindruck, Stadt und Ratsbündnis wollen den Großmarkt in Raderthal austrocknen“, sagt Ralph Sterck FDP-Fraktionsvorsitzender.

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