„Habe den Druck gespürt“Interview mit Volker Weiniger

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Weiniger

Volker Weiniger im Interview mit der KR.

  • Volker Weiniger wurde für seine Rede im Gürzenich gefeiert.
  • Im Interview spricht er über seinen Bierkonsum, Nachwuchs-Redner und Herausforderungen auf der Bühne.

Volker Weininger wurde für seine Rede im Gürzenich gefeiert. Im Gespräch mit Thorsten Moeck spricht er über Nervosität und Harndrang.

Mussten Sie sich vor Ihrem Auftritt bei der Proklamation viel Mut antrinken? Der Respekt war groß, das ist er aber bei jedem Auftritt, deshalb trinke ich vorher immer. Nein, im Ernst: Die Proklamation ist etwas Besonderes, denn in der Vergangenheit war es dort für die Redner nicht immer leicht. Deshalb habe ich mir gut überlegt, ob ich mich darauf einlasse. Als die Entscheidung stand, habe ich mich aber auch mit Feuereifer da rangesetzt und hatte den Anspruch, extra für diesen Anlass eine Rede zu schreiben.

Wann wussten Sie: Jetzt läuft’s? Den Druck habe ich schon gespürt, auch wenn ich kein pathologisches Lampenfieber habe. Als ich nach den ersten zwei, drei Minuten gemerkt habe, dass es rollt, habe ich den Auftritt sehr genossen. Am Ende war die Erleichterung groß.

Sie haben aber deutlich weniger getrunken als sonst bei ihrer Rede. Ja, und das, obwohl man mir mit Harald Hahn meinen Lieblingskellner vom Festkomitee zur Seite gestellt hatte! Aber ich passe die Trink-Geschwindigkeit dem Anlass an. Auf Herrensitzungen ist die Schlagzahl höher, da bin ich auf einem Level mit den Sitzungsbesuchern.

Sie lassen sich teilweise sechs oder sieben alkoholfreie Biere bei einer Rede servieren. Wie oft müssen Sie pro Abend auf Toilette gehen? Sehr oft. Ich nehme jede Toilette, die ich finde. Jeder kennt das: Wenn einmal der Bann gebrochen ist, geht es immer weiter.

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Gab es Glückwünsche von den Kollegen? Ja, darüber habe ich mich auch sehr gefreut. Sowohl im Vorfeld habe ich von fast allen Redner-Kollegen gute Wünsche mit auf den Weg bekommen. Hinterher haben sie mir geschrieben oder wir sind uns bei den Auftritten in den Sälen begegnet. Es gab viel Lob. Darüber habe ich mich sehr gefreut, das sind schöne Momente.

Warum treten Sie als etablierter Redner immer noch beim Vorstellabend auf? Das mache ich aus Loyalität zur Kajuja, wo ich damals als Redner angefangen habe. Dort fühle ich mich heimisch. Ob ich das in Zukunft noch machen werde, muss ich mal sehen.

Zur Person

Volker Weininger (48) hat in Bonn Deutsch und Englisch auf Lehramt studiert. Seit fünf Jahren widmet er sich hauptberuflich dem Kabarett. Seit 2012 ist er als „Sitzungspräsident“ im Karneval unterwegs.  Weininger ist verheiratet und hat einen Sohn.

Es gab nach dem Vorstellabend des Festkomitees starke Kritik an den Nachwuchs-Rednern. Können Sie das nachvollziehen? Ich habe keinen direkten Einblick in die Redner-Schule und möchte mir deshalb auch kein Urteil erlauben. Ich denke aber, dass sich irgendwas verändern muss. Aber ich weiß auch nicht, warum so wenige Redner nachkommen – im Gegensatz zu den Bands, die jedes Jahr aus dem Boden schießen. Eine Lösung weiß ich aber auch nicht.

Was war für Sie rückblickend die größte Herausforderung. Die Suche nach einer Figur, die über Jahre in der Bütt funktioniert oder die eigentliche Bühnenpräsenz? Ich hatte das Glück, dass ich 2012, als ich nach Köln kam, die Figur des Sitzungspräsidenten schon voll entwickelt hatte. Da ändern sich nur Nuancen. Ich wusste, was ich machen will und muss. Das Schwierige ist es, solch eine Figur zu etablieren und dafür zu sorgen, dass sie die nötige Akzeptanz bei der Mehrheit des Publikums gewinnt. Und man muss jedes Jahr die Sache ernst nehmen und zeitig an der Rede arbeiten.

Die Qualität der Redner ist in den Kölner Sälen unheimlich hoch. Hat sich die Akzeptanz der Redebeiträge in den vergangenen Jahren gebessert? Hin und wieder ist von einer Rednerkrise die Rede, das sehe ich aber nicht. Die Qualität ist richtig gut. Die Akzeptanz hat sich nicht großartig verändert. Bislang bin ich auf Akzeptanz gestoßen, aber es gibt immer zwei oder drei Säle, in denen die Leute hinterher nicht wissen, das ich dagewesen bin.

Die meist gebuchten Redner sind nach wie vor Martin Schopps, Bernd Stelter und Guido Cantz. Fehlt den Programm-Machern der Sitzungen der Mut, mal was anderes auszuprobieren? Es ist ein langer Weg dahin und braucht viel Überzeugungsarbeit, um die Literaten dazu zu bringen, einen für die großen Sitzungen zu buchen. Die sind durchaus Risikoscheu, was ich aber auch nachvollziehen kann. Deshalb muss man als Redner sehr dicke Bretter bohren und jedes Jahr wieder neu abliefern, bis man die knackt.

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