„Jahrhundertchance für Köln“Kann die Stadt das Großprojekt Historische Mitte stemmen?

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So soll Kölns historische Mitte in Zukunft aussehen.

So soll Kölns historische Mitte in Zukunft aussehen.

Köln – In 27 Tagen soll der Nebel sich lichten: Nach Rundschau-Informationen planen Stadt und Hohe Domkirche, am 22. März, einem Donnerstag, den Stadtrat und die Öffentlichkeit über ein Projekt zu informieren, das den Kölner Dom und sein Umfeld möglicherweise für Jahrzehnte prägen wird: die „Historische Mitte“. Eigentlich war mal der 5. März angedacht, doch jeder Handgriff muss jetzt sitzen, es braucht Zeit. Weder Stadt noch Domkirche wollen sich am Freitag äußern, verweisen auf die laufende Abstimmung.

Auf dem Roncalliplatz soll der Gebäudekomplex namens „Historische Mitte“ entstehen, der ein saniertes Römisch-Germanisches Museum (RGM), ein komplett neues Kurienhaus der Kirche sowie ein neues Kölnisches Stadtmuseum zusammenführt. Das Stadtmuseum ist aktuell noch im sanierungsbedürftigen Zeughaus untergebracht. Im Zuge der „Historischen Mitte“ zöge es an den Roncalliplatz in ein neues Gebäude und würde den RGM-Verwaltungsanbau ersetzen (siehe Grafik).

Wie die Rundschau am Freitag exklusiv berichtete, spricht sich die Verwaltung laut einer vorläufigen Beschlussvorlage für den Stadtrat für das Projekt aus. Demnach favorisiert sie die „Historische Mitte“ gegenüber einer separaten Sanierung des RGM und des Stadtmuseums. Beide Varianten kosten viele Millionen Euro, die „Mitte“ laut eines Gutachtens von 2015 bis zu 140 Millionen Euro. Doch die Zahl gilt als überholt, aktuell rechnet die Verwaltung neu. Wohl in der Ratssitzung am 3. Mai soll der Planungsbeschluss fallen, der finale Baubeschluss 2020 folgen – eine politische Mehrheit vorausgesetzt.

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Große Chance für Köln

Und die ist zumindest vorstellbar. CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz etwa sagt: „Wir begleiten das Vorhaben nach wie vor positiv, weil wir das städtebauliche und stadtgestalterische Potenzial sehen.“ Sein Grünen-Amtskollege Jörg Frank sagt: „Wir sehen es weiterhin als große Chance für die Kulturstadt Köln.“ Schwarz-Grün bildet das Minderheiten-Gestaltungsbündnis, braucht eine weitere Fraktion für die Mehrheit. Für die SPD, deren Ex-Oberbürgermeister Jürgen Roters das Projekt angestoßen hat, sagt Fraktionschef Martin Börschel: „Die ,Historische Mitte’ bedeutet eine Jahrhundertchance für Köln.“ Er bezweifelt aber, dass die Stadt es realisieren kann und fordert eine aktivere Rolle der Kirche.

Die entscheidende Frage ist vermutlich: Kann die Stadt Köln tatsächlich ein weiteres Großprojekt stemmen – trotz des Desasters bei der Bühnensanierung, trotz massiver Probleme beim Jüdischen Museum samt Archäologischer Zone („Miqua“)? Beide Projekte laufen aus dem Ruder, sowohl bei den Kosten als auch beim Baufortschritt. Dazu gesellt sich der Erweiterungsbau des Wallraf-Richartz-Museums, den die Stadt nicht hinbekommt. Probleme, wohin man schaut. Unter anderem deshalb hatte selbst Oberbürgermeisterin Henriette Reker vorigen Juli gesagt: „Meine persönliche Haltung ist: Erstmal macht man etwas fertig und dann macht man etwas Neues, auch wenn das vielleicht nicht ganz so schick ist.“

Sowohl FDP als auch die Linken sind skeptisch. Liberalen-Fraktionschef Ralph Sterck sagt: „Es sind zu viele Baustellen. Wir müssen erstmal wieder Vertrauen bei den Bürgern zurückgewinnen, bevor wir uns so ein Projekt ans Bein binden.“ Und Michael Weisenstein, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Linken, sagt: „Es ist die Frage, ob die Stadt sich so ein Großprojekt leisten kann, finanziell und personell. Hat sie genug Fachpersonal? Und wird das nicht eher bei Schulen gebraucht?“

Zumal die „Historische Mitte“ vor allem mit Blick auf die Häufung an Baustellen am Welterbe Dom Probleme bringt. In den nächsten Jahren könnten dort folgende – städtische und private – Großprojekte entstehen: „Historische Mitte“, Neubau Dom-Hotel, Quartiersentwicklung des früheren WDR-Areals, die Kulturmeile „Via Culturalis“ und die „Miqua“. Verträgt Kölns Stadtmitte diese Häufung? Es ist eine der vielen Fragen, die Kölns Politik beantworten muss.

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